
Welchen Sinn hat es noch, den Jahresetat einer Stadt zu beschließen, wenn das Jahr schon zur Hälfte verstrichen ist, fragt sich der Röttinger Stadtrat Josef Gessner und liefert die Antwort gleich mit: „Der Haushalt wird genauer, weil wir die Hälfte der Ausgaben schon wissen.“
Sinn der Sache ist das natürlich nicht. Vielmehr liege es an den begrenzten Kapazitäten der Verwaltungsgemeinschaft, erläuterte Bürgermeister Martin Umscheid in der jüngsten Stadtratssitzung. Bei vier Mitgliedsgemeinden sei jedes Jahr eine andere als letzte an der Reihe, ja nach Dringlich- und Bedürftigkeit.
300 000 Euro mehr Steuereinnahmen
Dass in Röttingen von Bedürftigkeit keine Rede sein kann, hatte Kämmerer Rainer Dollmann zuvor anhand seines Zahlenwerks dargelegt. Das 1700-Seelen-Städtchen sitzt auf einem Rücklagenkonto in Höhe von 4,4 Millionen Euro, darf im laufenden Jahr mit einem Anstieg des Steueraufkommens von knapp 300 000 Euro rechnen und hat ausreichend Spielraum, um kräftig in die Innenentwicklung des Stadtkerns zu investieren– und dabei ordentlich Fördermittel der Städtebauförderung abzuschöpfen.
Für die Stadträte gab es deshalb nichts zu mäkeln. Trotzdem ist es ungewöhnlich, dass das Gremium den Haushaltsentwurf ganz ohne Debatte billigte. Das liege wohl an der intensiven Vorberatung im Ausschuss, meint Bürgermeister Martin Umscheid.
Ausgaben höher als Einnahmen
Doch zu den Details: Mit einem Volumen von 5,8 Millionen Euro fällt der Verwaltungsaushalt, in dem der laufende Betrieb abgebildet ist, um 600 000 Euro höher aus als im Vorjahr. Das liegt vor allem an den gestiegenen Ausgaben für die Kreisumlage. Obwohl der Kreistag den Hebesatz der Umlage gesenkt hat, muss Röttingen dank gestiegener Steuereinnahmen in den Vorjahren deutlich tiefer zur Finanzierung des Landkreises in die Tasche greifen. Von 510 000 Euro auf 1,2 Millionen Euro steigt der Betrag.
Aus dem gleichen Grund verringern sich auch die staatlichen Schlüsselzuweisungen von 320 000 Euro im Vorjahr auf Null. Eine doppelte Retourkutsche also, die zu Folge hat, dass die laufenden Ausgaben nicht durch die Einnahmen gedeckt werden können. Rund 320 000 Euro müssen deshalb aus dem Vermögenshaushalt zugeführt werden. Was gemeinhin als Alarmsignal gilt, ist im vorliegenden Fall also eher ein Luxusproblem.
Gewerbesteuer als wichtigste Säule
Die übrigen Ausgaben blieben nahezu unverändert. Die Personalkosten steigen um 0,9 Prozent auf 1,7 Millionen Euro und machen mit 30 Prozent den größten Anteil aus, gefolgt vom Sachaufwand mit 1,6 Millionen Euro. Auch die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern bleiben unverändert.
Mit 1,6 Millionen Euro tragen die Gewerbesteuern weiterhin am meisten zur Finanzierung der laufenden Kosten bei. Stetig steigt seit Jahren der Anteil an der Einkommensteuer, auf nunmehr 953 000 Euro.
3,2 Millionen Euro in den Hochbau
Interessanter ist der Blick in den Vermögenshaushalt, der die Investitionen und Vermögenswerte der Stadt widerspiegelt. 3,2 Millionen Euro will Röttingen im laufenden Jahr in den Hochbau investierten. Dazu gehören vor allem Maßnahmen der Innenentwicklung, die auch von der Städtebauförderung hoch bezuschusst werden.
Der nahezu vollendete Wiederaufbau des Ostflügels der Burg Brattenstein schlägt im laufenden Jahr mit 1,6 Millionen Euro zu Buche. Für Sanierung und Umbau des sogenannten Schwarzmann-Hauses werden 884 000 Euro fällig. Und die Sanierung das Wohnhauses in der Taubergasse 1 wird die Stadt heuer voraussichtlich 456 000 Euro kosten. Außerdem sind 755 000 Euro für die Förderung privater Baumaßnahmen eingeplant.
2,8 Millionen Euro Zuschüsse
Zu all diesen Ausgaben steuert die Städtebauförderung einen Anteil zwischen 60 und 90 Prozent der förderfähigen Kosten bei. Einnahmen aus Zuschüssen in Höhe von 2,8 Millionen Euro hat der Kämmerer deshalb eingeplant.
Die geplanten Tiefbaumaßnahmen nehmen sich im Vergleich dazu mit 257 000 Euro bescheiden aus. Für den grenzüberschreitenden Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße vom Ortsteil Strüth nach Schäftersheim liegt der Röttinger Kostenanteil voraussichtlich bei 122 000 Euro. 50 000 Euro sind als Planungskosten für die im Jahr 2020 vorgesehene Sanierung der Tauberbrücke veranschlagt.
Der Griff in die Rücklagen
Um all dies zu finanzieren, sollen 1,6 Millionen Euro aus der Rücklage entnommen werden, die dadurch auf 2,8 Millionen Euro abschmilzt. Neue Kredite sind nicht erforderlich, zur Tilgung der laufenden Darlehen sind 141 400 Euro eingeplant. Der Schuldenstand sinkt damit voraussichtlich zum Jahresende auf 1,32 Millionen Euro, das entspricht einer Verschuldung pro Kopf der Bevölkerung von rund 770 Euro. Der Durchschnitt vergleichbarer Kommunen in Bayern liegt bei 607 Euro.
Kräftig Investiert wird in Röttingen voraussichtlich auch in den kommenden Jahren. Mit dem Umbau der Alten Schule steht ein weiteres Großprojekt bevor. Und dann geht es noch um das heruntergekommene landwirtschaftliche Anwesen in der Taubergasse 4, das die Stadt mit dem Ziel erworben hat, dort drei günstige, aber städtebauliche hochwertige Einfamilienhäuser bauen zu lassen und zu verkaufen.



