Was Kulturwege betrifft, hat sich die Region südlich von Würzburg in den vergangenen Jahren mächtig ins Zeug gelegt. Vorangetrieben von den interkommunalen Allianzen, existieren inzwischen fünf im Bereich der Allianz Fränkischer Süden und fünf in der Allianz Maindreieck. Jetzt wollen die beiden Allianzen in einem gemeinsamen Projekt noch einen drauf setzen und einen weiteren Kulturweg konzipieren: am Thierbachtal. Die Route soll zwischen Ochsenfurt und Gaukönigshofen entlang führen und auch die Orte Hohestadt, Tückelhausen, Aholshausen, Wolkshausen, Rittershausen und Eichelsee einbeziehen.
Die Auftaktveranstaltung fand jetzt in digitaler Form statt. Mehr als 20 Personen nahmen teil, neben den Allianzmanagern Kira Schmitz und Bastian Lange die Bürgermeister Peter Juks aus Ochsenfurt und Johannes Menth aus Gaukönigshofen sowie etliche interessierte Bürger.
Am Anfang steht die Stoffsammlung
Denn die, so Gerrit Himmelsbach, sind Dreh- und Angelpunkt eines jeden Kulturwege-Projekts. Himmelsbach selbst leitet das Archäologische Spessartprojekt, vor rund 25 Jahren gegründet und inzwischen ein eigenes Institut an der Universität Würzburg. Das damals entwickelte Konzept war so erfolgreich, dass sich Kulturwege mittlerweile auch weit außerhalb des Spessarts finden. Obwohl Gerrit Himmelsbach seit dem Jahr 2000 schon 116 Routen mit entwickelt hat, ist er immer wieder erstaunt, welche kulturellen Schätze in der Region schlummern.
Diese Schätze sollen den Wanderern auf den Kulturwegen gezeigt werden. Niemand kennt sie besser als die Menschen, die entlang der Routen wohnen. Ihr Wissen soll in den Arbeitskreisen angezapft werden, die im Lauf von einem bis drei Jahren in sechs jährlichen Treffen Konzept und Wegverlauf erarbeiten. Zuerst, verriet Himmelsbach, wird eine Stoffsammlung zusammengetragen. Dann wird das Konzept erstellt und im letzten Schritt Inhalt und Route festgelegt.
Die Geschichte des Klosters Tückelhausen
Schon bei der Auftaktveranstaltung kam in puncto Stoffsammlung einiges zusammen. So stellte der seit Jahrzehnten in Hohestadt lebende Peter Honecker eine von ihm selbst ausgearbeitete Wanderung vor, auf der allein schon vier Kapellen angesteuert werden. Eine davon, so die Legende, wurde errichtet, nachdem dort jemandem der Teufel erschienen war. Stephan Clobes hätte gern sein umfangreiches Wissen zu seinem Heimatort Tückelhausen vorgetragen, wurde aber von der Technik ausgebremst.
In die Bresche sprang Familie Krämer, die viel zu Kloster und Kartause beizutragen wusste. So könne man beispielsweise die ehemaligen Klosterzellen durchaus als die ersten Reihenhäuser bezeichnen, nachdem das Kloster bei der Säkularisation aufgelöst und die einzelnen Zellen an Privatleute verkauft wurden. Auch Thomas Langhirt präsentierte eine von ihm erdachte Wanderung, die eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten streift: die im Frühjahr blühenden Märzenbecher im Thierbachtal, einen kleinen Wasserfall, den romantischen Jägersteig und neben zahlreichen Bildstöcken schöne Ausblicke auf die Ortschaften.
Uralte Kulturlandschaft
Jürgen Kempf stellte aus Gaukönigshofen und seinen Ortsteilen eine erstaunliche Fülle interessanter Kulturgüter vor. Der ganze Bereich ist eine alte Kulturlandschaft, deren Besiedelungsgeschichte 6000 Jahre in die Vergangenheit reicht. So befindet sich an der Brünnleinswiese eine Ausgrabungsstätte, auf der eine kontinuierliche Besiedelung von der Jungsteinzeit bis zur Völkerwanderung in der Spätantike nachgewiesen werden konnte. Das berühmte Kultwägelchen aus Acholshausen, das in einem Fürstengrab der späten Bronzezeit gefunden wurde, zierte in den 1970er Jahren gar eine Briefmarke.
Für Gerrit Himmelsbach ist klar, dass Tückelhausen und Gaukönigshofen mit ihrer interessanten Geschichte eigentlich zwei eigenständige Rundgänge wert wären. Deshalb wird man sich in diesen Ortschaften auf das ganz Wesentliche beschränken müssen, da sie wie die übrigen Orte in den Thierbachtal-Kulturweg eingebunden werden sollen. "Jeder Ort muss eine Besonderheit haben, an die man sich erinnern kann", sagte Himmelsbach. Ziel sei nach diesem ersten Einblick jetzt, einen roten Faden zu finden, ein gemeinsames Thema, das alle Orte verbindet.
Später gibt es auch Treffen vor Ort
Rund 17 000 Euro kostet die Erstellung eines Kulturweges üblicherweise, der Bezirk Unterfranken fördert die Projekte. An jeder Route werden sechs große Info-Tafeln aufgestellt, dazu kommen Flyer in einer Stückzahl von 6000. Deren Inhalt ist auch im Internet abrufbar. In Zusammenarbeit mit Vereinen werden die Wege, die meist schon bestehende Strukturen nutzen, beschildert. Aufgrund einer stetig wachsenden Kulturweg-Fangemeinde müsse man zur offiziellen Eröffnung mit 120 bis 300 Besuchern rechnen, sagte Himmelsbach.
Das nächste Arbeitsgruppentreffen ist für den 27. Juli geplant, voraussichtlich wird es in Gaukönigshofen stattfinden. In den Gemeindeblättern wollen die Allianzen nochmals auf Termin und Ort hinweisen. Später treffen sich die Mitwirkenden dann auch direkt vor Ort an den möglichen Stationen des späteren Kulturweges.