zurück
Lindleinsmühle
Protest gegen geplante Wohnbebauung in der Lindleinsmühle Würzburg: "Es tut weh, wenn die Grünfläche wegkommt"
Bei einer Bürgerversammlung in der Gustav-Walle-Schule ging es eineinhalb Stunden lang um die geplanten Wohnhäuser mit Kita und Parkhaus in der Bayernstraße.
Auf dieser Grünfläche in der Lindleinsmühle sind neue Wohnbauten der Würzburger Stadtbau geplant.
Foto: Torsten Schleicher | Auf dieser Grünfläche in der Lindleinsmühle sind neue Wohnbauten der Würzburger Stadtbau geplant.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:36 Uhr

Es hätte eine relativ kurze und auch harmonische Bürgerversammlung in der Würzburger Lindleinsmühle werden können – wäre da nicht die geplante Nachverdichtung der Stadtbau GmbH auf ihrem Grundstück in der Bayernstraße. Die Bewohner der benachbarten Stadtbau-Häuser wollen das Projekt stoppen, eine Gruppe von ihnen protestierte vehement gegen die Pläne. Oberbürgermeister Christian Schuchardt bemühte sich eineinhalb Stunden lang vergeblich, zu vermitteln und um Verständnis für die Planungen zu werben.

"Es tut weh, wenn die Grünfläche wegkommt", sagte ein Mann, der nach eigenen Worten seit 61 Jahren in der Bayernstraße wohnt. Mit diesem Satz begann in der Aula der Gustav-Walle-Schule am Dienstagabend eine lange und intensive Diskussion von Mieterinnen und Mietern aus den beiden Stadtbau-Häusern in der Bayernstraße mit dem OB und seinen Referenten auf dem Podium. Sprecherin für mehrere Bewohnerinnen und Bewohner war Lena Ruf, die am Ende der knapp dreistündigen Bürgerversammlung ein Protestschreiben mit 70 Unterschriften an Schuchardt übergab.

Geplant sind 44 neue Wohnungen, im Erdgeschoss eine Kita

Der Hintergrund: Ende September hat der Stadtrat mit großer Mehrheit durch eine Änderung des Bebauungsplans zwei Baufenster für neue Mietshäuser auf dem Stadtbau-Grundstück an der Ecke Bayern- und Frankenstraße geschaffen. Entstehen sollen dort 44 neue Wohnungen, alle im geförderten Wohnungsbau. Im Erdgeschoss eines der beiden Häuser entsteht eine Kindertagesstätte mit zwei Gruppen, auf einer bestehenden Parkplatz-Fläche wird außerdem ein mehrstöckiges Parkhaus für die Bewohner des Stadtbau-Quartiers errichtet.

Protest gegen geplante Wohnbebauung in der Lindleinsmühle Würzburg: 'Es tut weh, wenn die Grünfläche wegkommt'

"Es herrscht sehr großer Unmut, wir fühlen uns hintergangen", sagte Lena Ruf. Dass die Stadtbau dort bezahlbaren Wohnraum schaffen möchte, bezeichnete sie als "Totschlagsargument". Die Nachbarn wehren sich nicht nur deshalb gegen die Bebauung, weil einige Bäume gefällt und durch neue an anderer Stelle ersetzt werden müssen. Sie befürchten außerdem eine Verschattung ihrer Wohnhäuser und mehr Verkehr, Lärm und Abgase durch das Parkhaus und die Kindertagesstätte. Eine Frau sprach sogar von "Diskriminierung" durch die geplante Kita: Sie arbeite im Schichtdienst und werde dann nicht mehr ausschlafen können.

OB Schuchardt: Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum

Die geplanten Wohnungen soll die Stadtbau lieber an anderer Stelle errichten, zum Beispiel am Hubland oder auch auf dem Gelände des ehemaligen "Russischen Hauses" zwischen Versbacher Straße und Schwarzenberg. Der OB verwies auf andere Projekte des städtischen Wohnungsbau-Unternehmens mit verträglicher Nachverdichtung und nannte als Beispiel das Bossi-Viertel in Grombühl. "Es ist eine der Aufgaben der Stadtbau, gut zu bauen. Wir werden ihnen heute bestimmt nicht sagen, dass wir das Projekt stoppen", betonte Schuchardt: "Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum, und irgendwo müssen wir auch Kindertagesstätten bauen."

So sieht das geplante Parkdeck im Entwurf aus: Die Stadtbau GmbH will zwischen Bayern- und Frankenstraße in der Lindleinsmühle 44 neue Sozialwohnungen bauen.
Foto: Visualisierung Stadtbau GmbH | So sieht das geplante Parkdeck im Entwurf aus: Die Stadtbau GmbH will zwischen Bayern- und Frankenstraße in der Lindleinsmühle 44 neue Sozialwohnungen bauen.

