Die Ermittler machen ernst: Nachdem ein 20-Jähriger am Sonntag mit einem geliehenen Mercedes eine 42-jährige Fußgängerin in Würzburg erfasst hatte, wurde er am Dienstag in seiner Wohnung verhaftet und sitzt nun in Untersuchungshaft. Das teilten das Polizeipräsidium Unterfranken und die Staatsanwaltschaft Würzburg am Mittwoch mit. Ermittelt wird demnach nicht nur wegen des Verdachts eines "verbotenen Kraftfahrzeugrennens" nach dem neuen Strafrechtsparagrafen 315d, sondern auch wegen versuchten Mordes. Es bestehe dringender Tatverdacht.
Dass die Staatsanwaltschaft diesen Schritt geht, überrascht den Strafrechtsexperten Prof. Frank Zieschang nicht. Früher habe man sich gescheut, in solchen Fällen "den Tötungsvorsatz anzunehmen", so der Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Uni Würzburg. Seit den Urteilen zu den Raser-Unfällen von Berlin sei es jedoch "nicht mehr so außergewöhnlich, dass Staatsanwaltschaften schauen, ob in solchen Fällen nicht möglicherweise ein Mord oder ein versuchter Mord in Betracht kommt".
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Dem 20-jährigen Unfallfahrer wird vorgeworfen, "dass er durch seine Fahrweise den Tod der Frau zumindest billigend in Kauf genommen habe". Nach aktuellem Ermittlungsstand war der junge Mann am späten Sonntagnachmittag mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit in der Mergentheimer Straße unterwegs und überfuhr an der Kreuzung zur Andreas-Grieser-Straße eine rote Ampel. Mit seinem Auto erfasste er gegen 17.15 Uhr frontal eine 42-jährige gehörlose Fußgängerin, die gerade mit ihrem Hund die Straße überquerte. Die Frau erlitt Prellungen am ganzen Körper, aber glücklicherweise keine schwerwiegenden Verletzungen. Sie konnte das Krankenhaus zwischenzeitlich wieder verlassen. Ihr Hund wurde leicht verletzt.
Wohnungen von Unfallfahrer und Mitfahrern durchsucht
Die genauen Umstände soll nun eine eigens gegründete Ermittlungskommission mit dem Namen "Ampel" klären. Beteiligt daran sind neben der Kripo auch Beamte der Verkehrspolizei und der Polizeiinspektion Würzburg-Stadt.
Inzwischen haben die Ermittler vier Objekte durchsucht; laut einer Pressemitteilung handelt es sich um die Wohnungen des Fahrers und seiner drei Mitfahrer. Dabei sei "umfangreiches Beweismaterial" sichergestellt worden. Die Mitfahrer würden allerdings weiter als Zeugen, nicht als weitere Tatverdächtige behandelt, stellte Polizeisprecher Philipp Hümmer auf Nachfrage klar.
Polizei: "Keine etablierte Raserszene"
Unterdessen fahndet die Polizei noch immer nach einem weiteren Fahrzeug, das in dem Fall eine Rolle spielen könnte. Laut Zeugenaussagen war ein silberfarbenes Auto mit MSP-Kennzeichen zeitgleich mit dem schwarzen Mercedes des 20-Jährigen mit überhöhter Geschwindigkeit auf der Mergentheimer Straße unterwegs.
Hinweise auf weitere beteiligte Fahrzeuge lägen nicht vor, so Hümmer. "Eine etablierte Tuning- beziehungsweise Raserszene im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Unterfranken, die an bestimmten Örtlichkeiten regelmäßige 'Rennen' durchführt, gibt es nicht."
Ermittler bitten Zeugen um Fotos und Videos
Die Polizei setzt bei den Ermittlungen auch auf weitere Hinweise aus der Bevölkerung. Zeugen des Unfalls oder Personen, die Angaben zu den Vorgängen vor oder nach dem Unfall machen können, ruft sie auf, sich unter der Telefonnummer (0931) 457-2230 zu melden. Außerdem hat das Polizeipräsidium Unterfranken ein Medien-Upload-Portal geschaltet. Hier können Zeugen Videos oder Fotos, die sie gemacht haben und die zur Aufklärung beitragen könnten, hochladen. Die Weiterleitung der Dateien sei anonym möglich.
Übrigens spricht man in der heutigen Zeit nicht mehr von "taubstumm". Man ist "gehörlos" oder "taub", beherrscht aber mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gebärdensprache, welche als Kommunikationsmittel anerkannt ist. Somit ist man nicht "stumm".
vielen Dank für den Hinweis. Wir haben das inzwischen geändert.
Viele Grüße
Benjamin Stahl
Versuchter Mord ist aus meiner laienhaften Sicht allerdings vielleicht etwas weit her geholt.
Eher so was wie "grob fahrlässige Körperverletzung".