Mit bis zu 2000 Fahrgastbewegungen täglich zählt der Ochsenfurter Bahnhof zu den meistfrequentierten in der Region. Trotzdem ist er noch immer nicht barrierefrei ausgebaut, obwohl die Forderung danach seit mehr als zwei Jahrzehnten im Raum steht. Mit einer Petition an den Bundestag, den Landtag und die Deutsche Bahn will die Ochsenfurter SPD dieser Forderung nun wieder einmal politischen Nachdruck verleihen. Über 1000 Bürgerinnen und Bürger aus Ochsenfurt und dem Umland haben die Petition schon unterschrieben. Doch wie stehen die Chancen, dass sich tatsächlich etwas bewegt?
Die 28 Stufen, die von der Fußgängerunterführung zum Bahnsteig führen, stellen nicht nur für Rollstuhlfahrer ein unüberwindliches Hindernis dar. Auch Eltern mit Kinderwagen oder Reisende mit schwerem Gepäck sind dadurch von Benutzung des inzwischen eng getakteten Zugangebots in Richtung Würzburg nahezu ausgeschlossen. Und es sind nicht die einzigen Mängel, die die Ochsenfurter SPD in ihrer Petition auflistet. Der viereinhalb Meter breite Bahnsteig bietet weder eine ausreichende Überdachung noch Sitzgelegenheiten für die Wartenden.
Ein "Unding" in Zeiten der Mobilitätswende
In Zeiten der Mobilitätswende "ein Unding", sagt die Ochsenfurter SPD-Vorsitzende Ingrid Stryjski. Viele Buslinien im südlichen Landkreis Würzburg seien auf den Ochsenfurter Bahnhof ausgerichtet, um von dort eine schnelle Weiterfahrt mit dem Zug nach Würzburg zu ermöglichen, sagt auch Sibylle Holste von der Nahverkehrsgesellschaft des Landkreises APG. Deshalb sei der barrierefreie Ausbau des Bahnhof enorm wichtig, um den Menschen den Umstieg auf den ÖPNV schmackhaft zu machen.
Seit Jahren arbeitet sich auch der Ochsenfurter Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib (SPD) an dem Thema ab. Im Herbst 2018 gelang es ihm immerhin, Verantwortliche der Bahn und der Stadt Ochsenfurt sowie die Landtagsabgeordneten aus dem Landkreis Würzburg, Manfred Ländner (CSU) und Kerstin Celina (Grüne), an einen Tisch zu bringen. Als Ergebnis untersuchte die Bahn verschiedene Ausbauvarianten, versehen mit einem Kostenvergleich.
Bahn schätzte die Kosten auf knapp sieben Millionen Euro
Aus damaliger Sicht der Bahntochter DB Station & Service käme für den barrierefreien Ausbau nur eine langgezogene Rampe in Frage, die die Unterführung mit dem Bahnsteig verbindet. Der Bahnsteig sei zu schmal, um neben der Treppe auch noch einen Aufzug aufzunehmen. Für die Rampenlösung müsste der Bahnsteig allerdings um rund 40 Meter verlängert werden. Auch ein Umbau von Gleisen, Weichen und Oberleitungen wäre nötig. Die grobe Kostenschätzung damals: knapp sieben Millionen Euro.
Dem Eindruck, dass seitdem überhaupt nichts passiert sei, widerspricht Volkmar Halbleib. "Es fanden permanent Gespräche statt, mit den Ministerien, mit der Bahn", sagt er – "aber kein Durchbruch." Der ist immerhin in Iphofen gelungen - wenn auch ebenfalls erst nach jahrelangem hartnäckigem Ringen. Im Unterschied zu Ochsenfurt hatte die Stadt Iphofen auf eigene Kosten eine qualifizierte Vorplanung erstellen lassen, sagt Bauamtschef Matthias Kurth. Obwohl der Bahnhaltepunkt in Iphofen von deutlich weniger Fahrgästen benutzt wird als der Ochsenfurter Bahnhof, begannen im Mai dieses Jahres die Umbauarbeiten.
"Ein glücklicher Zufall war der Ausbau der Bahnstrecke Würzburg-Nürnberg", sagt Kurth. Weil wegen der Erneuerung des Gleisbetts die gesamte Strecke gesperrt werden musste, sei es einfach gewesen, den Umbau des Bahnhofs mit einzutakten. Andernfalls hätte Iphofen vermutlich auch noch Jahre auf den barrierefreien Umbau warten müssen.
Ausschlaggebender Punkt könnte die Vorleistung der Kommune gewesen sein. Auch für den Bahnhof Ochsenfurt hatte Bahn-Vertriebsbeauftragter Herbert Kölbl der Stadt empfohlen, auf eigene Kosten eine qualifizierte Vorplanung erstellen zu lassen. Mit einem fertigen Plan in der Schublade sei die Chance groß, dass es ein neues Projekt in die Ausbauplanung rutscht - etwa dann, wenn ein anderes Vorhaben aus unterschiedlichen Gründen zurückgestellt wird oder, wie in der Corona-Krise, kurzfristig Fördermittel frei werden. So wie es auch in Iphofen geschehen ist.
Von 15 verschiedenen Förderprogrammen passt keines für Ochsenfurt
An solchen Förderprogrammen mangele es im Freistaat Bayern nicht. "Es gibt derzeit 15 verschiedene Förderprogramme für den barrierefreien Ausbau von Bahnhaltepunkten", sagt Volkmar Halbleib, "aber keines davon passt für Ochsenfurt." Eine Entschlackung und Vereinfachung der Förderpraxis ist deshalb ein Ziel, das sich Halbleib auf die Agenda geschrieben hat. Als zweites fordert er einen Mechanismus, wie vorgezogene Planungsleistungen gemeinsam von Kommune, Landkreis und Freistaat finanziert werden können.
Halbleib sieht sich dabei im Verbund mit seiner Kitzinger CSU-Kollegin Barbara Becker, die sich für den Ausbau des dortigen Bahnhofs einsetzt. Der Kitzinger Haltepunkt spiele für den gesamten regionalen ÖPNV eine ähnlich große Rolle wie der Ochsenfurter. "Ochsenfurt und Kitzingen gemeinsam anzugehen, wäre deshalb ein sinnvoller Doppelpack", so Halbleib. Eine gewisse Hoffnung setzt er dabei auf die von der Ampelregierung beschlossene Zusammenlegung der Bahntöchter DB Netz und DB Station & Service zum Jahreswechsel, die sich stärker am Gemeinwohl orientieren soll.
kommt der barrierefreie Ausbau des Ochsenfurter Bahnhofs zeitgleich mit dem des Kitzingers... nämlich nicht mehr in diesem Leben. Oder so ähnlich.
ich glaube, in Deutschland sind Dank Herrn Mehdorn (& Co.) wahrhaftig genug Gleise abgebaut worden. Das Ergebnis bekommen wir jeden Tag präsentiert.
Da sollte man mMn die Sache eher so lösen wie in Heidingsfeld.