Die Erklärungs- und Vermittlungsversuche des OB hatten wenig bis keinen Erfolg, den nächsten Versuch sollen die Planer der Stadtbau in einer Informationsveranstaltung für die betroffenen Mieter unternehmen. Durch die lange Diskussion traten andere Themen aus Würzburgs kleinstem Stadtteil mit seinen rund 5000 Einwohnern in den Hintergrund. Unter anderem wurden zuletzt mit staatlicher Förderung insgesamt fast vier Millionen Euro in die Sanierung der Kindertagesstätte St. Albert und in die Umgestaltung des Kirchplatzes St. Albert investiert, die im kommenden Sommer abgeschlossen wird.

Etwa 80 Menschen aus dem Stadtteil waren zur Bürgerversammlung in der Lindleinsmühle gekommen.
Foto: Patrick Wötzel | Etwa 80 Menschen aus dem Stadtteil waren zur Bürgerversammlung in der Lindleinsmühle gekommen.

In der ehemaligen Sparkassenfiliale entsteht ein sozialer und kultureller Aktionsraum für den Stadtteil, die Wolffskeel-Realschule bekommt einen neuen Sportplatz. Noch kein grünes Licht von der Regierung von Unterfranken gibt es laut Bürgermeisterin Judith Roth-Jörg für die geplante Erweiterung der Gustav-Walle-Schule: "Es ist schade, dass wir der Genehmigung hinterher laufen müssen. Wir planen dort moderne Lernformen und würden gerne schneller vorankommen."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Lindleinsmühle
Patrick Wötzel
Christian Schuchardt
Regierung von Unterfranken
Wohnen in Würzburg
Wohnhäuser
Wohnungsbau
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Irene Durak
    Wenn man in Wü einfach so eine bezahlbare Wohnung finden würde, dann wäre die ganze Diskussion wohl kleiner ausgefallen. Tatsache ist, dass die langjährigen Mieter der Bayernstraße auf ihre günstigen (und erst kürzlich sanierten) Wohnungen angewiesen sind. Die Mieter vor vollendete Tatsachen zu stellen und dann auch der Beschwichtigungsversuch vom OB à la "es ist schon alles unter Dach und Fach" - beides eine Frechheit.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Alfred Holler
    Nicht bei mir: Mit den dringend benötigten Wohnungen ist es scheinbar wie z. B. mit den Kindergärten: (fast) jeder fordert sie, aber keiner will sie "vor seiner Nase" haben.
    Ich gehe davon aus, dass die Fläche der Bestandshäuser mal Grün- bzw. Freifläche waren.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Barbara Humm
    Wir sind mit unserem Wohnmobil in ganz Deutschland unterwegs und bekommen immer wieder mit, dass in Städten von der Größe wie Würzburg bei Neubaugebieten immer wieder darauf geachtet wird, dass viele Grünflächen eingeplant werden. Nur in Würzburg werden Grünflächen immer weniger und es gibt immer mehr Nachverdichtung. Siehe auch Zellerau Friedrichstraße. Dort war eine kleine Grünfläche über Jahrzehnte von der Stadt als Erholungsfläche angegeben und unverkäuflich. Bis die Beethoven-Gruppe kam und jetzt ein großes Mehrfamilienhaus entsteht mit Wohnungen, die sich eine normal verdienende Familie oder ein Rentner wahrscheinlich nicht leisten kann….
    Das hat nichts damit zu tun, dass man einfach wegziehen kann und sich eine (günstigere? Wo?) Wohnung suchen kann, wenn einem der Ausblick nicht mehr passt!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Christine Gerhardt
    Wir brauchen die Grünflächen dringend, dort sind alte gesunde und schöne Bäume, die so wichtig sind. Ich kann die Anwohner verstehen. Keine möchte nur noch von Stein umgeben sein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus Krug
    @Christine Gerhardt:
    Schauen Sie sich mal den Plan an: Da bleibt vergleichsweise noch viel Grünfläche übrig. Durch Nachverdichtung neuen Wohnraum schaffen ist die Lösung mit den geringsten Umweltauswirkungen. Straßen, Versorgungsleitungen, ÖPNV-Anbindung usw., das ist alles schon da. Bei einem Bau auf der "grünen Wiese" braucht man das alles zusätzlich neu. Hinzu kommt dann vermutlich ein längerer Weg zum Arbeitsplatz, zum Einkaufen, der meist mit dem Auto zurückgelegt wird.

    Und ja, es ist schade um die Bäume, aber insgesamt ist das aus ökologischer Sicht keine schlechte, sondern eine sehr gute Lösung.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus Krug
    Das Gute daran, wenn man dort Mieter ist: Man kann kündigen und wegziehen, wenn einem der Ausblick aus dem Fenster der Mietwohnung nicht mehr gefällt. Und damit gleichzeitig anderen durch das Freimachen von preisgünstigem Stadtbau-Wohnraum eine Freude machen.

    Und andere Menschen freuen sich bestimmt auch über den von der Stadtbau dort neu geplanten, in Würzburg dringend benötigten neuen Wohnraum.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten