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Würzburg
"Er musste sterben, weil er Männer geliebt hat": Neue Stolpersteine in Würzburg für queere NS-Opfer verlegt
Von Nazis verfolgte und getötete queere Menschen standen im Mittelpunkt der 33. Stolperstein-Verlegung in Würzburg. Welches Schicksal Georg Burger erfahren musste.
Georg Burger wurde wegen seiner sexuellen Orientierung ermordet. Er hatte einen Obststand in Würzburg. 
Foto: Silvia Gralla | Georg Burger wurde wegen seiner sexuellen Orientierung ermordet. Er hatte einen Obststand in Würzburg. 
Autorenköpfe Volos       -  Die neuen Volos sind da: Peter Schlembach startet am 1. April 2023 in ihr zweijähriges Volontariat.
Peter Schlembach
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:20 Uhr

Mit sanften Schlägen klopft Paul Henneberger den Stolperstein in das Loch im Asphalt. Danach gießt er etwas Mörtel in die Ritzen und wischt mehrmals über die kleine Gedenktafel aus Messing, bis sie golden glänzt. Sie erinnert an Georg Burger, der zuletzt in der Saalgasse 3 wohnte. Es ist einer von 15 neuen Stolpersteinen, die Henneberger und seine Kollegen vom Bauhof am Dienstag verlegt haben. 696 Steine liegen damit jetzt in Würzburg und gedenken der Opfer des Nationalsozialismus. 

Der Würzburger Obsthändler Georg Burger. 
Foto: Staatsarchiv Nürnberg | Der Würzburger Obsthändler Georg Burger. 

"Unser Mitbürger Georg Burger musste 1942 sterben, weil er Männer geliebt hat", sagte Oberbürgermeister Christian Schuchardt bei der verregneten Verlegung des Stolpersteins. Der Schwerpunkt lag dieses Mal auf homosexuellen Opfern. Burger war einer von etwa 15.000 schwulen Männern, die von NS-Behörden in Konzentrationslager deportiert worden waren. Die Hälfte von ihnen kam ums Leben.

Erst 2002 wurden homosexuelle Opfer rehabilitiert

Schuchardt betonte, dass auch noch nach 1945 homosexuelle KZ-Häftlinge vom Gedenken ausgeschlossen wurden: "Erst 2002 hat der Deutsche Bundestag sie rehabilitiert." Es sei gut, dass in den vergangenen Jahrzehnten ein gesellschaftliches Umdenken stattgefunden habe, so der Oberbürgermeister.

Die Stolpersteine seien ein besonders wirksames Mittel gegen das Verdrängen und Vergessen. "Die Steine geben den Opfern des Nationalsozialismus wieder einen Platz in der Mitte unserer Stadtgesellschaft, aus der sie so grauenhaft herausgerissen wurden", so Schuchardt. 

Eine Beerdigung für Georg Burger 

Die Patenschaft für den Stolperstein von Georg Burger übernehmen die Polizistinnen und Polizisten des 31. Ausbildungsseminars der Bereitschaftspolizei Würzburg. Sie gestalteten auch die Gedenkveranstaltung. Georg Burger eine Beerdigung zu geben, die er nicht hatte, war das Ziel der Beamtinnen und Beamten. Sie verteilten Trauerbilder und stellten eine Kerze neben dem Stolperstein auf.

Die Polizistinnen und Polizisten des 31. Ausbildungsseminars der Bereitschaftspolizei Würzburg übernahmen die Patenschaft für den Stolperstein von Georg Burger. Sie gestalteten auch die Gedenkveranstaltung. 
Foto: Silvia Gralla | Die Polizistinnen und Polizisten des 31. Ausbildungsseminars der Bereitschaftspolizei Würzburg übernahmen die Patenschaft für den Stolperstein von Georg Burger. Sie gestalteten auch die Gedenkveranstaltung. 

"Wir wollen versuchen, Herrn Burger seine Würde zurückzugeben und ihn durch unsere Erinnerung wieder in unsere Mitte holen", sagte eine Polizistin. Weil Georg Burger einen Obststand in Würzburg hatte, stellten sie und ihre Kollegen eine Obstkiste am Gedenkort ab, um zu zeigen, dass er "lebte und arbeitete und die Sorgen so vieler teilte".

Ermordung aus Hass und Unverständnis 

Daneben legte das Ausbildungsseminar der Bereitschaftspolizei ein Blumengesteck in "unschuldigem Weiß" ab und erklärten, dass dies zeigen soll, dass der Grund der Ermordung keine Schuld, sondern reiner Hass und Unverständnis war. Ein Kondolenzbuch stand im Hauseingang von Georg Burgers letztem Wohnort, in dem die Anwesenden ihre Anteilnahme ausdrücken konnten. Zum Abschluss sang eine Beamtin das Lied "In diesem Moment" von Roger Cicero, begleitet von einem Kollegen mit der Gitarre. 

Benita Stolz, die Koordinatorin der Verlegung der Stolpersteine, bedankte sich für die Patenschaft und die gute Zusammenarbeit. Neben der Bereitschaftspolizei haben am Dienstag viele Schulklassen eine Patenschaft für die verlegten Stolpersteine übernommen. Für Stolz ist dies besonders wichtig. So könnten sich die Jugendlichen mit dem Thema anhand einer konkreten Person beschäftigen und die Lehrer die NS-Zeit erfahrbarer machen. 

 
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  • Evi Schmitt
    Eine sehr schöne und würdevolle Geste der Polizei. Vielen Dank.
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