
Bereits im städtischen "Aktionsplan Inklusion" aus dem Jahr 2014 steht der Wunsch nach einer Toilette für Menschen mit komplexen Behinderungen, für die eine normale Behindertentoilette nicht ausreicht. Gut zehn Jahre später wurde in der Gotengasse, direkt neben der öffentlichen WC-Anlage im Kiosk an der Polizeiinspektion, am Dienstag eine "Toilette für alle" offiziell eröffnet.
Die neue Anlage ist zwar geschlechtsneutral, die Bezeichnung "Toilette für alle" ist trotzdem etwas irreführend. Gemeint ist das Ziel, allen Menschen eine menschenwürdige und gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. "Es gibt viele Menschen, für die eine normale Behindertentoilette nicht ausreicht, weil sie zum Beispiel einen Personenlifter oder eine Liege benötigen. Dazu gehöre auch ich", sagte Julian Wendel, der Behindertenbeauftragte der Stadt.

Bisher musste er seine Besuche in der Innenstadt so planen, dass er nachmittags zwischen 14 und 16 Uhr wieder zu Hause war. "Jetzt kann ich in der Stadt spontan auf die Toilette. Das ist ein Riesengewinn für mich und andere Menschen mit Pflegebedarf", so Wendel. Seit 2018 gibt es zwar eine "Toilette für alle" in der Don-Bosco-Berufsschule am Schottenanger, die ist aber nur zu den Schulzeiten zugänglich und außerdem von der Innenstadt aus nicht gerade einfach zu erreichen.
Toilette in Würzburg Teil der Aktion "Bayern Barrierefrei"
"Damit hat Würzburg jetzt zwei mehr als zum Beispiel Berlin", berichtete Josefine Hille, Leiterin des Projekts "Toilette für alle" bei der Stiftung Leben pur, die sich die Verbesserung von Lebensqualität und Teilhabe für Menschen mit komplexen Behinderungen zum Ziel gesetzt hat. 175 gibt es mittlerweile in Deutschland, knapp sechzig davon in Bayern, wo das Projekt vom Sozialministerium und von der Aktion "Bayern Barrierefrei" gefördert wird.

Die relativ zentral gelegene "Toilette für alle" in der Gotengasse kann 24 Stunden täglich von Menschen benutzt werden, die sich gegen Vorlage ihres Schwerbehindertenausweises und gegen Pfand einen sogenannten Euroschlüssel bei der städtischen Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung geholt haben. Rund 50 WC-Schlüssel werden laut Julian Wendel dort pro Jahr ausgegeben.
370.000 Euro hat die Stadt in die erste "Toilette für alle" investiert. "Es ist ein Systembau, der an die örtlichen Verhältnisse angepasst wurde", so Baureferent Benjamin Schneider. Der Standort wurde wegen seiner zentralen Lage und danach ausgesucht, dass im Untergrund mit Strom- und Wasseranschlüssen die nötige Infrastruktur vorhanden war. Unter anderem hatte das Baureferat auch darüber nachgedacht, die Toilettenanlage am Sternplatz entsprechend barrierefrei umzubauen, was aber vor allem durch die Lage im Untergeschoss des Platzes erheblich teurer geworden wäre.
Spontane Bedürfnisse eines den Kriterien entsprechenden, womöglich eines Touristen, sind nicht möglich.
Susi Kortmann