Der plötzliche Tod eines Angehörigen oder ein schwerer Verkehrsunfall: Notfallseelsorger und Notfallseelsorgerinnen sind im Einsatz, wenn Betroffene seelischen Beistand brauchen. Pfarrer Frank Hofmann-Kasang ist seit 2005 Beauftragter für die Notfallseelsorge im evangelisch-lutherischen Dekanat Würzburg. Mit seinem Team ist er in Stadt und Landkreis unterwegs.
Die Psychosoziale Notfallversorgung für Betroffene (PSNV-B) richtet sich an Personen in Notfallsituationen. Wenn der Rettungsdienst oder die Polizei den Einsatzort verlassen, bleibt die Not der Betroffenen akut. Als ein Teil der Rettungsfamilie kommt dann die seelsorgerliche und psychosoziale Akutbetreuung zum Einsatz.
Psychosoziale Notfallversorgung für Betroffene als Bindeglied
"Im Prinzip sind wir das Bindeglied und versuchen, vom Abzug der Rettungskräfte bis hin zum Eintreffen stabiler Familienangehöriger oder bis hin zur Überbringung in stabile Situationen die Menschen zu begleiten", erklärt Notfallseelsorger Hofmann-Kasang.
Für eine Nachversorgung ist die PSNV-B-Notfallseelsorge nicht zuständig. Sie ist jedoch gut vernetzt und kann entsprechende Hilfsangebote für die Folgezeit vermitteln. Psychosoziale Notfallversorgung gibt es auch für Einsatzkräfte (PSNV-E).
"Der Piepser geht an, der Puls geht rauf", sagt Hofmann-Kasang. Alarmiert werden die Notfallseelsorger und Notfallseelsorgerinnen durch Funkmeldeempfänger über die jeweilige integrierte Leitstelle von Rettungsdienst, Polizei oder Feuerwehr. Die meisten Einsätze würden die Mitarbeitenden alleine bewältigen, außer es werde mehr Unterstützung benötigt.
Würzburger Notfallseelsorge soll Betroffenheit Raum geben
Bei ihrer Ankunft werde zunächst mit den Einsatzkräften vor Ort abgeklärt, was passiert ist. Danach wird sich bei den Betroffenen vorgestellt. "Wir versuchen dann, mit den in der Seelsorger-Ausbildung gelernten Methoden das Gespräch zu eröffnen und erkunden daraufhin mit den Betroffenen die Sachlage und deren Bedürfnisse", erklärt der Seelsorge-Chef.
"Wenn ich an eine Einsatzstelle komme, geht es zunächst darum, der Betroffenheit Raum zu geben", so der Pfarrer. Die Tatsache, dass beispielsweise ein Familienmitglied verstorben ist, werde nicht ausgeblendet, vielmehr werde ihr begegnet. Erklären was passiert ist, die Betroffenen auffangen und in den ersten Stunden strukturierend begleiten, das sei wichtig.
Außerdem sollen den Menschen ihre Bedürfnisse nahegebracht werden. Beispielsweise werde ein Getränk angeboten. Eine einfache Geste, die jedoch eine gewisse Stabilisierung mit sich bringe. "Es geht darum, möglichst viel der Freiheit, die der Umstand genommen hat, wieder zurückzugeben", erklärt Hofmann-Kasang, "aber wir sind keine Helden, wir begleiten Menschen in den ersten Trauerreaktionen."
So grenzen sich die Würzburger Notfallseelsorger vom erlebten Leid ab
Dass die Seelsorgenden nicht akzeptiert werden, passiere eher selten. "Letztes Jahr hatten wir insgesamt 134 Einsätze, also sind es ungefähr zwei bis drei Einsätze pro Woche", berichtet Hofmann-Kasang. Ein Einsatz dauere im Normalfall etwa drei bis vier Stunden. Meistens werden sie gerufen, weil eine Reanimation erfolglos blieb.
"Dass ich mich psychisch abgrenze, passiert bereits während der Anfahrt", erklärt der Notfallseelsorger. Sobald der Anstecker mit dem Zeichen der Notfallseelsorge angebracht und je nach Einsatz auch die Weste angezogen sei, fungiere dies wie ein Schutzmantel. "Ich bin in der Rolle des nicht betroffenen Helfenden vor Ort, das mache ich mir bewusst", sagt er.
Hin und wieder fahre er an Häusern vorbei, bei denen schon mal ein Einsatz stattgefunden hat. Belasten würde ihn dies allerdings nicht. Hofmann-Kasang sei außerdem in einer Supervisionsgruppe. Was zudem gut tue, sei ein Gespräch mit Kollegen und Kolleginnen, bei denen vergangene Einsätze besprochen werden.
So funktioniert Engagement in der Würzburger Notfallseelsorge
Momentan engagieren sich in Hofmann-Kasangs Team zwischen sechs und zehn Ehrenamtliche abwechselnd im Bereitschaftsdienst. "Eigentlich bräuchten wir 14 Personen, die mitarbeiten", meint er. Die Voraussetzungen in Würzburg sind besondere. "Es müssen Menschen mit kirchlicher Bindung sein, die den Menschen auch mit ihrem Glauben nahe sein können. Das ist der Mehrwert der Notfallseelsorge gegenüber der PSNV-B", sagt er. Dafür gebe es ein extra Ausbildungsmodul.
Die Ausbildung ist deutschlandweit standardisiert. Zu absolvieren sind 100 Ausbildungsstunden. Diese umfassen unter anderem Gesprächsführung, Anzeichen psychischer Ausnahmezustände, Bestattungsrecht und Organisationstrukturen der Rettungsdienste.
Es müssen aber nicht nur Priester oder Diakone sein, die diese Arbeit leisten, denke auch viele
freiwillige Menschen würden sich für diesen Beruf(ung) entscheiden. Wenn man sieht in vielen Häusern wo das Leid so richtig zu schlägt, ist es nur gut, wenn es solche Menschen gibt, die in den ersten Tagen der Trauer den Angehörigen beistehen, einfach nur miteinander zusammensitzen und auch mal gar nichts sprechen hilft da oft schon. Meine Mutter ist erst kurz nach Pfingsten verstorben und da war es gut, als Pfarrer und Bekannte kamen und uns Trost spendeten.