
Im Keller der win GmbH in Würzburg-Heidingsfeld ist sein Revier. Schon wenn man die Treppen hinunterläuft, hört man sein Lachen. Gerade musste Edgar Bartels, Eddy genannt, in der Wäscherei einspringen. Personalmangel, wie anderswo auch. Bartels scherzt mit einer Mitarbeiterin und befüllt die Waschmaschinen mit Wischbezügen und Mikrofasertüchern. Später kontrolliert er die Lagerbestände und erledigt den zentralen Einkauf.
Eddy Bartels ist Lagerleiter bei der win GmbH. Acht Personen hat er in seinem Team. "Der Job ist absolut meins", sagt Bartels und lacht. Wer es nicht weiß, würde nicht ahnen, dass der 51-Jährige viele Krisen hinter sich hat, lange Zeit auf der Straße lebte, verschuldet und langzeitarbeitslos war. Doch mit vielen Hilfen hat er sich zurückgekämpft.
Von der Tankstelle zur Marine, aus der Großstadt nach Würzburg
Eddy Bartels ist in Hamburg aufgewachsen, nach der Schule machte er eine Ausbildung zum Tankstellenkaufmann. "Doch es zog mich aufs Meer." Er verpflichtete sich bei der Marine, richtig Spaß machte ihm die Seefahrt nicht. Die Liebe habe ihn dann Ende der 1990er Jahre nach Würzburg geführt, erzählt Bartels. Er sei als Merchandiser in der Baumarktbranche tätig gewesen, aber bald entlassen worden.
Auch privat habe er eine schwere Zeit gehabt, sagt der 51-Jährige. Von seiner Partnerin habe er sich getrennt, als er erfuhr, nicht Vater des gemeinsamen Kindes zu sein. "Wir hatten uns verschuldet, alles ging den Bach runter. Ich stand vor dem Nichts." Er sei ohne Wohnung dagestanden, habe nicht gewusst wohin, sagt Bartels leise. "Ich war am absoluten Tiefpunkt. Ich wünsche keinem Menschen, obdachlos zu sein."
Einige Zeit habe er damals die Fassade aufrechterhalten, Freunde glauben lassen, alles sei in bester Ordnung. Im Winter war das Leben auf der Straße dann keine Option mehr. In seiner Verzweiflung wandte sich Bartels an die Zentrale Beratungsstelle für Wohnungslose in Würzburg.
Fast eine Million Menschen: Bundesweit gibt es immer mehr Langzeitarbeitslose
Bundesweit nimmt die Zahl der Langzeitarbeitslosen stark zu. Vor der Coronapandemie waren in Deutschland 730.000 Menschen davon betroffen. Im März 2024 waren fast 960.000 Menschen seit einem Jahr oder noch länger arbeitslos gemeldet – ein Anstieg von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

In Unterfranken waren in diesem August 6634 Personen als langzeitarbeitslos gemeldet - fünf Prozent mehr als im Sommer 2023. Ältere und geringqualifizierte Menschen sind laut Arbeitsagentur besonders betroffen, aber auch Frauen mit Kindern unter drei Jahren.
Die Jobcenter versuchen, Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen. Heike Issing, Fallmanagerin am Jobcenter der Stadt Würzburg, sagt: "Wer so lange ohne Job ist, verliert Selbstvertrauen und soziale Kontakte. Oft verstärken sich auch gesundheitliche Probleme."
Fallmanagerin vom Jobcenter Würzburg: Meist kommen mehrere Krisen zusammen
Fallmanagerin Heike Issing begleitet Bartels seit 2014 phasenweise in Krisen. Ihr Job ist es, Arbeitslose mit intensivem Unterstützungsbedarf wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Teilweise betreue sie bis zu 75 Personen gleichzeitig, sagt Issing: "Die Menschen sind sehr unterschiedlich. Den typischen Langzeitarbeitslosen gibt es nicht." Viele Betroffene hätten mehrere Krisen gleichzeitig zu bewältigen: gesundheitliche Probleme, psychische Erkrankungen, Suchterkrankungen, finanzielle oder familiäre Schwierigkeiten, fehlende berufliche Perspektiven und Wohnungslosigkeit.

Für jeden den passenden Arbeitsplatz zu finden, sei nicht leicht, sagt die Fallmanagerin. Sie nutze ihre Kontakte zur Schuldnerberatung, psychosozialen Beratungsstellen, Krisendienst oder Suchtberatungsstellen. "Auch ein stabiles Umfeld ist sehr wichtig", sagt Issing. "Bei manchen geht es ja nicht immer nur bergauf, es kommen immer mal wieder Rückschläge."
Eddy Bartels hatte zunächst im Simonshof in Bastheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) Hilfe gefunden, einer stationären Einrichtung für Wohnungslose. Die Jahre auf der Straße hatten Spuren hinterlassen, körperliche und psychische. Es dauerte, bis es ihm gesundheitlich besser ging.
Vom Jobcenter gefördert: Stelle in der Integrationsfirma
Vor fünf Jahren dann fand er, vom Jobcenter gefördert, bei der Integrationsfirma win GmbH eine Stelle. Gebäudereinigung und Hausmeisterdienste sind das Hauptgeschäftsfeld des Heidingsfelder Unternehmens, das 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt und in ganz Nordbayern tätig ist. Etwa 40 Prozent der Beschäftigten in dem Dienstleistungsbetrieb haben ein Handicap oder sind schwerbehindert.
Ab Februar 2025 wird Bartels bei der Integrationsfirma in einem regulären Arbeitsverhältnis voll übernommen. "Zum ersten Mal fühle ich mich an einem Arbeitsplatz richtig wohl", sagt der 51-Jährige. Der Weg aus der Obdachlosigkeit und Arbeitslosigkeit sei steinig und voller Rückschläge gewesen. Aber jetzt wisse er: "Ich kann es schaffen!"
Alles Gute Eddy🍀
Wer will findet einen Weg
wer nicht will findet Ausreden
Susanne Orf