Es hätte eine relativ kurze und auch harmonische Bürgerversammlung in der Würzburger Lindleinsmühle werden können – wäre da nicht die geplante Nachverdichtung der Stadtbau GmbH auf ihrem Grundstück in der Bayernstraße. Die Bewohner der benachbarten Stadtbau-Häuser wollen das Projekt stoppen, eine Gruppe von ihnen protestierte vehement gegen die Pläne. Oberbürgermeister Christian Schuchardt bemühte sich eineinhalb Stunden lang vergeblich, zu vermitteln und um Verständnis für die Planungen zu werben.
"Es tut weh, wenn die Grünfläche wegkommt", sagte ein Mann, der nach eigenen Worten seit 61 Jahren in der Bayernstraße wohnt. Mit diesem Satz begann in der Aula der Gustav-Walle-Schule am Dienstagabend eine lange und intensive Diskussion von Mieterinnen und Mietern aus den beiden Stadtbau-Häusern in der Bayernstraße mit dem OB und seinen Referenten auf dem Podium. Sprecherin für mehrere Bewohnerinnen und Bewohner war Lena Ruf, die am Ende der knapp dreistündigen Bürgerversammlung ein Protestschreiben mit 70 Unterschriften an Schuchardt übergab.
Geplant sind 44 neue Wohnungen, im Erdgeschoss eine Kita
Der Hintergrund: Ende September hat der Stadtrat mit großer Mehrheit durch eine Änderung des Bebauungsplans zwei Baufenster für neue Mietshäuser auf dem Stadtbau-Grundstück an der Ecke Bayern- und Frankenstraße geschaffen. Entstehen sollen dort 44 neue Wohnungen, alle im geförderten Wohnungsbau. Im Erdgeschoss eines der beiden Häuser entsteht eine Kindertagesstätte mit zwei Gruppen, auf einer bestehenden Parkplatz-Fläche wird außerdem ein mehrstöckiges Parkhaus für die Bewohner des Stadtbau-Quartiers errichtet.
"Es herrscht sehr großer Unmut, wir fühlen uns hintergangen", sagte Lena Ruf. Dass die Stadtbau dort bezahlbaren Wohnraum schaffen möchte, bezeichnete sie als "Totschlagsargument". Die Nachbarn wehren sich nicht nur deshalb gegen die Bebauung, weil einige Bäume gefällt und durch neue an anderer Stelle ersetzt werden müssen. Sie befürchten außerdem eine Verschattung ihrer Wohnhäuser und mehr Verkehr, Lärm und Abgase durch das Parkhaus und die Kindertagesstätte. Eine Frau sprach sogar von "Diskriminierung" durch die geplante Kita: Sie arbeite im Schichtdienst und werde dann nicht mehr ausschlafen können.
OB Schuchardt: Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum
Die geplanten Wohnungen soll die Stadtbau lieber an anderer Stelle errichten, zum Beispiel am Hubland oder auch auf dem Gelände des ehemaligen "Russischen Hauses" zwischen Versbacher Straße und Schwarzenberg. Der OB verwies auf andere Projekte des städtischen Wohnungsbau-Unternehmens mit verträglicher Nachverdichtung und nannte als Beispiel das Bossi-Viertel in Grombühl. "Es ist eine der Aufgaben der Stadtbau, gut zu bauen. Wir werden ihnen heute bestimmt nicht sagen, dass wir das Projekt stoppen", betonte Schuchardt: "Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum, und irgendwo müssen wir auch Kindertagesstätten bauen."
Die Erklärungs- und Vermittlungsversuche des OB hatten wenig bis keinen Erfolg, den nächsten Versuch sollen die Planer der Stadtbau in einer Informationsveranstaltung für die betroffenen Mieter unternehmen. Durch die lange Diskussion traten andere Themen aus Würzburgs kleinstem Stadtteil mit seinen rund 5000 Einwohnern in den Hintergrund. Unter anderem wurden zuletzt mit staatlicher Förderung insgesamt fast vier Millionen Euro in die Sanierung der Kindertagesstätte St. Albert und in die Umgestaltung des Kirchplatzes St. Albert investiert, die im kommenden Sommer abgeschlossen wird.
In der ehemaligen Sparkassenfiliale entsteht ein sozialer und kultureller Aktionsraum für den Stadtteil, die Wolffskeel-Realschule bekommt einen neuen Sportplatz. Noch kein grünes Licht von der Regierung von Unterfranken gibt es laut Bürgermeisterin Judith Roth-Jörg für die geplante Erweiterung der Gustav-Walle-Schule: "Es ist schade, dass wir der Genehmigung hinterher laufen müssen. Wir planen dort moderne Lernformen und würden gerne schneller vorankommen."
Ich gehe davon aus, dass die Fläche der Bestandshäuser mal Grün- bzw. Freifläche waren.
Das hat nichts damit zu tun, dass man einfach wegziehen kann und sich eine (günstigere? Wo?) Wohnung suchen kann, wenn einem der Ausblick nicht mehr passt!
Schauen Sie sich mal den Plan an: Da bleibt vergleichsweise noch viel Grünfläche übrig. Durch Nachverdichtung neuen Wohnraum schaffen ist die Lösung mit den geringsten Umweltauswirkungen. Straßen, Versorgungsleitungen, ÖPNV-Anbindung usw., das ist alles schon da. Bei einem Bau auf der "grünen Wiese" braucht man das alles zusätzlich neu. Hinzu kommt dann vermutlich ein längerer Weg zum Arbeitsplatz, zum Einkaufen, der meist mit dem Auto zurückgelegt wird.
Und ja, es ist schade um die Bäume, aber insgesamt ist das aus ökologischer Sicht keine schlechte, sondern eine sehr gute Lösung.
Und andere Menschen freuen sich bestimmt auch über den von der Stadtbau dort neu geplanten, in Würzburg dringend benötigten neuen Wohnraum.