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Würzburg
Psychotherapie wird zum Politikum: Noch mehr Bedarf durch Pandemie, doch in Bayern fehlt es an Studienplätzen
Woher kommen Bayerns künftige Psychotherapeuten? Für mehr Studienplätze machen die Grünen im Landtag Druck auf den Wissenschaftsminister – mit einem Offenen Brief.
Blick in die Charité-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie: Immer mehr Menschen suchen Hilfe durch fachlich versierte Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Schon jetzt sind die Wartezeiten oft lang.
Foto: Maurizio Gambarini, dpa | Blick in die Charité-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie: Immer mehr Menschen suchen Hilfe durch fachlich versierte Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Schon jetzt sind die Wartezeiten oft lang.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:43 Uhr

Im Ringen um mehr Studienplätze für Psychotherapeutinnen und -therapeuten in Bayern fordern die Grünen mehr Einsatz und Mittel von Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU). In einem Offenen Brief, initiiert vom Würzburger Abgeordneten Patrick Friedl, mahnen sie zu einem raschen und entschlossenen Handeln.

Es stehe "Spitz auf Knopf für die Psychotherapeutenausbildung im kommenden Wintersemester und damit auch für die Sicherstellung des psychotherapeutischen Betreuungsangebotes in Bayern", heißt es in dem Schreiben. Es ist von der Fraktionsspitze und sieben weiteren Abgeordneten aus fünf betroffenen Hochschulstandorten unterzeichnet, darunter die Abgeordnete Kerstin Celina aus Kürnach (Lkr. Würzburg) als Grünen-Sprecherin für Psychische Gesundheit.

Neues Gesetz: Mit Psychotherapie-Studium zur Approbation

Wie berichtet, hapert es im Freistaat bei der Umsetzung des vom Bund beschlossenen neuen Psychotherapeutengesetzes. Es ermöglicht die Approbation als Psychotherapeutin oder -therapeut bereits mit Abschluss eines Masterstudiums, in das mehr praktische Inhalte aufgenommen werden. Für eine kassenärztliche Zulassung bedarf es – ähnlich wie bei der Facharztausbildung – dann zusätzlich einer mehrjährigen Weiterbildung in regulär bezahlten Anstellungen.

Allein durch die Veränderung der Studiengänge brauchen die Universitäten mehr Lehrpersonal – erst recht für eine Aufstockung der Studienplätze. Zuletzt konnten die fünf bayerischen Hochschulen mit Psychologie-Instituten – darunter Würzburg und Bamberg – zusammen lediglich 75 Studienplätze pro Semester garantieren (15 pro Universität). Laut Bayerischer Psychotherapeutenkammer wären pro Jahr mindestens 350 nötig, um die psychotherapeutische Versorgung im Freistaat sicherstellen.

Durch Pandemie verschärft: Lange Wartezeiten in Psychotherapie-Praxen

Schon heute warten viele Patientinnen und Patienten oft Monate auf einen Behandlungstermin. "Durch die Pandemie und ihre Folgen betrifft das Thema mehr Menschen als je zuvor – vor allem auch Kinder und Jugendliche“, sagt Verena Osgyan, hochschulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion laut einer Mitteilung. Und die Lage droht sich weiter zu verschlechtern: "Wir steuern auf einen Mangel an Psychotherapeuten zu", sagt Prof. Jürgen Deckert, Psychiatrie-Chef an der Würzburger Uniklinik.

Bei der Finanzierung des Psychotherapie-Studiums stand der Freistaat bis dato auf der Bremse. Allerdings versprach Wissenschaftsminister Blume zuletzt, sich zusammen mit den Hochschulen um eine Lösung zu bemühen. Bei einer bayernweiten Demonstration in München suchte er Ende Juni auch das Gespräch mit Studierenden.

Die Verantwortung für die Misere sieht Blume woanders: "Ich bin sauer auf den Bund. Die Länder dürfen immer auslöffeln, was in Berlin an neuen Ausbildungsordnungen beschlossen wird", kritisierte er im Gespräch mit dieser Redaktion. Wenn neue Studiengänge eingeführt werden, müssten auch die entsprechenden personellen Kapazitäten mit viel Geld aufgebaut werden.

Er wolle sich noch vor der Sommerpause mit den Präsidentinnen und Präsidenten der betroffenen bayerischen Universitäten zusammensetzen. Auch Studierende sollen dabei sein. Blume: "Die Zusage steht: Wir werden in ausreichender Anzahl Masterstudienplätze für Psychotherapeuten in Bayern zur Verfügung stellen." Der Bund dürfe sich aber nicht aus der finanziellen Verantwortung ziehen.

Bayern hinkt im Ländervergleich hinterher

Die Grünen verweisen darauf, dass andere Bundesländer mehr in die Psychotherapeuten-Ausbildung investieren. So sei die Zahl der vorgesehenen Wochenstunden pro Studierendem in Bayern mit 3,2 Stunden deutlich niedriger als zum Beispiel in Baden-Württemberg (4,2). Die Grünen fordern mehr Wochenstunden und die Mittel dafür. "Es ist dringend notwendig, die Kapazitäten im Psychotherapiestudium baldmöglichst auszubauen, sagt der Würzburger Abgeordnete Friedl, denn: "Der Zug für das Wintersemester 2022/23 fährt bald ab." 

(Mitarbeit: micz)

 
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  • Bezirksrat Gerhard Müller
    Typisch Söder-Stil: Markus Blume verweist reflexhaft an den Bund. Das ist lächerlich, weil die alte Koalition das Psychotherapeutengesetz nach 20 Jahren mühsamer Diskussion beschlossen hat - und weil jetzt die Länder am Ball sind, um an den Unis die Masterplätze zu schaffen. Das ist Landeshoheit, lieber Herr Blume!
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  • Bezirksrat Gerhard Müller
    Noch was: das neue Psychotherapeutengesetz hat viele Väter und Mütter: beteiligt waren alle Länder, Kostenträger, Psychotherapeutenkammern, Ärzteverbände, vor allem das Bundesgesundheitsministerium (Damals lange CDU), usw usw, Bayern hat auf vielen Ebenen mitgewirkt. Herr Blume schimpft auf den Bund, das ist schlichtweg Söder-Populismus, mit welcher Qualifikation ist er ûberhaupt Wissenschaftsminister? Als Generalsekretär war er nicht mehr zu halten…
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