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Tauberrettersheim
Öchsner-Villa in Tauberrettersheim: Verwaltungsrichter redet Tacheles
So deutlich hat es bisher niemand gesagt: Die Öchsner-Villa ist rechtswidrig. Dabei hatten sich die Verwaltungsrichter gar nicht mit der Baugenehmigung zu beschäftigen.
Idyllisch gelegen: die Öchsner-Villa im beschaulichen Tauberrettersheim.
Foto: Thomas Obermeier | Idyllisch gelegen: die Öchsner-Villa im beschaulichen Tauberrettersheim.
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:55 Uhr

Die Lage ist idyllisch. Der Ausblick ein Traum. Am Karlsbergweg in Tauberrettersheim durfte mitten in der Natur eine Villa samt Pferdestall gebaut werden. Die Genehmigung hat das Würzburger Landratsamt im Jahr 2013 erteilt.

Rudolf Emmert, Präsident des Verwaltungsgerichtes Würzburg, ist über diese Entscheidung heute noch entsetzt: "Man muss sich ernsthaft fragen, ob derjenige, der das entschieden hat, einen Eid auf die bayerische Verfassung geleistet hat.  Alle Baujuristen schlagen die Hände über den Kopf zusammen. Das Haus an dieser Stelle ist rechtswidrig", redet Emmert Tacheles. Die weit sichtbare Villa wurde von der Tochter des Tauberrettersheimer Bürgermeisters Hermann Öchsner gebaut, der Anfang dieses Jahres zurückgetreten ist.   

"Man muss sich ernsthaft fragen, ob derjenige, der das entschieden hat, einen Eid auf die bayerische Verfassung geleistet hat."
Rudolf Emmert, Präsident des Verwaltungsgerichts Würzburg

Verwaltungsrichter Emmert hatte nun mit der Öchsner-Villa zu tun, weil der Gemeinderat in Tauberrettersheim in einer nichtöffentlichen Sitzung beschlossen hatte, dass die Bürgermeistertochter und ihr Mann keine Herstellungsbeiträge für die öffentlichen Abwasserversorgungs- und Wasserversorgungseinrichtungen der Gemeinde zahlen müssen.

Dabei geht es um einen Betrag von 30.800 Euro. Begründung: Die Bauherren würden die Kosten für die Verlegung der Wasser- und Kanalleitungen im öffentlichen Grund übernehmen, im Gegenzug würden keine Herstellungsbeiträge von der Gemeinde gefordert. 

Lob für den staatlichen Rechnungsprüfer

Einem staatlichen Rechnungsprüfer des Landratsamtes Würzburg fiel dieser Beschluss vier Jahre später auf. Er teilte der Gemeinde Tauberrettersheim mit, dass die Entscheidung des Gemeinderates rechtswidrig war. "Das wäre auch mal jemand für den Bayerischen Verdienstorden", lobte Gerichtspräsident Emmert den Rechnungsprüfer. Die Verwaltungsgemeinschaft Röttingen hat daraufhin die entsprechenden Bescheide erlassen und das Geld von der Bürgermeistertochter eingefordert. Diese zahlte auch, ging aber gegen die Bescheide rechtlich vor. Ihre Widersprüche wurden vom Landratsamt Würzburg abgelehnt. Dagegen klagte sie vor dem Verwaltungsgericht. 

"Wir haben ernsthaft überlegt, die Akte der Staatsanwaltschaft vorzulegen."
Rudolf Emmert, Präsident des Verwaltungsgerichts Würzburg 

"Wir haben ernsthaft überlegt, die Akte der Staatsanwaltschaft vorzulegen", sagte Emmert deutlich. Anrüchig und rechtsunwirksam ist der Gemeinderatsbeschluss aus mehreren Gründen. Der damalige Bürgermeister Öchsner habe laut Sitzungsniederschrift dazu Argumente vorgetragen und in die Sache eingeführt. Er hätte aber, da es eine nichtöfffentliche Sitzung war und er als Vater der Bauherrin persönlich beteiligt gewesen ist, den Raum verlassen müssen.

Strenge Vorschriften für nichtöffentliche Gemeinderatssitzungen

Dazu komme, dass nichtöffentliche Sitzungen eines Gemeinderates nur unter strengen Voraussetzungen hinter verschlossenen Türen stattfinden dürfen. Nämlich dann, wenn Interessen Einzelner dem Grundsatz der Öffentlichkeit entgegenstehen. Bei Personal- oder Grundstücksangelegenheiten sei dies der Fall, aber nicht bei der Causa Öchsner. Hier konnte das Gericht keine privaten Voraussetzungen sehen, denn die Finanzen der Bürgermeistertochter spielten keine Rolle. Daher ist der Gemeinderats-Beschluss unwirksam. 

"Es ist schön, wenn auch Organe außerhalb des Staates ihr Wächteramt ausführen, vor allem, wenn es der Staat nicht macht."
Rudolf Emmert, Präsident des Verwaltungsgerichts Würzburg

Das Gericht machte deutlich, dass die Bauherrin die Beiträge bezahlen muss und riet ihr dazu, die Klage zurückzunehmen - auch, um einen Schlussstrich zu ziehen. "Ich habe mich darauf verlassen, dass die Entscheidungen richtig waren. Darauf vertraue ich als Bürgerin", führte die Klägerin aus. Auch kritisierte sie die Berichterstattung dieser Redaktion, die seit Baubeginn das umstrittene Bauvorhaben kritisch begleitete. Dazu Gerichtspräsident Emmert: "Es ist schön, wenn auch Organe außerhalb des Staates ihr Wächteramt ausführen, vor allem, wenn es der Staat nicht macht." 

Die nächste Klage steht an

Die Bauherrin nahm ihre Klage zurück. Ganz zu Ende ist die Diskussion um das Bauvorhaben aber noch nicht. Eine Garage soll verschoben und um 16 Quadratmeter vergrößert werden. Das Landratsamt hat das abgelehnt, weil es dem Flächennutzungsplan widerspreche, der dort landwirtschaftliche Flächen vorsieht. Auch diese Entscheidung wird von der Bürgermeistertochter beklagt. 

 
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Kommentare
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  • Arcus
    Was ist mit dem Gemeiderat? der hat sich doch (vor lauter Inkompetenz?) an der Nase rumführen lassen. Oder hat da auch die eine Hand die andere gewaschen? Ein Rücktritt wäre angesagt.
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  • Arcus
    Ich weiß nicht ob das Bürgermeistertöchterlein und der zurückgetretene Bürgermeister ihre tolle Aussicht noch so wirklich genießen können?
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  • hessdoerferth
    Es ist immer das Gleiche: Erst wird ein Bauantrag eingereicht und genehmigt, dann wird gebaut wie der Bauherr es grad will und die Baubehörden genehmigen es halt nachträglich - für'n Appel und 'n Ei als "Strafe".
    In Mainfranken gibt es dafür überall genügend schlechte Beispiele.
    Dahinter steckt eiskaltes Kalkül der Bauherren.
    Daher sollte generell gelten:
    Wenn nicht nach genehmigten Plan gebaut wird, ist der Dreck abzureißen! Basta!
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  • agentmulder
    Abreißen das ganze wäre im Grunde die Logische Konsequenz wie schon geschrieben wurde!
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  • sauer.paul.nordheim.de@web.de
    Der ursprüngliche Beschluss war Vetternwirtschaft pur, d.h. der Bürgermeister lässt die Verwaltung eine Beschlussvorlage schreiben und der Gemeinderat nickt diese dann ohne mit der Wimper zu zucken ab.

    Doch solche Vetternwirtschaft gibt es nicht nur in Tauberrettersheim sondern in vielen Städten und Gemeinden.
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  • Eine, dem Recht verpflichtete, Verwaltung hätte diese Beschlussvorlage niemals dem Gemeinderat zum Beschluss vorlegen dürfen, sondern hätte, nach Bekanntgabe der Rechtslage an den Gemeinderar, die Rechtsaufsicht beim Landratsamt eingeschaltet, sollte die Rechtsbelehrung des GRes fruchtlos verlaufen sein. GENAU SO LÄUFT DAS IN EINER GEMEINDEVERWALTUNG, DIE NACH RECHT UND GESETZ ARBEITET. UND : EIN JEDER GR, EIN JEDER MITARBEITER WURDE AUF DIE EINHALTUNG DER GESETZE VERPFLICHTET. WAS HEIßT DAS: DER STAATSANWALT HAT EINEN NEUEN FALL!
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  • dietmar@eberth-privat.de
    Geld regiert die Welt
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  • Funkenstern
    Das Unrechtsbewusstsein ist aber nicht sehr stark ausgeprägt. Eher das ich will.
    Zeigt der Dame, wo der Hammer hängt!!!
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Also, wenn schon im Stall keine Pferde sind, dann gibt es doch zwei Esel im Haus!
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  • Franken48
    Hütte plus Pferdestall abreißen. Falls es noch Gerechtigkeit gibt.
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  • rolandroesch@web.de
    Richtig und für die Arroganz sollen die eigner selber mit den Bagger ran 😂😂😂😂
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  • postmutti
    Respekt, Herr Rudolf Emmert, Präsident des Würzburger Verwaltungsgericht, von Ihnen müsste es mehr geben! Aber leider ist es in unserer Demokratie nicht so !Man sieht wie es in kleinen Gemeinden zu geht. Wie soll es dann in der großen weiten Welt erst funktionieren?
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