Dass noch keine endgültige Entscheidung fallen würde, war klar, aber nach der Sitzung des Stadtrats- Kulturausschusses am Mittwoch zeichnet sich deutlich ab, dass in Würzburg wohl mehrere Straßen umbenannt werden. Grund für die Umbenennung ist eine Verstrickung der Namensgeber ins NS-Regime, die über ein reines Mitläufertum hinausgeht.
Die Ausschussmitglieder hatten über jeden einzelnen Straßennamen gesondert abgestimmt. Erwartungsgemäß gab es bei Mozartfest-Begründer Hermann Zilcher (1881-1948) eine längere Diskussion und mit neun zu sieben Stimmen das knappste Ergebnis für die Umbenennung.
Würzburger Kulturreferent widerspricht Stadtrat Baumann
Zu Zilcher hatte die Würzburger Straßennamenkommission in ihrem Ende 2020 veröffentlichten Bericht das Fazit gezogen, der Komponist sei "Profiteur der NS-Herrschaft" gewesen, habe sich dem Regime "als willfähriger Unterstützer und Multiplikator der NS-Ideologie mit musikalischen Mitteln" angedient und es auch durch seine Tätigkeit als NSDAP-Ratsherr im Würzburger Stadtrat unterstützt.
An dieser Einschätzung hatte ZfW-Stadtrat Wolfgang Baumann bereits bei einer öffentlichen Anhörung im vergangenen Jahr Kritik geübt und von einem "Unwerturteil" gesprochen. Kurz vor der Ausschusssitzung hatte Baumann ein 95-seitiges Memorandum vorgelegt, in dem er in Sachen Zilcher zu einem gänzlich anderen Schluss als die Kommission kommt.
Breiten Raum nimmt darin die Erwiderung auf den Vorwurf der Kommission ein, Zilcher habe den Maler Eugen Vinnai (1889-1961) aus privaten Motiven bei der Gestapo denunziert, was Baumann, der auch Mitglied der Hermann-Zilcher-Gesellschaft ist, in seiner Schrift umfangreich zu entkräften sucht (wir berichteten).
Würzburgs Kulturreferent Achim Könneke, der Vorsitzender der Straßennamenkommission gewesen war, zeigte sich von Baumanns Untersuchungen unbeeindruckt. Am Mittwoch stellte er bereits zu Beginn klar, dass es aus seiner Sicht "keine substanziellen neuen Erkenntnisse" seit Veröffentlichung des Kommissionsberichts gebe, eine Einschätzung, die er ausdrücklich auch auf Baumanns Memorandum bezog.
"Hermann Zilcher", sagte Könneke wenig später in der Debatte, "hat sich über die ganze NS-Zeit hinweg mit dem Regime eingelassen". Selbst wenn man die Sache mit der Denunziation außer Acht lasse, müsse man die Frage stellen: "War Zilcher dann der naive Musiker oder war er auf der Seite derer, die das Regime mit dem Parteiabzeichen auf der Brust aktiv unterstützt haben?"
Konstantin Mack (Bündnis 90/Grüne) erinnerte ebenso wie Joachim Spatz (FDP) daran, dass das NS-Regime eine Vorgeschichte in der Weimarer Republik hatte. Zilcher habe sich schon in der Weimarer Zeit nationalistisch geäußert und sei unter anderem Mitglied im völkisch-antisemitischen "Kampfbund für deutsche Kultur" gewesen. Nach 1933 sei Zilcher im Sinne des Regimes politisch zuverlässig gewesen, das würden die Untersuchungen der Kommission "wissenschaftlich und faktenbasiert" belegen.
Anträge von Würzburger CSU und AfD blieben erfolglos
Anträge aus den Reihen von CSU und AfD, es bei einem Zusatz am Straßenschild zu belassen beziehungsweise ein weiteres Gutachten einzuholen, blieben ebenso erfolglos wie Baumanns Antrag, der den Verzicht auf die Umbenennung zum Ziel hatte. Einstimmig für eine Umbenennung sprach sich der Ausschuss bei den nach Nikolaus Fey, Carl Schadewitz und Karl Ritter von Frisch benannten Straßen aus und bei zwei Gegenstimmen auch im Fall des Heiner-Dikreiter-Weges.
Eine Überraschung gab es zum Schluss: Mit knapper Mehrheit war der Ausschuss auch für die Umbenennung der nach dem Komponisten Richard Strauss ("Der Rosenkavalier") benannten Straße, die laut Kommission eigentlich nur ein Zusatzschild ("Kontextualisierung") erhalten sollte. Dass es dazu kam, war ein Ergebnis der Diskussion zu Hermann Zilcher.
Wolfgang Baumann hatte auf Strauss' Rolle als Chef der "Reichsmusikkammer" verwiesen, die ihre "nichtarischen" Mitglieder ausgeschlossen und somit erwerbslos gemacht hatte. Damit habe Strauss "extreme Schuld" auf sich geladen. Im Vergleich mit Zilcher habe die Kommission mit zweierlei Maß gemessen. Grünen-Stadtrat Konstantin Mack beantragte daraufhin auch für Strauss die Umbenennung – mit Erfolg.
Für Zusätze an den Straßenschildern sprach sich der Ausschuss im Fall von Armin Knab und Peter Schneider aus. In der nächsten Woche beschäftigt sich der Hauptausschuss mit dem Thema, danach trifft der Stadtrat die Entscheidungen.
Auch wenn er erfinder des Mozartfestes ist?
Oder wird das auch abgeschafft?
Oder gehen nur noch bestimmte Leute hin?
Die über 8.000 NSDAP- Mitglieder Würzburgs sind ja nicht von heute auf morgen gestorben.
Geschichte kann man nicht ändern, Gegenwart selbst bestimmen und Zukunft planen, vielleicht demnächst am Hubland die Strassen nummerieren 1ost, 2 west etc.
Ich denke wenn ich diese Namen lese oder höre an Nazi und Judenmörder.
Es werden Koffer aufgesellt und Stolpersteine verlegt zur Erinnerung, doch niemand verfolgt die Geschichte weiter, wie zum Beispiel ehemals jüdische Immobilien an die heutigen Besitzer kamen.
Bei Raubkunst scheut man keine Kosten, um die Besitzer zu ermitteln -siehe Gurlitt.
Eine Quote von ca. 1 zu 1 fände ich gut.