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Würzburg
Pflaster-Problem: Bleibt Würzburgs Fußgängerzone fleckig?
Sie sind hell, hochwertig und teuer: Viele neu verlegten Granitplatten in Würzburg sind schon stark verschmutzt. Doch Reinigungsversuche sind bisher gescheitert.
Versautes Pflaster: Eichhorn-, Spiegel- und Kaiserstraße haben bei deren Sanierung auch ein neues, teures Granit-Pflaster bekommen. Nur verschmutzt dieses schnell und alle Reinigungsversuche scheiterten bisher.
Foto: Patty Varasano | Versautes Pflaster: Eichhorn-, Spiegel- und Kaiserstraße haben bei deren Sanierung auch ein neues, teures Granit-Pflaster bekommen. Nur verschmutzt dieses schnell und alle Reinigungsversuche scheiterten bisher.
Lucas Kesselhut
Lucas Kesselhut
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:30 Uhr

Gut sechs Monate nach der offiziellen Eröffnung der neu gestalteten Fußgängerzone in der Würzburger Spiegel- und Eichhornstraße sieht es bereits so aus, als sei der Lack ab – zumindest an einigen Stellen. Aus der einst gleichmäßig hellgrauen Pflasterung ist an vielen Stellen ein steinerner Fleckenteppich geworden. Für die schwarze Punktierung sorgen alte Kaugummis.

Dass das unschön ist, finden auch Stadträte von ÖDP und SPD. Sie haben in Anträgen formuliert, dass sich die Stadtverwaltung Gedanken machen solle, wie man die Pflastersteine wieder zum Strahlen bringen kann. Dafür hat die Stadt drei Firmen gebeten, spezielle Reinigungstechniken auf dem immerhin 200 Euro pro Quadratmeter teuren Granit vorzuführen. Das erste Gerät, eine sogenannte Nassschrubbmaschine, fiel komplett durch. Die zweite Spezialreinigungsmaschine brachte zwar mittel­mäßige Ergebnisse, diese stehen laut Stadtverwaltung aber in keinem Verhältnis zu den Anschaffungskosten von 385 000 Euro.

Eine Maschine namens "i-Gum"

Die dritte Maschine brachte dann mehr Hoffnung. Der Granit war nach der Reinigung deutlich erhellt. Im Anschluss daran kam die Kaugummi-Entfernungsmaschine mit dem futuristisch klingenden Namen "i-Gum" zum Einsatz, die mit Wasserdampf und einem leistungsfähigen Akku arbeitet.

Doch, wo vorher dunkle Flecken auf dem Pflaster zu sehen waren, stachen nach der Reinigung nun auffällig helle Flecken ins Auge. Auch diese Reinigung fiel deswegen – und wegen des personal- und zeitinten­siven Unterfangens – durch. Das Fazit der Aktion: "Nach circa acht Wochen ist von den Reinigungsmaßnahmen auf der Referenzfläche in der Eichhornstraße nichts mehr zu sehen", so die Stadtverwaltung. Der Belag habe wieder seine natürliche "Patina", bedingt durch Straßenschmutz und Reifenabrieb.

"Nach circa acht Wochen ist von den Reinigungsmaßnahmen nichts mehr zu sehen."
Fazit der Stadtverwaltung
2016 ist es in der Eichhornstraße zu einem größeren Malheur gekommen. Eine defekte Kehrmaschine der „Stadtreiniger“ sorgte für lange Ölspuren auf dem Pflaster.
Foto: Thomas Obermeier | 2016 ist es in der Eichhornstraße zu einem größeren Malheur gekommen. Eine defekte Kehrmaschine der „Stadtreiniger“ sorgte für lange Ölspuren auf dem Pflaster.

Stadtmarketing: Fußgängerzone muss attraktiv bleiben

Begeisterung löst diese Form von "Patina" bei Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Stadtmarketings „Würzburg macht Spaß“, jedenfalls nicht aus. "Wir bieten Touristen eine Fußgängerzone an, die aussieht wie ein Fußabstreifer", findet er. Kurz nach Fertigstellung der Kaiserstraße habe ein Unternehmen eine Reinigungsmaschine präsentiert, die ordentliche Ergebnisse geliefert hätte. Wenn es nach Weier geht, sollte die Stadt weiter darüber nachdenken, wie das Pflaster wieder schöner wird, um die Attraktivität der Fußgängerzone zu erhalten. "Zurücklehnen ist der falsche Weg", meint er.

"Eichhörnchen"-Sprecher: Fußgängerzone ist gelungen

Joachim Drescher, Sprecher der Straßengemeinschaft Neue Mitte, plädiert vor allem an die Eigenverantwortung. Denn Dreck in Fußgängerzonen gebe es überall und auch unabhängig vom Belag. "Bei den hellen Pflastern hier fällt er eben schneller auf", so Drescher. Was ihn stört, sind Verschmutzungen, die beispielsweise von Passanten hinterlassen oder nach verschiedenen Festen von Standbetreibern nicht weggeräumt werden. Dort wünsche er sich verstärkte Kontrollen, beispielsweise von städtischer Seite."Unterm Strich wird die Fußgängerzone aber absolut positiv wahrgenommen", sagt er.

"Wir bieten Touristen eine Fußgängerzone an, die aussieht wie ein Fußabstreifer."
Wolfgang Weier, Stadtmarketing

Stadt verteidigte Granit-Wahl

Dass möglicherweise das falsche, weil zu anfällige Pflaster für die Eichhornstraße gewählt wurde, verneinte die Stadtverwaltung, nachdem es 2016 zu einem größeren Malheur gekommen war. Damals sorgte eine defekte Kehrmaschine für lange Ölspuren auf dem Pflaster. Die Stadt verteidigte den Granit, da er als einer der wenigen Naturbaustoffe beständig gegen sämtliche Umwelteinflüsse im Außenbereich sei. Das in der Eichhornstraße verbaute Material werde seit über 100 Jahren abgebaut und als Straßenbaustoff verwendet. Auch andere Städte griffen auf Granit für Bordsteine oder Pflaster zurück.

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Und die haben ähnliche Probleme. Vor mehreren Jahren wurde beispielsweise das Pflaster in der Göttinger Innenstadt ausgetauscht. Als Schande für die Stadt bezeichneten Passanten den Bodenbelag laut Göttinger Tageblatt. Denn das Pflaster ziehe Schmutz zu leicht an, die Reinigung stellte auch dort die Stadtverwaltung vor eine Herausforderung. Eine Spezialmaschine konnte in Tests jedoch überzeugen.

In Opladen, einem Stadtteil von Leverkusen, sieht es ähnlich aus. Auch dort ist die neu gestaltete Fußgängerzone bereits verschmutzt. Eine Reinigung wurde ausgeschrieben – aber keiner wollte den Auftrag. In Wesel gehen die Stadtreiniger nun in die Offensive, um zumindest Kaugummiflecken zu verhindern. "Ne Stunde gekaut, die Stadt versaut" lesen Passanten dort auf Plakaten. Wer beim Ausspucken von Kaugummi erwischt wird, muss mit einem Verwarnungsgeld von 50 Euro rechnen.

Stadt ist in Gesprächen mit Granithersteller

Doch wie geht es nun in Würzburg weiter? Die Stadtverwaltung klang nach den Tests der Reinigungsmaschinen wenig begeistert. "Die Verschmutzungen sind tief in die Poren des Granitpflasters eingedrungen", sagt Claudia Lother von der Pressestelle. Da die Maschinen keinen ausreichenden und dauerhaften Effekt gebracht hätten, will das Rathaus das Problem nun anderweitig angehen. "Die Stadt Würzburg steht in Gesprächen mit dem Hersteller des Granitpflasters, um weitere Möglichkeiten der Reinigung zu erörtern", so Lother.

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  • K. D.
    Schaut man z.B auf die seit Jahrhunderten bestehenden „Fußgängerzonen“ Zadar‘s und Dubrovnik‘s (Kroatien)bekommt man die Unfähig-und Kurzsichtigkeit Würzburger „Baukunst“ deutlichst vor Augen geführt! Damals wußte man noch mit Geldern Anderer umzugehen.Was machen doch unsereStadträte/innen für jeden“Blödsinn“ Dienstreisen um sich angeblich auch in anderen Städten über anstehende Probleme kundig zu machen.Warum ist dies in diesem Fall unterblieben? Würzburg hat eine neue Fußgängerzone die auf Grund ihrer faden,leblosen Erscheinung eher zum Suizid als zur Freude gereicht!!!
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  • K. D.
    Da hat Würzburg ein weiteres Erinnerungsbauwerk an den von Unfähigkeit gequälten Baureferenten Baumgart und die absolute Hörigkeit des Würzburger Stadtrates auf dessen viel gerühmte Rhetorik.Ein angeblicher „Steinspezialist“ wie Stadtrat Josef Hofmann (Steinwelten) hat hier bei der Auswahl des Bodenbelages ebenfalls jämmerlich versagt!!!
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  • H. M.
    Hauptgrund für die Verschmutzung sind wir doch alle selbst!! Also sollte sich jeder an die eigene Nase fassen! Das Ausspucken von Kaugummis ist schon immer eine Unart gewesen und wird es auch immer bleiben. Man wünsche sich denjenigen, die dieser Unart frönen, dass sie selbst in einen frisch ausgespuckten Kaugummi treten und sich damit die Schuhe versauen. Andererseits sind die Mülleimer in einem blöden Grau gehalten, so dass diese nicht aus dem Einheitsgrau der Innenstadt hervorstechen! Das habe ich schon öfter kommentiert. Mülleimer müssen doch deutlich sichtbar sein, damit sie auch genutzt werden können. Ein leuchtendes Rot wäre da sehr hilfreich. Das würde erstens dazu beitragen, dass Passanten sehen, wo der nächste Mülleimer steht und zweitens wenigstens etwas Farbe in die Innenstadt bringen. Das Umlackieren kann doch nicht so schwer sein. Fragt mal die Graffiti-Sprayer die wissen wie so was geht.
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  • B. E.
    Hm... irgendwie wurde über Jahrhunderte heimischer Kalkstein verbaut und auch heute noch an vielen Stellen präsent. Sicher, die allermeiste Zeit ohne Autoverkehr, aber soooo dramatisch ist der in einer Fußgängerzone eher nicht, oder? Viele Steinlagen/-qualitäten, davon immerhin einige sehr belastbare. Kurze Lieferwege, heimische Wirtschaft ... ganz verstehe ich die Entscheidung eh nicht. Lasse es mir aber gerne erklären.
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  • R. D.
    Gedanken hätte man sich machen sollen bevor man einen solchen empfindlichen und überteuerten Belag installiert hat.
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  • H. S.
    Es ist ein altes Problem, dass immer wieder bei öffentlichen Investitionen zutage tritt: Man macht sich keinen Kopf über Folgekosten. Man denkt nicht daran, dass irgendwann repariert oder gereinigt werden muss. Siehe Steinplatten am Kulturspeicher, am Forum, gepflasterte Fußwege (nach zwei Jahren defekt), Straßenbegleitgrün oder Fußgängerzonen. Man wählt die teuerste weil schönste Bauweise und stellt dann überraschenderweise fest, Pflaster verträgt keine Kaugummis. Simpler preiswerter Asphalt hätte es auch getan. Er würde den Geldbeutel schonen, Kaugummiflecken wären unsichtbar (weil gleiches Grundmaterial), bei Bedarf ließe er sich abfräsen. Aber keinen im Rathaus oder Stadtrat interessiert das, denn es ist ja nicht das eigene Geld, das hier hinausgeworfen wird.
    Nebenbei: Wie lange funktionieren wohl die beleuchteten Orientierungsleisten im Boden?
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  • S. B.
    Eine grauenhafte, komplett asphaltierte Fußgängerzone ist sicher keine ansprechendere Lösung als ein Pflaster, das etwas angraut.
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