Ein 57-jähriger Gemeindearbeiter muss sich für den Tod einer 71-jährigen Frau ab dem heutigen Freitag vor dem Amtsgericht Würzburg verantworten. Der Prozess startet fast zwei Jahre nach dem Unfall in Erlabrunn (Lkr. Würzburg). Der Fahrer eines kommunalen Streufahrzeuges steht unter Verdacht, die Fußgängerin an einer Engstelle im Ort zweimal überrollt und Unfallflucht begangen zu haben.
Monatelange Ermittlung
Der Fall hatte monatelange Ermittlungen einer Sonderkommission erfordert. Häufig enden solche Fälle – sofern ein Tatverdächtiger ermittelt werden kann – bei klarer Sachlage und Geständnis ohne Gerichtsverhandlung, mit einem Strafbefehl. Die Öffentlichkeit erfährt dann kaum etwas über den Ausgang des Verfahrens, bei dem ein Mensch durch Unachtsamkeit eines anderen sein Leben verlor.
In dem Fall ist es anders. Der Angeklagte erklärt, er sei nicht schuld am Tod der in Erlabrunn bekannten ehemaligen Gastwirtin Gisela K.
Langes Verfahren
Das Verfahren zog sich ungewohnt in die Länge: Zunächst hatte ein Einzelrichter über den Fall befinden sollen. Dann teilte das Amtsgericht Würzburg den Fall einem Schöffengericht zu, in dem neben dem Berufsrichter auch zwei Laien den Fall mitbeurteilen. Dieser Wechsel zeigt, dass die Justiz dem Fall, der in der 1700-Seelen-Gemeinde nördlich von Würzburg für erhebliches Aufsehen sorgt, eine besondere Bedeutung beimisst.
Mühsame Suche nach der Wahrheit
Die 71-jährige Erlabrunnerin war am frühen Morgen des 5. Januar 2016 von Passanten auf der Straße direkt vor ihrem Haus gefunden worden. Da es an jenem Morgen eisglatt gewesen war, ging man bei den Ermittlungen zunächst von einem Sturz aus.
Doch rasch keimte der Verdacht, die Frau sei durch ein Fahrzeug überrollt worden. Untersuchungen im rechtsmedizinischen Institut Würzburg bestätigten dies. Etwa 30 Polizeibeamte einer Ermittlungs-Kommission befragten mehr als 100 Zeugen und suchten mehrere Monate nach dem Unfallverursacher. Durch ein aufwendiges 3-D-Messverfahren war der Unfall exakt rekonstruiert worden.
Reifenprofil passte
Schließlich fokussierte sich der Verdacht der Ermittler auf das Streufahrzeug der Gemeinde, einen Allzwecktraktor, der an jenem Morgen im Ort unterwegs gewesen war und Salz gestreut hatte: Das Profil der Reifen passte zu jenen Spuren, die die Rechtsmediziner am Körper der Toten festgestellt hatten.
Bereits vor über einem Jahr übergab die Ermittlungskommission ihren 60-seitigen Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft Würzburg, die schließlich im März 2017 Anklage gegen den Fahrer des Gemeindefahrzeugs erhob. Die Polizei ist sich sicher, dass die Frau an der Engstelle vor ihrem Haus mitten im Ort unter die Räder des Traktors gekommen ist. Ungewöhnlich für die Ermittler war – wie aus dem Abschlussbericht hervorgeht– dass das verdächtige Fahrzeug kurz nach dem Unfall neu lackiert worden war.
Acht Verhandlungstage angesetzt
Drei Richter müssen nun entscheiden, ob eine fahrlässige Tötung vorliegt. Zu prüfen ist auch, ob Straftatbestände des unerlaubten Entfernens vom Unfallort, der Straßenverkehrsgefährdung und der unterlassenen Hilfeleistung erfüllt sind.
Das Gericht steht vor einer schwierigen Aufgabe. Fast zwei Jahre nach den Vorgängen dürfte die Erinnerung bei manchen Zeugen verblasst sein. Das Gericht geht wohl von einer mühsamen Wahrheitssuche aus: Für den Fall sind acht Verhandlungstage angesetzt. Der Prozess beginnt am Freitag um 8.30 Uhr.