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Würzburg
Ja zu Inklusion, nein zum Referendariat: Wie angehende Sonderpädagoginnen die Schule in Bayern verändern wollen
Vor einem Jahr sorgten Sonderpädagoginnen für Aufsehen, die aus Protest nach dem Studium an der Uni Würzburg nicht ins Referendariat gingen. Was seitdem passiert ist.
Fordern mit ihrer Initiative 'All in' die konsequente Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention an Bayerns Schulen: Die Sonderpädagoginnen (von links) Veronika Nützel, Lea Höfer, Marthe Haas und Katharina Arbogast.
Foto: Benjamin Brückner | Fordern mit ihrer Initiative "All in" die konsequente Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention an Bayerns Schulen: Die Sonderpädagoginnen (von links) Veronika Nützel, Lea Höfer, Marthe Haas und Katharina Arbogast.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 18.06.2024 09:14 Uhr

Sie vermissen in Bayern echte Inklusion an Schulen, gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung. Deshalb hatten sechs angehende Sonderpädagoginnen der Uni Würzburg im Sommer 2023 Konsequenzen gezogen: Aus Protest sind sie nach dem ersten Staatsexamen nicht ins Referendariat gegangen, sondern teilweise in andere Bundesländer ausgewichen.

Die Berichterstattung dieser Redaktion über die Initiative "All in" der Pädagoginnen fand Beachtung über Würzburg hinaus. Und nun, ein knappes Jahr später?

Initiative "All in" der Pädagoginnen aus Würzburg fühlt sich bestätigt

Die Frauen hätten von Eltern sowie von anderen Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen viel Zuspruch erhalten, berichten Veronika Nützel (25) und Lea Höfer (26). Organisationen hätten sich zwecks Kooperation gemeldet, die Initiative "All in" will verstärkt Seminare und Workshops anbieten. Und sie bereitet eine Vereinsgründung vor, eine siebte Sonderpädagogin ist dazugestoßen.

Von manchen wurde das Engagement allerdings auch missverstanden, als Angriff auf das Fach. Dabei stellen die jungen Frauen die Sonderpädagogik nicht per se infrage. Nur: "Sie muss in der Regelschule fruchtbarer werden", sagt Lea Höfer, die an der Uni Würzburg im vergangenen Jahr das beste Examen abgelegt hat.

Weg von der Separierung in Förderschulen, hin zum gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung – das bleibt das Ziel der Initiative "All in". Dafür sollten Sonderpädagogen und Grundschullehrkräfte in Teams zusammenarbeiten. 

Das Kultusministerium dagegen deute Inklusion um, so die Kritik der Frauen, und verstoße damit gegen die UN-Behindertenrechtskonvention, die in Deutschland seit 2009 in Kraft ist. Laut Artikel 24 dürfen "Menschen mit Behinderung nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Schulsystem ausgeschlossen werden". Genau dies aber geschehe im Freistaat, bemängelt die Initiative. 

"Demo für Bildung" am Samstag in Würzburg

Positiv überrascht zeigt sich die Gruppe von der Offenheit im Kultusministerium. Im März habe man mit der zuständigen Stabsstelle ein langes, konstruktives Gespräch geführt. Vorausgegangen war ein intensiver Briefwechsel. Die Sonderpädagoginnen fühlen sich gehört. Sie hoffen, dass Taten folgen und das Ministerium damit an die Öffentlichkeit geht.

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Die Initiative selbst trommelt weiter für ihr Anliegen: An diesem Samstag, 15. Juni, findet in Würzburg eine "Demo für die Bildung" mit etlichen Organisationen statt. Sie ist eingebettet in einen bundesweiten Protesttag und in die Kampagne "Bildungswende jetzt!". Um 11 Uhr wird vom Bahnhof aus ein Riesenball durch die Stadt gerollt, bei der Abschlusskundgebung um 11.45 Uhr am unteren Markt sprechen auch Vertreterinnen von "All in".

Sonderpädagoginnen haben inklusive Erfahrungen in anderen Bundesländern gesammelt

Das vergangene Jahr haben die angehenden Sonderpädagoginnen genutzt, um sich Schulen und inklusiven Unterricht in anderen Bundesländern anzuschauen. Ihre Erkenntnis: "Inklusion ist möglich", sagt Veronika Nützel. Und: "Demokratie braucht Inklusion, mit ihr lernt man Vielfalt in Gemeinschaft."

Eine der Frauen ist in Nordrhein-Westfalen ins Referendariat gestartet, eine hat in einer offenen Schule in Köln hospitiert, eine andere in einer inklusiven Kita in Leipzig. Die übrigen treiben das Thema Inklusion an Hochschulen und in anderen Einrichtungen voran.

Dass die kritischen Absolventinnen vielleicht doch noch ihr Referendariat in Bayern antreten, schließen sie nicht mehr aus. Man erkenne das Referendariat als wichtige und relevante Vorbereitung für den Schuldienst an. In jedem Fall, versichern sie, "bleiben wir der Sonderpädagogik treu" – wenn möglich auch im Freistaat Bayern. Denn: "Hier werden wir gebraucht."

 
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Kommentare
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  • Hiltrud Erhard
    Eine Dame ist also ins Ref gegangen, wenn auch nicht in Bayern. Die anderen haben praktisch "rumgelömbelt". Sorry. Mir fällt kein anderes Wort für die Unproduktivität ein.

    Aber wann h stark interessiert sind die Ergebnisse aus dem Kultusministerium. Zusätzlich vielleicht auch eine Einschätzung Über den Spagat zwischen Pisa, Studie und Inklusion. Ist der Druck, der einem über Pisa auferlegt, wird überhaupt mit dem Thema Inklusion vereinbar?
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  • Jutta Nöther
    Werte Frau Erhard, Sie unterstellen also Kindern mit Behinderung generell, dass sie "doof" sind und das deutsche Ergebnis bei den PISA-Abfragen nach unten ziehen würden?
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