
Ein Priester der Diözese Würzburg ist wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes am Schöffengericht Bad Kissingen zu einer Strafe von 16 Monaten verurteilt worden - auf Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Richter sprach in seiner Begründung davon, dass der Geistliche mit der Situation, dass ein Mädchen intensiv seine Nähe suchte, überfordert gewesen sei - und hielt ihm vor, dass er die Situation eskalieren ließ.
Wie werden angehende Priester in ihrer langen Ausbildung auf solche Situationen vorbereitet? Welchen Stellenwert nehmen die Themen "Sexualität", "Keuschheit", "Ehelosigkeit" und auch "Nähe und Distanz" ein? Stefan Michelberger ist seit viereinhalb Jahren Regens und damit Ausbildungsleiter des Würzburger Priesterseminars. Der 45-Jährige ist in Weikersheim (Lkr. Main-Tauber) aufgewachsen und hat seine Ausbildung in Würzburg, Rom, Aschaffenburg, Hammelburg und Miltenberg durchlaufen. Als Regens ist Michelberger erster Ansprechpartner in allen Belangen des Priesterseminars: von den ersten Gesprächen mit Interessierten bis zur Übernahme einer eigenen Pfarrei. Im Gespräch gibt er Einblicke in die Ausbildung der Priester.
Stefan Michelberger: In dieser beschriebenen Situation ist das so. Allerdings geschieht es immer wieder, dass junge Priester angehimmelt werden, wenn sie in eine Gemeinde kommen. Das prophezeie ich den Kaplänen immer wieder. Das passiert in der Schule beim Religionsunterricht oder auch in der Ministrantengruppe. Das habe ich auch in meiner eigenen Kaplanszeit erlebt.
Michelberger: In der langen intensiven Ausbildungszeit wird regelmäßig in Entwicklungs- und Entfaltungsgesprächen die ehelose Lebensform thematisiert, ebenso das Thema "Nähe und Distanz". Im Raum stehen die Fragen: Wie verhalte ich mich mit jemanden, wenn ich mit ihm alleine bin - sei es in Kirche, Sakristei, Beichtraum oder Pfarrheim? Lade ich Personen einzeln zu mir nach Hause ein? Wo können Einzelgespräche gut stattfinden?

Michelberger: Definitiv wurde das mit ihm besprochen. Ich kenne ihn und hatte den Eindruck, auch in seiner Ausbildungszeit, dass er sich diesen Fragen gut gestellt hat. Er ist jemand, der gerne und fair in Kontakt geht.
Michelberger: Er wendet sich an seinen geistlichen Begleiter, den er sich während seiner Ausbildungszeit auswählt. Dieser Begleiter ist auch nach der Priesterweihe sein Ansprechpartner. Ebenso der Spiritual des Priesterseminars, der Ausbildungsleiter für das geistliche Leben. Näher ist dem Kaplan jedoch meist der geistliche Begleiter. Dieser kennt ihn und seine Stärken und Schwächen und weiß, wie er tickt.
Michelberger: Die Vorbereitung ist sehr umfangreich und breit aufgestellt. So hält der Spiritual im Priesterseminar regelmäßig Vorträge. Zudem gibt es Gruppengespräche zu den Themen priesterliche Entwicklung und Haltung, geistliches Leben, menschliche Reifung.
Michelberger: Die Sexualität ist Thema bei den Vorträgen des geistlichen Ausbildungsleiters und in den Gesprächen mit ihm. Sexualität ist etwas sehr Intimes und Persönliches. Die sexuelle Entwicklung spielt in der Ausbildung eine Rolle. Besonders wird dabei die eigene Beziehungsfähigkeit angeschaut. Darüber hinaus gibt es bereits im Vorbereitungsjahr ein erstes Modul zur Prävention von sexualisierter Gewalt.
Michelberger: Bereits vor 2010, als die vielen Missbrauchsfälle im Canisius-Kolleg in Berlin bekannt wurden, gab es von Seiten unseres Pastoralpsychologen hierzu thematische Einheiten. Doch erst seit 2010 sind die Themen "Sexualisierte Gewalt" und "Prävention" verpflichtender Bestandteil der Priesterausbildung in ganz Deutschland geworden.
Michelberger: Spätestens im Präventionsmodul im Pastoralkurs werden Situationen besprochen, die auf einen Kaplan und Pfarrer zukommen können - nicht nur Eskalationen. Sondern: Wie verhalte ich mich im Religionsunterricht, in der Ministrantengruppe oder als Pastoralpraktikant, wenn ich von einem Jungen oder einem Mädchen oder auch von einem Erwachsenen angeschwärmt werde?
Michelberger: Das kommt durchaus vor, gerade nach dem Jahr, in dem der Kandidat nicht im Priesterseminar mit den dort festgelegten Strukturen, sondern außerhalb an einem anderen Studienort lebt. Angehende Priester sind ja nicht kaserniert, so dass Ihnen am Ende der Ausbildung gar nichts anderes übrig bleibt als Priester zu werden, weil sie nichts anderes kennengelernt haben. Es geht uns darum, dass jemand seine Lebensberufung findet. Das ist entscheidend.
Michelberger: Meine Fragen sind: "Wie geht es Dir gerade? Wie gehen wir mit dieser Situation um?" Der Seminarist hat dann die Möglichkeit zu einer zeitlich befristeten Beurlaubung, um größere Klarheit zu gewinnen. Wir arbeiten auch mit dem Recollectio-Haus der Abtei Münsterschwarzach zusammen, das eine psychologisch-spirituelle Standortbestimmung anbietet. Seit 2019 haben wir sie fest ins Aufnahmeverfahren integriert und wollen sie auch in die Ausbildung etablieren.
Michelberger: Die Freiwilligkeit ist in unserer Ausbildung von zentraler Bedeutung. Natürlich gibt es Rahmenbedingungen. Dazu muss er sich verhalten. Wenn jemand seine Sexualität ausleben möchte, dann will er sicherlich nicht ehelos leben. Das heißt aber nicht, dass Priester generell beziehungslos leben. Es ist wichtig, dass sie gute Freundschaften pflegen.
Michelberger: Im Priesterseminar laden wir regelmäßig Priester- und Ordensgemeinschaften ein oder besuchen diese. Wir beten, singen, essen miteinander, tauschen uns aus. Wir pflegen hier, so hoffe ich, einen offenen und ganz unkomplizierten Kontakt. Auch zu Männern und Frauen, die zu unseren Gottesdiensten kommen. Die Einladungen können auch von den Kandidaten kommen. Und dabei wird nicht beurteilt, ob jemand mehr Männer oder Frauen einlädt. Mir ist es als Regens wichtig, dass wir möglichst normale und breit aufgestellte beziehungsfähige Menschen als zukünftige Priester ausbilden.
Michelberger: Das ist ein sehr intensives Thema in der Ausbildung. Priester sollen auf Dauer keine Einzelkämpfer werden - auch wenn die Versuchung groß ist. Das hat der Prozess in Bad Kissingen gezeigt. Bei Einsamkeit empfehlen wir immer ein frühzeitiges Gespräch mit dem geistlichen Begleiter. Bei der geistlichen Begleitung geht es ja nicht immer nur um fromme Themen, sie ist auch eine gewisse Form von Coaching.

Michelberger: Für Priester ist es wichtig, sich immer wieder neu mit ihrer Berufung gut auseinanderzusetzen. Aktuell wird dieses Thema auf dem Synodalen Weg diskutiert, den die Bischöfe angestoßen haben. Wir, die Ausbilder, sind an unsere Bischöfe gebunden. Ich bin sehr gespannt, wie sich das weiterentwickeln wird.
Michelberger: Es gibt eine Idee von einem Haus der Aus- und Fortbildung für alle pastoralen Berufe.
Es gibt EINEN Fall, der hier verurteilt wurde - im Moment hat das Bistum ca. 400 Priester!
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung hat vor kurzem festgestellt, dass er "außer in der katholischen Kirche noch nirgendwo eine offene äußere Auseinandersetzung mit diesem Problem sieht, dabei ist das Problem in Vereinen, Feuerwehren etc. mindestens genauso groß!" (https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/sexueller-missbrauch-sportverein-frontal-21-100.html)
Die katholische Kirche ist eben gerade kein Sportverein oder freiwillige Feuerwehr, sondern die Institution, die sich voreheliche Keuschheit, Nächstenliebe, Ehrlichkeit, u.v.m. auf die Fahnen schreibt und von ihren "Mitgliedern" einfordert.
Insofern ist bei einem Priester ein ganz anderer Maßstab anzulegen bei der Bewertung seines Verhaltens, insbesondere gegenüber Schutzbefohlenen!
Der Studiendirektor, der mit seiner 16 bzw. 17-jährigen Schülerin ein Verhältnis hatte, sitzt gerade seine mehrjährige Strafe ab, und dieser Pfarrer, der ein 12-jähriges Mädchen mißbraucht hat, soll mit einer Bewährungsstrafe frei herumlaufen?
sollte endlich Männer (und natürlich auch Frauen) für die Seelsorge ausbilden und weihen, die eine natürliche Einstellung zum Leben und zur Sexualität haben.
Wer sich als junger Mann freiwillig zum Leben ohne Sexualität verpflichtet hat halt oft schon ein gestörtes Verhältnis zum doch wesentlichen Lebenselixier. Und wie man oft erfährt funktioniert dieses Leben eben nur bedingt oder zeitlich befristet, weil das, was einem am Leben erhält, eben essentielle Lebensqualität bedeutet.
Auch hier in Deutschland.
Soll keine Rechtfertigung sein.
natürlich war das Handeln des Priesters strafbar - dafür ist er auch verurteilt worden!
Jemand in diesem Beruf ist für den Rest seines Lebens gebrandmarkt!
Naürlich ist so ein Handeln strafbar - der Priester wurde auch verurteilt. Keine Ahnung warum sie für ihre Ausführungen noch "Likes" bekommen.
Gleichzeitig frag ich mich wo der Richter dem Opfer eine Mitverantwortung andichtete!