Gut sechs Monate nach der offiziellen Eröffnung der neu gestalteten Fußgängerzone in der Würzburger Spiegel- und Eichhornstraße sieht es bereits so aus, als sei der Lack ab – zumindest an einigen Stellen. Aus der einst gleichmäßig hellgrauen Pflasterung ist an vielen Stellen ein steinerner Fleckenteppich geworden. Für die schwarze Punktierung sorgen alte Kaugummis.
Dass das unschön ist, finden auch Stadträte von ÖDP und SPD. Sie haben in Anträgen formuliert, dass sich die Stadtverwaltung Gedanken machen solle, wie man die Pflastersteine wieder zum Strahlen bringen kann. Dafür hat die Stadt drei Firmen gebeten, spezielle Reinigungstechniken auf dem immerhin 200 Euro pro Quadratmeter teuren Granit vorzuführen. Das erste Gerät, eine sogenannte Nassschrubbmaschine, fiel komplett durch. Die zweite Spezialreinigungsmaschine brachte zwar mittelmäßige Ergebnisse, diese stehen laut Stadtverwaltung aber in keinem Verhältnis zu den Anschaffungskosten von 385 000 Euro.
Eine Maschine namens "i-Gum"
Die dritte Maschine brachte dann mehr Hoffnung. Der Granit war nach der Reinigung deutlich erhellt. Im Anschluss daran kam die Kaugummi-Entfernungsmaschine mit dem futuristisch klingenden Namen "i-Gum" zum Einsatz, die mit Wasserdampf und einem leistungsfähigen Akku arbeitet.
Doch, wo vorher dunkle Flecken auf dem Pflaster zu sehen waren, stachen nach der Reinigung nun auffällig helle Flecken ins Auge. Auch diese Reinigung fiel deswegen – und wegen des personal- und zeitintensiven Unterfangens – durch. Das Fazit der Aktion: "Nach circa acht Wochen ist von den Reinigungsmaßnahmen auf der Referenzfläche in der Eichhornstraße nichts mehr zu sehen", so die Stadtverwaltung. Der Belag habe wieder seine natürliche "Patina", bedingt durch Straßenschmutz und Reifenabrieb.
Stadtmarketing: Fußgängerzone muss attraktiv bleiben
Begeisterung löst diese Form von "Patina" bei Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Stadtmarketings „Würzburg macht Spaß“, jedenfalls nicht aus. "Wir bieten Touristen eine Fußgängerzone an, die aussieht wie ein Fußabstreifer", findet er. Kurz nach Fertigstellung der Kaiserstraße habe ein Unternehmen eine Reinigungsmaschine präsentiert, die ordentliche Ergebnisse geliefert hätte. Wenn es nach Weier geht, sollte die Stadt weiter darüber nachdenken, wie das Pflaster wieder schöner wird, um die Attraktivität der Fußgängerzone zu erhalten. "Zurücklehnen ist der falsche Weg", meint er.
"Eichhörnchen"-Sprecher: Fußgängerzone ist gelungen
Joachim Drescher, Sprecher der Straßengemeinschaft Neue Mitte, plädiert vor allem an die Eigenverantwortung. Denn Dreck in Fußgängerzonen gebe es überall und auch unabhängig vom Belag. "Bei den hellen Pflastern hier fällt er eben schneller auf", so Drescher. Was ihn stört, sind Verschmutzungen, die beispielsweise von Passanten hinterlassen oder nach verschiedenen Festen von Standbetreibern nicht weggeräumt werden. Dort wünsche er sich verstärkte Kontrollen, beispielsweise von städtischer Seite."Unterm Strich wird die Fußgängerzone aber absolut positiv wahrgenommen", sagt er.
Stadt verteidigte Granit-Wahl
Dass möglicherweise das falsche, weil zu anfällige Pflaster für die Eichhornstraße gewählt wurde, verneinte die Stadtverwaltung, nachdem es 2016 zu einem größeren Malheur gekommen war. Damals sorgte eine defekte Kehrmaschine für lange Ölspuren auf dem Pflaster. Die Stadt verteidigte den Granit, da er als einer der wenigen Naturbaustoffe beständig gegen sämtliche Umwelteinflüsse im Außenbereich sei. Das in der Eichhornstraße verbaute Material werde seit über 100 Jahren abgebaut und als Straßenbaustoff verwendet. Auch andere Städte griffen auf Granit für Bordsteine oder Pflaster zurück.
Und die haben ähnliche Probleme. Vor mehreren Jahren wurde beispielsweise das Pflaster in der Göttinger Innenstadt ausgetauscht. Als Schande für die Stadt bezeichneten Passanten den Bodenbelag laut Göttinger Tageblatt. Denn das Pflaster ziehe Schmutz zu leicht an, die Reinigung stellte auch dort die Stadtverwaltung vor eine Herausforderung. Eine Spezialmaschine konnte in Tests jedoch überzeugen.
In Opladen, einem Stadtteil von Leverkusen, sieht es ähnlich aus. Auch dort ist die neu gestaltete Fußgängerzone bereits verschmutzt. Eine Reinigung wurde ausgeschrieben – aber keiner wollte den Auftrag. In Wesel gehen die Stadtreiniger nun in die Offensive, um zumindest Kaugummiflecken zu verhindern. "Ne Stunde gekaut, die Stadt versaut" lesen Passanten dort auf Plakaten. Wer beim Ausspucken von Kaugummi erwischt wird, muss mit einem Verwarnungsgeld von 50 Euro rechnen.
Stadt ist in Gesprächen mit Granithersteller
Doch wie geht es nun in Würzburg weiter? Die Stadtverwaltung klang nach den Tests der Reinigungsmaschinen wenig begeistert. "Die Verschmutzungen sind tief in die Poren des Granitpflasters eingedrungen", sagt Claudia Lother von der Pressestelle. Da die Maschinen keinen ausreichenden und dauerhaften Effekt gebracht hätten, will das Rathaus das Problem nun anderweitig angehen. "Die Stadt Würzburg steht in Gesprächen mit dem Hersteller des Granitpflasters, um weitere Möglichkeiten der Reinigung zu erörtern", so Lother.
Nebenbei: Wie lange funktionieren wohl die beleuchteten Orientierungsleisten im Boden?