„Miau, miau, miau, muh, muh, mäh“: Aus Burg Burg Brattenstein in Röttingen tönen verschiedenste Tiergeräusche. Sie kommen allerdings nicht von Katze, Kuh und Schaf, sondern von 26 Kindern der Grundschule Röttingen – die sich gerade von Kopf bis Fuß abklopfen, dabei singen und stampfen und sich so auf ihren Auftritt im Musical „Prinz Owi lernt König“ einstimmen. Vor der Bühne steht Frederike Faust, Leiterin des Jungen Theaters der Frankenfestspiele Röttingen, und treibt die Erst- bis Viertklässler energiegeladen durch das Warm-Up. Das Musical ist bereits die zweite Zusammenarbeit der Frankenfestspiele mit der Grundschule Röttingen; in der Saison 2016 hatte man als Pilotprojekt gemeinsam das Singspiel „Der kleine Tag“ auf die Bühne gebracht.
Am kommenden Wochenende stehen zwei Aufführungen von „Prinz Owi“ auf dem Programm der Frankenfestspiele – und die Verantwortlichen sind begeistert, wie sich das Junge Theater seit seiner Einführung im vergangenen Jahr entwickelt hat.
Zuvor hatte ein externes Kindertheater die Kinderfestspiele auf Burg Brattenstein bestritten; mit der Neuausrichtung des Kinderprogramms seit der Intendanz von Knut Weber möchte man ein jüngeres Publikum für Theater interessieren und die regionale Bedeutung der Frankenfestspiele untermauern. „Wir sind alle mit den Projekten gewachsen“, sagt Bettina Bumm.
Die Lehrerin der Grundschule Röttingen hat bei „Prinz Owi lernt König“ die Gesamtleitung inne und war bereits bei „Der kleine Tag“ als Regisseurin tätig. „Das Musical-Projekt bringt fürs Selbstbewusstsein der Kinder unheimlich viel“, ist sie überzeugt. „Manche haben vorher mit ganz leiser Stimme gesprochen und melden sich seit den Proben auch im Unterricht viel lauter zu Wort.“ Auch Faust ist von der Entwicklung der Schüler begeistert: „Im Vorjahr hatte manches Kind noch eine kleine Sprechrolle, jetzt einen anspruchsvollen Gesangspart.“
„Nach zwe Stunden Proben sind die Kinder durch“
„Nach vorne kucken“, „es wird nicht an den Kulissen herumgespielt“, Finger aus der Nase!“ – immer wieder erinnert das Regie-Team die Kinder daran, dass auf der Bühne nichts verborgen bleibt. „Nach den Lieder nicht sprechen, das Publikum hört euch“, ermahnt Faust den Chor. Natürlich sei die Zusammenarbeit mit Grundschülern anders als die mit Jugendlichen oder Erwachsenen: „Als wir im Oktober mit dem Stück begonnen haben, konnten die Erstklässler noch nicht lesen“, so Faust. Deswegen sei man musikalisch über die Lieder eingestiegen und habe erst ab Januar mit dem schauspielerischen Part begonnen. Und: „Die verkürzte Probenzeit auf der Bühne ist eine Herausforderung“, sagt Faust. Auch wenn nach zwei Stunden noch längst nicht jede Szene und jeder Song sitzt: „Die Schüler sind dann einfach durch.“
Für Bumm lagen die größten Aufgaben bereits in der Anfangsphase: „Alle Kinder unter einen Hut zu bringen, dass jedes eine Rolle hat, mit der es sich identifizieren kann, Probenpläne erstellen, Texte lernen.“ „Ich hab‘ daheim immer wieder meinen Text durchgelesen; Mama hat mitgeübt und die anderen Rollen gespielt“, erklärt Anna Herwarth (Tanne „Douggy“); Prinz Owi alias Natalie Bätz nickt zustimmend.
