Mit seiner Empfehlung zum Bau von Radwegen in der Weißenburgstraße hat der Radverkehrsbeirat Ärger und Unverständnis in der Zellerau ausgelöst: Anwohner wehren sich vehement gegen den möglichen Wegfall von mehr als 80 Stellplätzen zwischen dem Kreisverkehr am Friedrich-Koenig-Gymnasium und der Einmündung Moscheeweg. Der Straßenabschnitt könnte zum Präzedenzfall für andere Bereiche in der Stadt werden.
Mittwochabend, kurz nach 18 Uhr: Im dicht besiedelten Teil der Zellerau zwischen Weißenburg- und Frankfurter Straße sind freie Pkw-Stellplätze absolute Mangelware, teilweise wird in zwei Reihen geparkt – zum Beispiel in der Hartmannstraße. An der Bushaltestelle "Friedrich-König-Gymnasium" haben sich einige Anwohner versammelt, um der Redaktion zu schildern, was sie vom Votum des Radverkehrsbeirats halten - nämlich überhaupt nichts.
Für den Wegfall von 86 Stellplätzen votierten 22 Beiratsmitglieder
Das Tiefbauamt hatte dem Gremium drei mögliche Varianten zur Verbesserung des Radverkehrs in der Weißenburgstraße vorgestellt. Der geringste Eingriff sieht eine Verlegung der Stellplätze Richtung Gehsteig vor, um Platz für so genannte Schutz- oder Angebotsstreifen zu schaffen – siehe Frankfurter Straße. Wenn gut 55 Stellplätze entfernt werden, könnten zwei Meter breite Radwege angelegt werden. Um baulich getrennte Radwege mit der Standardbreite von 2,30 Metern – entsprechend dem einstimmigen Radentscheid des Stadtrats vor zwei Jahren – bauen zu können, müssten sämtliche 86 Stellplätze zwischen Kreisverkehr und Moscheeweg weichen. Dafür haben sich 22 der 24 Beiratsmitglieder ausgesprochen.
"Die Leute haben keine Ahnung. Die wohnen nämlich nicht hier", schimpft ein verärgerter Mann, der anonym bleiben möchte. Eindeutiger Tenor des Gesprächs mit den Anwohnern: Die Stellplätze werden dringend gebraucht. "Ich musste meine Einkäufe schon aus der Friedrichstraße hierher schleppen. Es gibt viele Familien mit Kindern und Senioren, die Parkplätze sind nötig", betont Ibrahim Ayaz als Bewohner der Weißenburgstraße.
"Wir sind für sichere Radwege, aber man muss angepasst planen", sagt Klaus Friedrich, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Zellerau. Keiner der zahlreichen großen Wohnblöcke habe eigene Stellplätze: "In einer Siedlung mit Einfamilienhäusern, wo jeder seine eigene Garage hat, kann man so etwas machen. Aber hier geht das nicht."
Die Anwohner können nicht nachvollziehen, warum ausgerechnet dieser Abschnitt der Weißenburgstraße umgebaut werden soll: "Ich bin viel mit dem Rad unterwegs, aber hier sehe ich die Notwendigkeit einfach nicht", sagt Familienvater Michel Fungate. Derzeit sind die teilweise drei Meter breiten Gehwege für den Radverkehr freigegeben.
Geschäftsleute bangen um ihre Einnahmen
"Es fahren viele Radfahrer auf dem Gehweg, und es funktioniert", weiß Heidi Busch. Sie ist Inhaberin der Fliesen-Ecke in der Weißenburgstraße 32 und sagt: "Es ist mir ein Rätsel, wie wir noch etwas verkaufen sollen, wenn hier nicht mehr geparkt werden kann." Auch Andreas Mensing von der Würzburger Tafel mag sich einen Wegfall der Stellplätze nicht vorstellen, und das Team des benachbarten Kindergartens ebenfalls nicht: Die Mitarbeiterinnen seien auf die Stellplätze ebenso angewiesen wie Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto in die Kita bringen, so Leiterin Lisa Labisch.
Beschlossen ist noch nichts, der Planungsprozess ist noch nicht abgeschlossen, wie Stadtsprecher Christian Weiß auf Anfrage mitgeteilt hat. Wann das Thema im zuständigen Ausschuss für Planung, Umwelt und Mobilität des Stadtrats behandelt wird, sei derzeit noch offen.
Die Stadtbau GmbH hat sich ebenfalls gegen einen Wegfall von Stellplätzen ausgesprochen
Im jüngsten Ferienausschuss wollte die CSU-Fraktion die Planungen in der Weißenburgstraße bereits komplett einstellen lassen, scheiterte aber mit einem Eilantrag. "Wir sehen keinen Sinn darin. Man kann dort Fahrrad fahren, es gibt keine Schwierigkeiten", betonte Stadträtin Sonja Buchberger nach einem Ortstermin der CSU mit betroffenen Bürgern.
Im Verlauf der Diskussion wurde bekannt, dass sich auch die Stadtbau GmbH gegen einen Wegfall von Stellplätzen in der Zellerau ausgesprochen und als Alternative unter anderem vorgeschlagen hat, die Weißenburgstraße zur Fahrradstraße zu machen oder Tempo 30 einzuführen. Und es zeigte sich, dass der Bereich zum Präzedenzfall für künftige Radverkehrsplanungen in der Stadt werden könnte: "Wir werden in vielen anderen Stadtteilen vor ähnlichen Konflikten stehen", sagte Niklas Dehne von den Grünen. Er brachte die Idee eines Systems von Einbahnstraßen ins Spiel: "Damit könnte man die Zahl der Stellplätze sogar erhöhen."
wenn man als (fieser) Anwohner zur Rücksichtnahme auf den (armen) Durchgangsverkehr gezwungen wird... soll es einen verwundern, wenn alle die können lieber draußen auf der grünen Wiese wohnen wollen, wo man das Auto in die Garage stellen und die Stadt einem nicht einfach den Stellplatz streichen kann? Ist halt nur blöd, dass man dann mehr mit dem Auto fahren muss... auch in die Stadt, wenn es keinen vernünftigen ÖPNV gibt... aber mit den Leuten, die sich kein eigenes Haus leisten können, kann man sowas ja machen, denn die können sich nicht wehren... soll es einen verwundern, wenn die Leute insgesamt immer "wutbürgeriger" werden?
Warum in Wohngebieten nicht eine verkehrsberuhigte Zone einrichten, wo alle nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen und die Parkplätze erhalten bleiben? Da wäre mMn allen (auch der Verkehrssicherheit...) besser gedient als mit Extrawürsten für Auserwählte!
nee, da sollten Sie sich schon z. B. nach Grünsfeld oder Wiesenbronn orientieren...
Geheiligt werde Dein Parkplatz!
Traurig das in deutschen Städten im weg stehendes Blech für viele wichtiger ist, als Menschen auf den Weg von A nach B.
mMn wird andersrum ein Schuh daraus: warum müssen eigentlich alle kreuz und quer durch die Wohngebiete fahren und die, die da wohnen, sollen gefälligst ihre Fahrzeuge abstellen wo der Pfeffer wächst?
Seit Jahrzehnten wurde hierzulande der ÖP(N)V auf Sparflamme geköchelt, und jetzt soll auf einmal insbesondere die arbeitende Bevölkerung zusehen, wie sie ohne Auto klarkommt? Auch in Berufen, die Nachtdienst, Wochenendarbeit und/ oder Wechselschicht mit sich bringen? Das machen Sie sich ganz schön einfach...
Ich schaffe mein Auto ab, Sie schaffen sich eine Rikscha an und fahren mich bei Bedarf überall hin, wo ich hin will ob zu einem größeren Einkauf, in den Urlaub oder zu Verwandten ersuchen.
Bitte beachten Sie aber, dass Sie rund um die Uhr verfügbar sein müssen, und das 365 Tage im Jahr.
Des weiteren müssen Sie beachten, dass Sie mit der Rikscha die erforderlichen 60 km/h erreichen, um damit auch auf der Autobahn fahren zu können.
Und in Steigungsstrecken gilt:
Schwächeln gilt nicht.
Rund um die Uhr verfügbar, das ganze Jahr über.
Schaffen meist mehr als 100km/h und haben mit Steigungen keine Probleme.
Die Fahrzeuge sind meist hellelfenbein lackiert , treffen sich an Stellen, an denen sie besonders häufig benötigt werden oder kommen meist kurz nach Anruf an jede gewünschte Stelle.
In der Mainpost so: 1, 2, 3, Kommentare...
"In Würzburg fallen ein paar Parkplätze weg!"
In der Mainpost so: >53 Kommentare...
Das sind unsere Maßstäbe.
Mit der gleichen Ironie ein Tweet:
https://twitter.com/katjaberlin/status/1437143092650459145
deutschland so: "die welt steht kurz vor einer irreversiblen klimakatastrophe. welche auswirkungen wird das auf die pendlerpauschale haben?"
Ach wenn sie dass nächste mal doch die absolute Mehrheit bekämen wie wunderbar wär das!