zurück
Würzburg
Raus aus den Vertrauenskrisen: 1200 Gäste aus ganz Unterfranken beim Neujahrsempfang mit Bischof Franz Jung
Ob privat oder in der Gesellschaft: Ein gedeihliches Miteinander ist ohne Vertrauen kaum möglich, doch es schwindet. Denkanstöße gab der Philosoph Martin Hartmann.
Bischof Franz Jung begrüßte die allermeisten der rund 1200 Gäste beim Diözesanempfang persönlich.
Foto: Thomas Obermeier | Bischof Franz Jung begrüßte die allermeisten der rund 1200 Gäste beim Diözesanempfang persönlich.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 25.01.2025 02:32 Uhr

Gutes Zusammenleben funktioniert nicht ohne Vertrauen. Was aber, wenn dieses Vertrauen immer mehr schwindet? Wenn stattdessen Misstrauen, Kontrolle und Ängste überhandnehmen? Dann wird es schwierig in Beziehungen, egal ob privater oder öffentlicher Natur.

Diözesanempfang findet seit 2012 an der Universität statt

Denkanstöße geben, für Gesprächsstoff sorgen und Begegnung schaffen – das will der jährliche Empfang der Diözese Würzburg und ihres Caritasverbandes seit seiner erstmaligen Ausrichtung 2012. Und die Veranstaltung findet immer mehr Zuspruch.

Am Montagabend folgten rund 1200 Gäste aus Politik, Gesellschaft und Kirche der Einladung von Bischof Franz Jung. Thema diesmal: Vertrauen und Vertrauenskrisen. Organisiert hatte den Empfang im Zentralen Hörsaalgebäude der Uni Würzburg einmal mehr die Akademie Domschule, übertragen wurde auch digital.

Fotoserie

Jung selbst fand in seiner Ansprache schnell zu einer Krise mit "eigener Betroffenheit": Der Missbrauchsskandal habe das Vertrauen in die Institution Kirche "tief erschüttert". Es bedürfe glaubwürdiger Personen und "enormer Anstrengungen, um sich das Vertrauen der Menschen wieder zu verdienen", sagte er selbstkritisch.

Bischof nimmt Bezug auf Trump, ohne ihn zu nennen

Doch der Vertrauensverlust hat längst übergegriffen auf Politik und Gesellschaft. Der Bischof verwies auf überbordende Dokumentationspflichten in Betrieben oder im Gesundheitswesen und das Bemühen, "sich permanent abzusichern". Dies binde wertvolle Ressourcen. Hinzu kämen Bestrebungen bestimmter Kreise, das Vertrauen in Institutionen der Wahrheitsfindung wie Universitäten, Gerichte oder Medien gezielt zu erschüttern.

Am Tag der Amtseinführung von Donald Trump fragte der Bischof: "Was ist eigentlich passiert, wenn Menschen denjenigen mehr Vertrauen schenken, die ganz offensichtlich gelogen und betrogen haben und sexuell übergriffig geworden sind und diese dann noch in höchste politische Ämter wählen?"

Im voll besetzten großen Hörsaal sorgte das Duo Marimpiano (Helmut Kandert im Vordergrund und Alexander Jacobi am Klavier) für musikalische Unterhaltung.
Foto: Thomas Obermeier | Im voll besetzten großen Hörsaal sorgte das Duo Marimpiano (Helmut Kandert im Vordergrund und Alexander Jacobi am Klavier) für musikalische Unterhaltung.

Antworten suchte als Gastreferent der Philosoph Martin Hartmann, seit 2024 Rektor der Hochschule Luzern. Er hielt ein Plädoyer für ein gesundes Vertrauen, das nicht blind ist und kritisches Hinschauen einschließt – das aber ein permanentes Kontroll- und Sicherheitsbedürfnis verdrängt.

Warum das gar nicht so leicht ist? "Weil wir uns damit verletzlich machen." Die Bereitschaft dazu sei geschwunden, so Hartmanns Diagnose. Vertrauen sei "akzeptierte Verletzlichkeit" – inklusive Risiko, enttäuscht zu werden. Das müsse man "wollen". Es sei ein Paradoxon unserer Zeit, dass sich Menschen nach Nähe und Emotionalität sehnen, sie mangels Vertrauen aber nicht finden. Stattdessen lasse man sich von den Algorithmen sozialer Medien leiten.

