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Würzburg
Obwohl selbst schwer krank, hat sich Gerald Brandt für Patienten und die Seltenen Erkrankungen stark gemacht
Er war der Vorreiter der Selbsthilfegruppen für Seltene Erkrankungen in Unterfranken. Jetzt ist Gerald Brandt mit 52 Jahren überraschend gestorben. 
Gerald Brandt hat seinen letzten Kampf verloren. 
Foto: ANGIE WOLF | Gerald Brandt hat seinen letzten Kampf verloren. 
Folker Quack
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:36 Uhr

Sein Leben lang kämpfte er um Aufmerksamkeit für die Seltenen Erkrankungen und speziell gegen eine davon, die Hypophosphatasie (HPP), an der er selbst litt. Am vergangenen Wochenende ist Gerald Brandt mit 52 Jahren gestorben.

Bei Gerald Brandt traten die Symptome schon als Säugling auf, die Ärzte gaben ihm damals maximal ein Jahr zu leben. Ursache der HPP ist das Fehlen eines bestimmten Enzymkomplexes, der für den Aufbau gesunder Knochen, aber auch für andere Körperfunktionen benötigt wird.   

Irgendwann hat Gerald Brandt aufgehört seine Knochenbrüche und die damit verbundenen Operationen zu zählen. Denn durch die Krankheit werden die Knochen weich wie Kreide. Doch der in Sennfeld im Landkreis Schweinfurt aufgewachsene Gerald Brandt gab nie auf. Gerade in der Phase seines Lebens, als es ihm besonders schlecht ging, jedes Husten einen Rippenbruch auslösen konnte, er zur Bewegungslosigkeit verdammt war und jeden Tag um sein Leben fürchten musste, vernetzte er sich im Internet weltweit mit anderen Betroffenen. 2006 gründete er die Patientenorganisation "HPP Deutschland e.V.". Zu dem Zeitpunkt gab es weltweit nur noch in Frankreich eine solche Gruppe. 

Gerald Brandt brachte Erforschung der Krankheit voran

Bis zu seinem überraschenden Tod blieb er HPP-Vorsitzender. Der Verein wurde zu einer wichtigen Anlaufstelle für die Betroffenen. Mit ihm brachte Gerald Brandt die Erforschung an der Krankheit voran. Er stand im engen Kontakt zu den Experten an der Würzburger Kinderklinik, der Zahnklinik und am König-Ludwig-Haus. Und unterstützte deren Forschung. Schon in den ersten Jahren sammelte er dafür über 100.000 Euro an Spenden ein.  Sein Ziel war ein nationales Referenzzentrum für die Krankheit zu schaffen. Unter dem Dach des "Zentrum für Seltene Erkrankungen Nordbayern" an der Uniklinik Würzburg gibt es heute dieses Klinik-übergreifende "Zentrum für seltene kindliche Knochenerkrankungen".  Würzburg ist das europaweit größte Zentrum für HPP und eine wichtige Anlaufstelle auch für erwachsene Patienten geworden.

2018 eröffnete Gerald Brandt als Patientenvertreter den bayernweiten Tag der Seltenen Erkrankungen an der Uniklinik in Würzburg.  
Foto: Daniel Peter | 2018 eröffnete Gerald Brandt als Patientenvertreter den bayernweiten Tag der Seltenen Erkrankungen an der Uniklinik in Würzburg.  

Aus seinen eigenen Erfahrungen mit einer seltenen Erkrankung, engagierte sich Gerald Brandt jedoch  über HPP hinaus. So war er 2007 Mitbegründer und seitdem der Sprecher des Würzburger Arbeitskreises für Seltene Erkrankungen  (WAKSE), der die Selbsthilfegruppen für Seltene Erkrankungen in Würzburg und Umgebung zusammenbringt und enge Kontakte zum Zentrum für Seltene Erkrankungen  Nordbayern pflegt. 

Den Seltenen mehr Aufmerksamkeit geben

Einmal im Jahr organisiert der WAKSE öffentlichkeitswirksame Auftritte zum Tag der Seltenen Erkrankungen in Würzburg. Gerald Brandts Anliegen dabei war stets, das Thema Seltene Erkrankung aus dem Mikrokosmos der Selbsthilfegruppen zu befreien und einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Sein Traum war ein Open-Air-Konzert für die Seltenen Erkrankungen mit Steffi List.

Denn mit der Geldersheimerin verband Gerald Brandt nicht nur die Herkunft aus dem Landkreis Schweinfurt, sondern auch die Liebe zur Rockmusik. Am meisten litt Gerald Brandt darunter, dass HPP ihm das das geliebte E-Gitarrenspiel unmöglich machte.  Ihm blieb nur der Bau von Gitarren aus Bausätzen, die er dann für gute Zwecke spendete. Seit seinem Studium der Germanistik und Anglistik  schrieb er Kurzgeschichten, die mit der ihm eigenen Ironie vor allem Denkanstöße geben sollten. So erschienen von ihm ein Kurzgeschichtenband ("Cora und andere böse Geschichten"), aber auch ein Kinderbuch ("Die Angst vor dem Fliegen").

Gerald Brandt verlor Kampf gegen eine andere Krankheit

Mit den Patienten seiner Selbsthilfegruppe, den Würzburger Spezialisten und seinem internationalen Netzwerk unterstützte Gerald Brandt eine Pharmafirma, die an einer Enzymersatztherapie für HPP forschte. Und es ist auch Gerald Brandts charmanter Hartnäckigkeit zu verdanken, dass es diese Therapie heute gibt. Gerald Brandt profitierte selbst davon, der Kampf gegen HPP wendete sich zu seinen Gunsten. Jetzt hat eine andere Krankheit unvermittelt zugeschlagen. Und diesen Kampf hat der große Kämpfer Gerald Brandt nach kurzem Krankenhausaufenthalt  verloren. 

 
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Kommentare
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  • M. B.
    Ein toller Mensch der viel in seinem Leben geleistet hat für andere, trotz der vielen Probleme die die Hypophosphatasie mit sich bringt. Er hat meinen größten Respekt!
    Mach's gut Gerald. Wir werden Dich nie vergessen!
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