Vor 77 Jahren, am 16. März 1945, starben beim britischen Bombenangriff auf Würzburg kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs rund 3600 Menschen, die Innenstadt wurde fast komplett zerstört, große Teile der Bevölkerung flüchteten in die umliegenden Dörfer und Gemeinden.
Wie immer am Jahrestag der Zerstörung hat Oberbürgermeister Christian Schuchardt zusammen mit Bürgermeisterin Judith Jörg am Vormittag einen Kranz an der Gedenkstätte vor dem Hauptfriedhof niedergelegt, wo die sterblichen Überreste von 3000 Opfern des 16. März beigesetzt wurden. Etwa 100 Bürgerinnen und Bürger nahmen an der Zeremonie teil.
Selbstgemaltes Bild mit Ukrainischer Flagge
Dabei kam es auch zu einer kleinen Geste, die aber ganz viel Aussagekraft hatte: Die sechsjährige Mina platzierte mit Hilfe des Oberbürgermeisters ein selbstgemaltes Bild an dem Blumenkranz. Es zeigt eine ukrainische Flagge mit einem Herz in Regenbogenfarben, dem Symbol für Toleranz und Gleichberechtigung aller Menschen, und in der Mitte das Friedenszeichen.
Damit hat die kleine Künstlerin auf ihre ganz eigene Art die Botschaft zusammengefasst, die Christian Schuchardt zuvor auch in seiner Ansprache betont hatte: "Jeder Einzelne von uns ist aufgerufen, dem aggressiven Nationalismus das ständige Bemühen um Frieden und Freundschaft zwischen den Völkern und dem Rassismus und Antisemitismus die uneingeschränkte Wahrung der Würde ausnahmslos aller Menschen entgegenzusetzen."
Der 16. März 1945 stehe exemplarisch für die unmenschliche Grausamkeit und die absolute Sinnlosigkeit des Krieges. Die Zerstörung Würzburgs sei darüber hinaus "ein warnendes Beispiel für die zerstörerischen und mörderischen Folgen von totalitärem Machtstreben, Nationalismus und Rassismus". Durch den Krieg in der Ukraine scheine es so, "als kehrten die Gespenster der Vergangenheit wieder zurück", sagte Schuchardt. "Während ich zu Ihnen spreche, schlagen in ukrainischen Städten Bomben und Raketen ein. Zivilisten suchen Zuflucht in den Kellern, tausende Menschen sind bereits getötet worden."
Ob Schuchardt: "Unser Staat muss wehrhaft sein"
Nach 77 Jahren Frieden und Freiheit im Herzen Europas komme der Krieg jetzt wieder bedrohlich nahe, so Schuchardt weiter: "Unser Staat muss wehrhaft sein. Nach innen gegenüber den Feinden unserer offenen Gesellschaft, und leider auch nach außen gegenüber Diktatoren und Aggressoren, die nicht davor zurückschrecken, für die Erreichung ihrer Ziele über Leichen zu gehen."
Wie jedes Jahr seit 2001 übergab die ökumenische Nagelkreuz-Initiative anschließend das Wander-Nagelkreuz und die Versöhnungsstatue. Schuchardt und Bürgermeisterin Judith Jörg nahmen die beiden Zeichen der Versöhnung für die Stadt Würzburg in Empfang. Nach dem Geläut der Versöhnungsglocke und einer künstlerischen Performance der 8. Klasse der Mittelschule Vinzentinum begann der "Weg der Versöhnung" mit Stationen am Denkort Deportationen, der Bahnhofsmission, dem Matthias-Ehrenfried-Haus und am Rathaus.