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Würzburg
Raserunfall in Würzburg: Fahrer wegen versuchten Mordes angeklagt
Im Dezember hatte ein 20-Jähriger in Heidingsfeld eine Fußgängerin mit seinem getunten Mercedes erfasst. Jetzt ist Anklage gegen ihn erhoben worden.
Nach dem Unfall in der Mergentheimer Straße in Würzburg stellen Beamte das getunte Fahrzug sicher. Der 20-Jährige soll sich nun wegen versuchten Mordes vor Gericht verantworten.
Foto: Berthold Diem | Nach dem Unfall in der Mergentheimer Straße in Würzburg stellen Beamte das getunte Fahrzug sicher. Der 20-Jährige soll sich nun wegen versuchten Mordes vor Gericht verantworten.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 19.02.2024 19:50 Uhr

Knapp acht Monate nachdem ein 20-Jähriger  in der Mergentheimer Straße in Würzburg eine Fußgängerin mit seinem Mercedes erfasst hatte,  ist nun klar, wofür sich der Fahrer bald vor Gericht verantworten muss. Wie Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach auf Nachfrage mitteilte, sei gegen den Raser "Anklage wegen versuchten Mordes und verbotenen Kraftfahrzeugrennens" erhoben worden. Nach dem Unfall saß der junge Mann für sechs Monate in U-Haft.

Die Reaktion der Staatsanwaltschaft ist auch eine Botschaft an die Szene, zu der der Angeklagte laut Polizei gehört: Der 20-Jährige fuhr einen Mercedes mit AMG-Tuning, der über 100 000 Euro kostet, mehr als 600 PS hat, und von 0 auf 100 in 3,4 Sekunden beschleunigt. Das mache Eindruck in der Poser-Szene, die sich nach Angaben der Polizei über das Zurschaustellen ihrer Wagen definiere.

War ein silberner Mercedes dabei?

Die Polizei glaubt, dass an jenem Sonntagabend im Dezember auf der vierspurigen Mergentheimer Straße in Würzburg ein Wettrennen mit einem zweiten Wagen stattfand. Zeugen wollen einen silbernen Mercedes mit MSP-Kennzeichen gesehen haben.

Sicher ist, dass eine 42-Jährige Fußgängerin bei einem Möbelhaus in der Mergentheimer Straße bei "grün" über die Ampel gehen wollte, als sie der Wagen erfasste. Laut einem Gutachten war das Auto noch fünf Sekunden vor dem Aufprall 150 Stundenkilometer schnell. Erlaubt ist eine Geschwindigkeit von 50 km/h. Bis zum Aufprall legt der Wagen etwa 200 Meter zurück. Zum Glück streifte der Wagen die Fußgängerin nur, sonst hätte sie sich lebensgefährliche Verletzungen zuziehen können. 

Frage nach Finanzierung des Fahrzeugs

Die Poserszene hat die Polizei gerade besonders im Visier, weil sie mit ihrem aggressiven Imponiergehabe den Rest der Bevölkerung verschreckt. "Wir fragen uns auch, wie  junge Männer die teuren Markenfahrzeuge finanzieren", sagt ein ranghoher Polizist, der die Szene kennt. Die Häufung illegaler Rennen mit unbeteiligten Passanten als Opfer hat zu einer Strafverschärfung geführt: Der Gesetzgeber kann solche Rennen als bewusste Mordhandlung mit dem Auto als Waffe ansehen.

"Das wird wohl eine sehr umfangreiche Verhandlung"
Verteidiger Norman Jacob über den Raser-Prozess

Verteidiger Norman Jacob wundert sich, dass der Fahrer wegen versuchten Mordes angeklagt ist. Land- und Oberlandesgericht seien in ihren Entscheidungen zur U-Haft nicht mehr davon ausgegangen. Der Angeklagte war im Mai freigelassen worden. "Das wird wohl eine sehr umfangreiche Verhandlung", sagt der Anwalt. 

485 illegale Rennen in Bayern

Der Würzburger Vorgang ist kein Einzelfall, sondern eher szenetypisch. Das ergab eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion, wie der unterfränkische Abgeordnete Volkmar Halbleib mitteilte. Bayerns  Innenministerium erfuhr 2018 und 2019 von 485 privaten illegalen Autorennen im Freistaat, bei denen sich Autofahrer mit überhöhter Geschwindigkeit "grob rechtswidrig und rücksichtslos" durch den Verkehr bewegten.

Die Treffen würden sich in der Regel spontan ergeben, beispielsweise an einer Ampel oder über Messenger-Dienste. Die Teilnehmer sind laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fast ausschließlich männlich, meist unter 30 Jahre alt und Besitzer leistungsstarker Fahrzeuge unterschiedlicher Marken. Die Folgen sind drastisch: Binnen zwei Jahren wurden bei 32 derartigen PS-Wettkämpfen in Bayern 63 Personen verletzt und drei Menschen getötet. 

 
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  • arnold.friedrich@t-online.de
    Beim Motorradführerschein gibt es doch eine Stufenberechtigung , bei der Leistung des Motorrades das man fahren darf . Aber ein 18 jähriger Fahranfänger dürfte sich ganz legal einen 600PS Schlitten ausleihen oder auch selber besitzen und damit rumfahren.
    Da ist doch der Gesetzgeber dringend gefordert
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  • schwabayer
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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  • clubfan2@gmx.de
    Warum muss man überhaupt Autos
    mit solchen PS Zahlen herstellen?

    nur das einige wenige sich in Szene setzen können!

    Lappen für 15 Jahre weg
    und danach darf er noch Mofa fahren.
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  • Albatros
    Sehr geehrter Albatros, in der bisherigen Berichterstattung wurden familiäre Herkunft bisher nicht thematisiert. Bitte keine Pauschalisierungen und Vermutungen als Tatsachen vermitteln. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
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  • svenkoeberlein@gmx.net
    Es wird sicher wieder irgend einen Grund geben, das Bübchen nach Jugendstrafrecht zu behandeln. Wer sich so ein Fahrzeug dieser Klasse ausleiht, weiß doch ganz genau, was man damit anstellen kann. Und wenn ich dann noch dreimal so schnell unterwegs bin als erlaubt...nimmt man es sehr wohl in Kauf, dass es knallen kann und womöglich jmd zu Schaden oder gar ums Leben kommt.
    Lappen lebenslänglich entziehen! Damit er dennoch trockenen Fußes zu seiner Arbeitstelle gelangt, darf er ausnahmsweise diese kleinen überdachten Gefährte mit 25er Aufkleber führen. Kann man sicherlich auch tieferlegen, Alufelgen aufziehen und Sound per Modul einspielen. Den AMG-Aufkleber spendiere ich sogar.
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  • juergenmagic@t-online.de
    Die Anklage wg. versuchtem Mord ist völlig richtig. Wer so durch eine Stadt rast, nimmt den Tod eines anderen billigend in Kauf. Also handelt er vorsätzlich. Neben einer Freiheitsstrafe sollte der Führerschein sehr lange, wenn nicht auf Dauer entzogen werden. Schade, dass man jemanden nicht dazu verdonnern kann, nur noch Kleinwagen in der niedrigsten Motorisierung zu fahren (z. B. VW Up). Das wäre in dieser Szene Strafe genug. Wie jemand solche Autos finanziert? Da gibt es bestimmt einen Papa, der seinem Sprößling die Angeberei noch finanziert.
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  • tommy33
    Es gibt bestimmt Papas die Ihren Sprösslingen solche Autos finanzieren. In diesem Fall handelt es sich allerdings um ein Selbstfahrer Vermietfahrzeug Inder Autovermietung.
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Lebenslänglicher Führerscheinentzug. Das wäre für den Jüngling wohl die härteste Strafe. Wegsperren braucht es nicht.
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  • rolandroesch@web.de
    Is ok aber wär kontrolliert den das ganze Leben ? Als wird er doch irgendwann einfahren müssen.
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