Auch wissenschaftliche Fakten brauchen Vertrauen

Hartmann skizzierte die teils drastischen Folgen für die Gesellschaft. Der demokratische Staat lebe von dem Vertrauen in Institutionen und politische Repräsentanten, ebenso die Wissenschaft. Im Zuge der Impfdebatte habe man selbst in der Medizin gemerkt: "Es reicht nicht, die Fakten zu präsentieren." Sie müssten angenommen werden, dafür brauche es Vertrauen.

Es kann umgekehrt selbst zum Problem werden. Dann nämlich, wenn Menschen sich allzu sehr zurückziehen auf das Vertraute und Bekannte, sich damit abspalten oder Populisten hinterherlaufen – "wenn also Menschen nur doch das glauben, was sie glauben wollen." Insofern habe auch Misstrauen seine Berechtigung, "Rückfragen und Kritik gehören zur Demokratie". 

Teilnehmerin des Diözesanempfangs war auch Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK). Sie lenkte den Blick auf den Deutschen Katholikentag, der im Mai 2026 in Würzburg stattfindet und dessen Motto lautet: "Hab Mut, steh auf!" Ohne Vertrauen sei dies nicht möglich.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Andreas Jungbauer
Bischöfe
Domschule Würzburg
Donald Trump
Franz Jung
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Vertrauenskrisen
Vertrauensverlust
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Klaus B. Fiederling
    Hauptsache nen Komentar loswerden!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Robert Hippeli
    @Klaus B. Fiederling: Kommentare raus hauen, so dachte ich, ist doch Ihre Stärke!

    Oder gilt das nur für Ihre Lieblings-Themen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Irmgard Engert
    Hallo Herr Fiederling,
    es gibt einfach Menschen, bei denen löst der Begriff "Kirche" einen Reflex aus, da können die gar nichts dafür!
    Da ist es dann vollkommen egal, worum es inhaltlich geht - ohne verbalen Angriff geht's nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Robert Hippeli
    Hallo Frau Engert, hallo Herr Fiederling,
    stellen Sie doch einfach eine Liste über die Themen auf, die Ihrer Meinung nach in der Kommentarfunktion diskutiert werden dürfen, und reichen diese Liste bei der MainPost ein.

    Ein solcher, nicht gerade offener Umgang, mit kritischen Themen, sorgt seit geraumer Zeit dafür, das neue Parteien entstehen, die wir in unserer Demokratie gar nicht haben wollten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Irmgard Engert
    Dass diese Themen entstehen, liegt auch und vor allem daran, dass aktuell negativ besetzte Themen bis zum erbrechen medial ausgeschlachtet werden - und so eine negative Grundstimmung wenn nicht geschaffen, so doch ganz massiv gefördert wird - und da ist das Thema Kirche nur eines von vielen!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Lothar Unsleber
    Beim Lesen des Artikels und der Stelle, "...fragte der Bischof..." kam in mir der Wunsch auf, da möge der Bischof doch einmal eine Selbstreflektion seine Organisation machen. Es gibt in den Kirchengemeinde noch immer Menschen, welche jegliche Verfehlungen von Verantwortungsträgern versuchen schön zu reden und den "Hirten" bedingungslos folgen. Das "Fingerpointing" des Bischofs finde ich schon sehr bemerkenswert, zumal in der Kirchenorganisation Heuchelei, Vertuschung, Arroganz und Ignoranz in ausgeprägten Formen vorzufinden sind.
    Selbst in der heutige MP gibt es ein weiteres Beispiel dafür.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Robert Hippeli
    Ups ????
    ".....Was ist eigentlich passiert, wenn Menschen denjenigen mehr Vertrauen schenken, die ganz offensichtlich gelogen und betrogen haben und sexuell übergriffig geworden sind und diese dann noch in höchste politische Ämter wählen?...."

    Wer zeigt da in welcher Richtung?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten