Wer ein Haus baut, muss für die Herstellung der Wasserversorgung und Entwässerung bezahlen. Wer in den Außenbereich einer Gemeinde zieht, muss zusätzlich auch für die Erschließungskosten aufkommen. In Tauberrettersheim will eine Bauherrin dies so nicht akzeptieren. Die Frau ist die Tochter des Bürgermeisters. Sie beharrt auf einen Vertrag mit der Gemeinde. Es geht um 32 000 Euro.
Bürgermeistertochter beruft sich auf Absprache mit dem Gemeinderat
Der Gemeinderat hatte vor einigen Jahren beschlossen, dass die Bauherren eines Wohnhauses mit Pferdestall im Außenbereich der Gemeinde Tauberrettersheim die Herstellungsbeiträge für den Kanal- und Wasseranschluss nicht bezahlen müssen. Das Gremium sah die Leistung der Bauherren, die zu ihrem Grundstück im Außenbereich Kanalrohre und Wasserleitung verlegen mussten, als eine höhere Leistung für die gemeindlichen Einrichtungen an als die zusätzlich noch zu zahlenden Herstellungsbeiträge. "Es gab eine Absprache mit dem Gemeinderat. Und im Endeffekt hat meine Mandantin nun weitaus mehr aus eigener Tasche bezahlt wie von der Gemeinde Tauberrettersheim im Rahmen der Erschließung zu erbringen gewesen wäre", führt Rechtsanwalt Ulrich Heidenreich aus.
Wer muss die Erschließungskosten bezahlen?
Bei einer überörtlichen Rechnungsprüfung ist der Beschluss des Gemeinderates aufgefallen. Er wurde beanstandet. Eine Gemeinde sei nicht verpflichtet, Außenbereichsgrundstücke zu erschließen, so dass ein Beitragsverzicht aus Rechtsgründen ausscheidet, heißt es dazu vom Landratsamt Würzburg. Der Tauberrettersheimer Gemeinderat hat daraufhin seinen fehlerhaften Beschluss wieder aufgehoben. Kurz darauf hat die Verwaltungsgemeinschaft Röttingen den Gebührenbescheid verschickt. Die Bauherrin hat dagegen Widerspruch eingelegt, den fälligen Betrag aber im Dezember 2017 bezahlt. Hätte sie das nicht getan, würden zusätzlich Säumniszuschläge und Mahngebühren anfallen. Das Landratsamt hat den Widerspruch abgelehnt. Daraufhin wurde beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage eingereicht.
Rechtsanwalt Heidenreich, der die Bauherrin vertritt, widerspricht der Auffassung des Landratsamtes. "Bei einem genehmigten Bauvorhaben, auch wenn es im Außenbereich ist, sind die Kosten für die Erschließungsarbeiten von der Gemeinde zu tragen." Seine Mandantin würde jetzt doppelt herangezogen und mit den Erschließungskosten weitaus mehr als die Herstellungsbeiträge bezahlen.
Im Außenbereich zu bauen, ist teuer
Dagegen argumentiert Rechtsanwalt Burkard Hohmann, der die Gemeinde Tauberrettersheim vertritt, dass sich die Herstellungsbeiträge auf den erstmaligen Bau der Kläranlage und auf die Verlegung von Leitungen im Ortsgebiet beziehen. "Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun." Wenn sich die Tochter des Bürgermeisters nicht verpflichtet hätte, einen Erschließungsvertrag mit der Gemeinde abzuschließen, dann wäre auch nie eine Baugenehmigung erteilt worden, ist sich Hohmann sicher. Die Einschätzung der Rechnungsprüfung hält er für richtig, weil es sich um unterschiedliche "beitragspflichtige Gegenstände" handelt. "Dass das teuer ist, ist den Umständen geschuldet, dass sie in der schönsten Lage Tauberrettersheims bauen durfte."
Bürgermeister Hermann Öchsner, der mittlerweile zurückgetreten ist und Ende Januar aus dem Amt scheidet, möchte sich gegenüber dieser Redaktion nicht äußern. Im Mitteilungsblatt der Gemeinde Tauberrettersheim nimmt er zum Bauvorhaben seiner Tochter Stellung. Öchsner kritisiert die Berichterstattung dieser Redaktion. "Unwahrheiten zu den aktuellen Ereignissen" seien verbreitet worden. Er selbst habe bei den Beratungen und Beschlussfassungen im Gemeinderat nicht mitgewirkt, schreibt er. Was so aber nicht stimmt. Öchsner schickte 2014 die Bauvoranfrage seiner Tochter ans Landratsamt und unterzeichnete alle Unterlagen selbst. Im Landratsamt fiel das aber auf, denn ein Bürgermeister darf keine Amtshandlungen vornehmen, die ihm selbst oder einem Angehörigen einen unmittelbaren Vorteil verschaffen würden. Die Unterlagen wurden daraufhin in Tauberrettersheim neu gefasst und vom zweiten Bürgermeister unterschrieben. Erst fortan hielt sich Öchsner aus der Sache raus.
Bürgermeister Öchsner wehrt sich
Im Mitteilungsblatt schreibt der Bürgermeister auch von "Gerüchten", die über ihn und seine Tochter verbreitet würden, die so nicht der Wahrheit entsprechen. Er schreibt: "Entgegen anderslautiger Berichterstattung hat meine Tochter beispielsweise die Anschlussgebühren bereits im Dezember 2017 bezahlt." Das trifft zwar so zu. Allerdings verschweigt er den Tauberrettersheimer Bürgern, dass seine Tochter nun vor dem Verwaltungsgericht gegen den Gebührenbescheid klagen wird.
Öchsners Nachfolge wird am 1. Februar Katharina Fries antreten. "Es ist das gute Recht der Bauherrin zu klagen", sagt sie und möchte sich nicht weiter dazu äußern. Die Tochter des Bürgermeisters war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Der Bürgermeister von Randersacker ist wegen m. M. n. geringerem Vergehen aus dem Amt gezwungen worden. Bgm Öchsner durfte so lange bleiben, wie er wollte. jetzt macht er sich - endlich - vom Acker! Er sollte sich schämen, genau so wie die Gemeinderäte, die das Bauvorhaben durch ihre Beschlüsse überhaupt erst ermöglicht haben.
Schlimmer ist es wohl nur in Erlabrunn!
Doch solche Vetternwirtschaft gibt es nicht nur in Tauberrettersheim sondern in vielen Städten und Gemeinden.
Als "Höchststrafe" können dann die Bürgermeister/Mandatsträger" mir einer "Rüge" des Landratsamtes rechnen.