
Die jüngste Sitzung des Ochsenfurter Stadtrats war mit Spannung erwartet worden, sollte doch endgültig die millionenschwere Entscheidung darüber fallen, ob bei der geplanten Generalsanierung des Rathauses ein Nebengebäude mit einbezogen wird.
Die Spannung löste sich schon in den ersten Minuten der Sitzung: Der Punkt wurde von der Tagesordnung abgesetzt. Entgegen den ursprünglichen Plänen von Bürgermeister Peter Juks (UWG) soll Oberkonservator Hans-Christof Haas vom Landesamt für Denkmalpflege nun doch die Gelegenheit erhalten, seine Bedenken gegen die Einbeziehung des sogenannten "Haus IV" im Kreise von Architekt, Verwaltung, Fraktionsspitzen und möglichen Fördergebern zu erörtern.
Nachdem die Sanierungspläne schon festgezurrt schienen, hatte der Stadtrat im Juli 2019 mit knapper Mehrheit und quer durch die Fraktionen entschieden, besagtes Nebengebäude in der Hauptstraße einzubeziehen, sofern dies technisch und finanziell möglich ist. Architekt Friedrich Staib wurde mit einer Alternativplanung beauftragt, die Verwaltung sollte zusätzliche Fördermittel auftun. Zu den bisherigen Kosten von geschätzt 10,5 Millionen Euro würden nach Staibs Rechnung 2,3 Millionen Euro hinzukommen, ohne den Kaufpreis.
Landesamt für Denkmalschutz lehnt die geplante Erweiterung ab
In der Mai-Sitzung hatte der Planer den Stadträtinnen und Stadträten die beiden Alternativen noch einmal ausführlich erläutert. Unter anderem schlägt er vor, Haus IV völlig zu entkernen und nur den mittelalterlichen Keller und die im 19. Jahrhundert vorgebaute Schmuckfassade zu erhalten. Die Beratung endete mit einer Überraschung, als Bürgermeister plötzlich in der Stadtratssitzung ein Email-Schreiben von Oberkonservator Haas präsentierte, in dem dieser die Einbeziehung von Haus IV grundsätzlich in Frage stellte. Der Grund: Nicht nur der Keller und die Fassade, sondern auch der Dachstuhl aus der Renaissance sei schützenswert. Damit scheint die Erweiterung in der geplanten Form vom Tisch.
Für seinen Coup musste sich Juks, der von Anfang an aus Kostengründen gegen Haus IV war, viel Kritik gefallen lassen. Unter anderem deshalb, weil er das Schreiben vom März dieses Jahres den Stadträten vorenthalten und somit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Einwänden des Denkmalpflegers vereitelt habe.
Bürgermeister Juks will breiten Konsens erzielen
In der jüngsten Sitzung bekannte der Bürgermeister nun beinahe reumütig, dass es ein Fehler wäre, die Entscheidung auf Biegen und Brechen in einer Kampfabstimmung zu fällen. Angesichts der finanziellen Tragweite, die die Rathaussanierung mit oder ohne Haus IV für die Stadt habe, sei es wichtig, einen breiten Konsens zu erzielen. Dass er die erweiterten Pläne weiterhin ablehnt, daran ließ Juks allerdings keinen Zweifel. "Es ist meine persönliche Überzeugung, dass sich die Stadt das nicht leisten kann", so Juks.
Unterstützt wird er in dieser Einschätzung von CSU-Fraktionssprecher Wolfgang Karl. "Haus IV mit einzubeziehen wäre ein gewaltiger Akt, der zu dieser Zeit für die Stadt eigentlich nicht zu stemmen ist", meint Karl, wohl wissend, dass seine Meinung nicht von allen Mitgliedern der CSU-Fraktion geteilt wird. Gegen die Erweiterungspläne sprach sich Christof Braterschofsky namens der UWG aus. "Wir halten an unserer Grundsatzentscheidung fest", meinte er.
Die Vertagung begrüßte Britta Huber (Grüne). "Ich glaube nicht, dass wir heute in der Lage gewesen wären, eine Entscheidung zu treffen", so Huber. SPD-Fraktionssprecher Bert Eitschberger unterstrich seine Kritik am Vorgehen des Bürgermeisters und nannte es einen "Vertrauensbruch", dass dieser dem Stadtrat relevante Informationen monatelang vorenthalten habe.
Die Schäden am Rathaus schreiten weiter fort
Es blieb also dabei: Nach der Sommerpause soll die Entscheidung fallen. Viel Zeit bleibt den Stadträten ohnehin nicht, nachdem die Schäden am Bau immer weiter fortschreiten. Die bröckelnde Freitreppe hat man im Wissen um eine baldige Sanierung nur notdürftig hinter einer Kunststoff-Wand versteckt. Doch auch im Gebälk wurden vor Jahren schon Schäden festgestellt, die die Standfestigkeit in Frage stellen. Das zweite Obergeschoss war deshalb geräumt worden. Kaum auszudenken, wenn das Rathaus eines Tages wegen Einsturzgefahr ganz gesperrt werden müsste, bevor die Sanierung überhaupt begonnen hat.