Fast ein Jahr nach dem Tod einer 71-Jährigen in der Ortsmitte von Erlabrunn (Lkr. Würzburg) sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Recherchen der Redaktion aber zeigen: Die Nachforschungen sind nach akribischer Ermittlungsarbeit offenbar auf der Zielgeraden. In Kürze will die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sie Anklage gegen einen Verdächtigen erhebt.
Schwere Verletzungen
Zunächst hatte es so ausgesehen, als sei die Gastronomin am 5. Januar 2016 an einer Engstelle im Ort bei Glatteis gestürzt. Doch eine Obduktion machte schwere Verletzungen durch grobstollige Reifen an Kopf und Rumpf sichtbar: Der Verdacht keimte, ein Wagen könnte die Frau überrollt haben.
In monatelanger Kleinarbeit trug eine 30 Personen starke Ermittlungskommission der Polizei Fakten zusammen. Sie verglich Zeugen-Aussagen und Indizien auf Plausibilität. Der Abschlussbericht der Soko kommt auf knapp 60 Seiten zu dem Schluss, dass die Frau von dem Streufahrzeug überfahren worden sein könnte, das an jenem Morgen vor 8 Uhr im Ort unterwegs war und dessen Reifen, laut Untersuchungsbericht, mit den tödlichen Verletzungen an Kopf und Rumpf übereinstimmen könnten. Die Ermittlungen konzentrieren sich seitdem auf den Fahrer.
Opfer-Anwalt: „An Anklage führt kein Weg vorbei“
„Wir gehen derzeit von einem ungeklärten Tötungsdelikt aus“, sagt Norman Jacob, einer der Anwälte der Hinterbliebenen. „Die Ermittlungen geben deutliche Hinweise, wer sich dafür verantworten muss“, betont sein Kollege Peter Auffermann. Anwalt Hanjo Schrepfer sagt: „Nach Aktenlage führt an einer Anklage kein Weg vorbei.“ Der Anwalt des Verdächtigen wollte sich auf Anfrage nicht äußern.
Boris Raufeisen, Sprecher der Würzburger Staatsanwaltschaft, bestätigt: Die Ermittlungen „konzentrieren sich auf die Frage, inwieweit der Tod der Frau dem strafrechtlich vorwerfbaren Fehlverhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers zuzuordnen ist“. Ermittelt wird „wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung“.
Sollte die Staatsanwaltschaft am Ende aber von einem Unfall ausgehen, so Raufeisen in einer schriftlichen Stellungnahme, müsste sie Straftatbestände des unerlaubten Entfernens vom Unfallort, der Straßenverkehrsgefährdung und der unterlassenen Hilfeleistung umfassend prüfen.
Gutachten werden ausgewertet
Die Soko der Polizei hatte ihren Abschlussbericht bereits Ende Oktober der Staatsanwaltschaft übermittelt. Warum diese bislang noch keine Entscheidung über eine Anklageerhebung getroffen hat, begründet Raufeisen mit der Erstellung weiterer Gutachten. „Die haben erhebliche Zeit in Anspruch genommen,“ so der Oberstaatsanwalt. Letzte Ergebnisse seien erst im Dezember eingegangen „und werden nochmals mit anderen Erkenntnissen geprüft.“ Dann zeige sich, ob das Ermittlungsverfahren, „wie angestrebt, im Januar 2017 abgeschlossen werden kann“.