Kostenloses Theater-Angebot für Schulen
Auch die Eltern sind wichtiger Teil des Musical-Projekts: Ein Team aus drei Müttern hat die Kulissen kreiert und mit Hilfe des Bauhofs erstellt; andere haben Kostüme genäht und sich bereit erklärt, die Kindern für die Auftritte zu schminken. „Das Musical-Projekt nimmt sehr viel Raum ein“, bestätigt Bumm. „Es steckt so viel Ehrenamt und Organisation dahinter; mit dem Kopf ist man oft beim Stück und überlegt, was man noch verbessern könnte.“ Was ihre Kollegin Simone Stachel (Choreografie) und sie motiviert hat, immer wieder Energie in das Extra-Projekt an einem Nachmittag pro Woche zu stecken? „Theater spielen ist für Kinder etwas Besonderes“, sagt Bumm. „Dass wir dies auf einer großen Bühne tun können, ist auch für uns Erwachsene toll.“
„An den Schulen freut man sich, dass wir als Junges Theater zu ihnen kommen – und ist überrascht, dass unser Angebot nichts kostet“, sagt Faust. Um die Sparte „Junges Theater“ einzuführen, habe man 54 Schulen aus dem Landkreis Würzburg und Main-Tauber angeschrieben. „Mein Gedanke war: 'Wenn drei mitmachen möchten, wäre das toll.“ Inzwischen arbeitet Faust mit neun Schulen zusammen, und das in verschiedenster Form: vom „Rundum-Paket“, in dem sie mit den Schülern zusammen ein Musical erarbeitet (unter anderem in Workshops, einem Probenbesuch sowie dem Besuch einer Aufführung) bis hin zu Theaterworkshops zu speziellen Themen. „Ziel ist, in der Region – auch über die Spielzeit der Frankenfestspiele hinaus – ein theaterpädagogisches Angebot anzubieten“, so Faust.
Begeisterte Kinder
Für die Spielzeit-Eröffnung am 27. Mai gibt es außerdem eine Kooperation mit Schulchören: Vier Chöre singen beim „Musikalischen Aperitif“ je zwei Stücke zwischen den gespielten Szenen des Festspiel-Ensembles. Ebenfalls ein neues Projekt Fausts ist der Chor des Jungen Theater der Frankenfestspiele, zu dem Kinder und Jugendliche im Alter von sieben bis 15 Jahren eingeladen sind.
In Planung fürs kommende Jahr ist außerdem ein Schulwettbewerb: „Ich möchte Musikgruppen und Schulklassen dazu motivieren, ein 30-minütiges Stück einzuüben und damit nach Röttingen zu kommen“, erklärt Faust. Die Chancen, dass dies gelingt, könnten gut stehen. Bei den Röttinger Grundschülern jedenfalls ist die Begeisterung deutlich zu spüren: Auf die Frage, was ihnen an ihrem Musical-Projekt am besten gefällt, fallen sich zwei Mädchen enthusiastisch ins Wort: „Das Singen– ach, eigentlich alles!“
„Prinz Owi lernt König“
Im Musical „Prinz Owi lernt König“ mit Dialogen von Wolfram Hänel geht es um Prinz Owi, der jeden Monat Weihnachten feiern will – und um den täglichen Wahnsinn rund ums Erziehen, Pubertieren und Aufwachsen. Die SchülerInnen der Grundschule Röttingen führen das Stück in Kooperation mit den Frankenfestspielen auf Burg Brattenstein auf. Empfohlen für Kinder ab acht Jahren.
Die Termine: Sonntag, 14. Mai, um 16 Uhr, sowie Montag, 15. Mai, um 10 Uhr. Tickets gibt es unter: www.frankenfestspiele.de, bei der Tourist-Information Röttingen Tel. (0 93 38) 97 28 55 und an der Tageskasse (60 Minuten vor Spielbeginn im Burghof). Bei Regen wird das Stück in die Burghalle verlegt.