Symbolische erste Spatenstiche mit viel politischer Prominenz sind gerade in Wahlkampfzeiten wie diesen nichts Ungewöhnliches. Dass Ehrengäste zu nachtschlafender Zeit einen Baubeginn feiern, schon eher. Wie jetzt in Röttingen, wo offiziell der Wiederaufbau des Ostflügels von Burg Brattenstein eingeläutet wurde.
Der Termin nach Ende der letzten Vorstellung der Frankenfestspiele kurz vor 22 Uhr hatte Bürgermeister Martin Umscheid mit Bedacht gewählt. Sollte dadurch doch zum Ausdruck kommen, dass es keine Minute Zeit zu verlieren gibt.
Sportlicher Zeitplan
Wenn Ende Mai 2018 die Proben für die neue Spielzeit beginnen, soll der neue Ostflügel fertig sein. Angesichts einer Bausumme von 2,2 Millionen Euro eine geradezu sportliche Herausforderung.
Der Trümmerhaufen, der 46 Jahre lang nur provisorisch durch Stützen und eine offene Überdachung kaschiert war, erinnert an das dunkelste Kapitel der jüngeren Stadtgeschichte.
Vier Näherinnen gestorben
Im November 1971 war das Haupthaus der Burg zu mehr als der Hälfte eingestürzt und hatte 16 Näherinnen einer dort tätigen Kleiderfabrik unter sich begraben.
Vier von ihnen starben, zwölf wurden schwer verletzt. Einige der Überlebenden hat Bürgermeister Umscheid eingeladen, um den Wiederaufbau mitzufeiern.
Die Burg selbst wurde im 12. Jahrhundert erbaut und 1345 von den Herren von Hohenlohe an das Hochstift Würzburg verkauft. Wären die Hohenloher damals nicht in Geldnöten gewesen, Röttingen wäre wahrscheinlich heute ein Teil Baden-Württembergs.
1,37 Millionen Euro Zuschuss
Ob sich die Stadt dann auch über so hohe Zuschüsse für den Wiederaufbau freuen könnte, bleibt dahingestellt. Jedenfalls unterstützen die Städtebauförderung von Bund und Freistaat sowie die bayerische Landesstiftung den Wiederaufbau mit insgesamt 1,37 Millionen Euro – 62 Prozent der Gesamtkosten.
Der Burg werde durch den Wiederaufbau ihr Stolz zurückgegeben, meinte Jochen Lange, der als Regierungsvizepräsident die Förderbehörde vertrat. Eine gelungene Symbiose von Alt und Neu sei den Planern dabei gelungen.
Naturstein, Stahl und Sichtbeton
In der Tat erinnert das geplante Bauwerk kaum noch an den einstigen Palast. Nur bei den Materialien Naturstein, Eisen und Holz hielt sich das Schweinfurter Architekturbüro Schlicht Lamprecht an typische Materialien der Entstehungszeit.
An die Stelle der provisorischen Hangsicherung tritt eine mit Bruchstein verblendete Stützwand. Wie bisher bietet eine zum Burg offene Halle Platz für kleine Veranstaltungen und Zuschauerplätze während der Festspiele. Neu sind Stadtbalkon aus rostfarbenem Corten-Stahl, der einen Ausblick auf die Röttinger Altstadt bietet, und die Freitreppe aus Sichtbeton, durch die der Burghof einen weiteren Zugang und Notausgang erhält.
Attraktives Erscheinungsbild mit Mehrwert
So sei es gelungen, der Burg wieder ein attraktives, abgerundetes Erscheinungsbild zu geben und zugleich einen Mehrwert zu erzeugen, begründete Architekt Christoph Lamprecht seinen Entwurf. Trotz der dramatischen Vorgeschichte sei der Beginn des Wiederaufbaus ein guter Tag für Röttingen, meinte auch der Intendant der Frankenfestspiele, Knut Weber.
Jetzt muss nur noch der Zeitplan klappen, damit er nach Pfingsten 2018 mit den Proben für die nächste Spielzeit beginnen kann.