Würzburg hat seit Freitag ein neues Denkmal: Zur Erinnerung an Bewohner und Personal des ehemaligen jüdischen Krankenhauses und der jüdischen Altersheime hat der Künstler Gunther Demnig an der Ecke Dürerstraße/Konradstraße 40 neue Stolpersteine zu einem kleinen Gedenkdort zusammengefügt. In Anwesenheit von Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, wurde das mosaikartige Bodendenkmal am Freitag offiziell enthüllt.
Schuster war zusammen mit Oberbürgermeister Christian Schuchardt auch schon am Vorabend im Keller Z87 zu Gast, wo der Arbeitskreis Stolpersteine bei einem Themenabend unter dem Titel "Verschwundene Nachbarn 1942" mit Vorträgen der Historiker Maja Andert und Roland Flade den historischen Kontext der neu verlegten Stolpersteine erläutert hatte.
Erinnerung an die Opfer der Schoah
Verlegt wurden die 40 Stolpersteine und eine Schwelle mit der Beschreibung des Ortes von einem vierköpfigen Team des städtischen Tiefbauamts nach der Vorlage von Gunther Demnig, der während der Corona-Pandemie nicht selbst nach Würzburg kommen konnte. Der Berliner Künstler hat seit 1992 in Deutschland und 24 weiteren europäischen Staaten mehr als 75 000 der kleinen viereckigen Messingplatten verlegt, von denen jede einzelne an ein Opfer der Shoa erinnert.
"Es ist eine besondere Verlegung, weil an Menschen gedacht wird, die in diesem Areal lebten und von hier deportiert wurden", sagte Josef Schuster am Freitagmorgen an der Stelle, an der früher ein jüdisches Krankenhaus und jüdische Altersheime standen. Er halte Demnigs Kunstprojekt nicht nur für gelungen, sondern auch für außerordentlich wichtig: "Der Eine oder Andere stolpert auch gedanklich darüber, und gar nicht so wenige Menschen fangen das Denken an."
Im Gegensatz zu manch anderer Kommune, in der die Verlegung von Stolpersteinen eher als Pflichtaufgabe behandelt werde, werde in Würzburg "Geschichte erlebbar", so Schuster weiter. Bei der 29. Stolpersteinverlegung sorgten dafür Schülerinnen und Schüler der Maria-Ward-Realschule, die vor Ort in kurzen Geschichten die Lebensgeschichte und das Schicksal der Opfer beschrieben.
Bürgermeisterin Judith Jörg erinnerte in ihrer Ansprache daran, dass zur Zeit des Nationalsozialismus auch viele Würzburgerinnen und Würzburger schuldig geworden sind: "Sie haben weggesehen, mitgemacht oder sich bereichert, als ihre Mitbürger ausgegrenzt, entrechtet, verfolgt und in den Tod geschickt wurden." Es sei wichtig, die Erinnerung an die Gräueltaten wachzuhalten: "Wir sind es den Opfern schuldig, dass es in unserem Land nie wieder zu einer solchen Herrschaft des Unrechts kommt."
Mehr Stolpersteine als in jeder anderen bayerischen Stadt
In Würzburg wurden seit der Gründung des Arbeitskreises vor 16 Jahren insgesamt 625 Stolpersteine vor den ehemaligen Wohnhäusern deportierter und in den Vernichtungslagern getöteter jüdischer Mitbürger verlegt – mehr als in jeder anderen bayerischen Stadt. Das hat vor allem mit einer guten Öffentlichkeitsarbeit und auch damit zu tun, dass durch die große Zahl an ehrenamtlich engagierten Mitgliedern mehrere Recherchegruppen eingerichtet werden konnten, erläutert Benita Stolz, die den Arbeitskreis 2005 zusammen mit Helmut Försch gegründet hat: "Wir haben für Bayern früh angefangen, breitere Bevölkerungsgruppen angesprochen und sind zu einem festen Bestandteil der Würzburger Erinnerungskultur geworden."
Erinnerung hilft vor kommenden Katastrophen nicht.
Während die "Erinnerung" in Deutschland zunimmt, wächst der Antisemitismus weiter stark an. Durch immer größere Gottlosigkeit, wächst auch der Antisemitismus proportional an - das erleben wir gerade weltweit.
L.G. Martin Dobat
Den Zusammenhang zwischen Gottlosigkeit und Judemhass kann ich so nicht akzeptieren. Zum einen, weil die Kirchen im sogenannten Dritten Reich beim Antisemitismus kräftig mitgemischt haben, zum anderen, weil viele fundamental gottgläubige Muslime auch nicht gerade Philosemiten sind.
Stolpersteine finde ich richtig und wichtig, immerhin regen sie den einen oder anderen zum Nachdenken an und machen deutlich, daß es würzburger Bürger waren, die man vor aller Augen entrechtet, verschleppt und umgebracht hat - es waren unsere Nachbarn.
Gottlosigkeit ist in allen Religionen zu finden. Jünger Jesu, wissen dass die Juden unsere Geschwister sind und lieben sie.
Obwohl sich zahlreiche Politiker und Religionsführer oft öffentlich erinnern, weisen die Statistiken einen stark anwachsenden Antisemitismus auch in Deutschland aus - irgendetwas passt da nicht zusammen.
L.G. Martin Dobat