Noch ist es nur eine grüne Wiese, die sich am Ende des Würzburger Waldfriedhofs erstreckt. Ein neu gebauter Weg führt an ihr entlang, erste Vermessungsarbeiten finden statt. Denn bald soll auf der Wiese ein islamisches Grabfeld entstehen, in dem etwa 200 Muslime nach ihren religiösen Vorschriften bestattet werden können. „Wir haben nun mal immer mehr Muslime in unserem Land und nicht weniger“, sagt Isolde Krones. „Und die brauchen Grabstätten.“
Mehr Nachfrage aber zu wenig Platz
Krones ist Leiterin der Würzburger Friedhofsverwaltung und daher bestens mit der Thematik vertraut. Und diese ist keinesfalls eine neue: Bereits seit 2002 gibt es auf dem Waldfriedhof ein islamisches Grabfeld, etwa 30 Menschen sind hier bestattet. Doch mit der Zeit wurde die Nachfrage immer Größer und das Feld zu klein.
Dass die Nachfrage steigt liegt nicht nur daran, dass heute mehr Muslime in Deutschland leben als noch vor 20 Jahren. Auch die Bereitschaft, sich in Deutschland beerdigen zu lassen, ist gestiegen. Lange war es für Muslime normal, sich nach ihrem Tod in ihrem Herkunftsland, also zum Beispiel in der Türkei, beerdigen zu lassen. Doch diese Tradition gerät ins wanken.
Wichtiges Thema in der Gemeinschaft
„Innerhalb der muslimischen Gemeinschaft gibt es eine große Diskussion darüber, wie und wo man sich beerdigen lässt“, erklärt Michel Schnabel. Er ist selbst Muslim, Lehramtsstudent und zertifizierter Islamlehrer. „Und da kommt immer öfter die Aussage 'Ich möchte auch nach meinem Tod hier bleiben'.“ Diese Entwicklung sieht Schnabel positiv, die Menschen würden mittlerweile Deutschland als ihre Heimat betrachten. „Das ist doch erfolgreiche Integration.“
Um diese Integration zu untermauern sieht Schnabel nun die Kommunen in der Pflicht. Denn bisher gibt es in Unterfranken nur in Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg islamische Gräberfelder – in Karlstadt (Lkr. Main-Spessart) soll noch in diesem Jahr eines entstehen. In Würzburg haben immerhin noch Bürger aus dem gesamten Landkreis die Möglichkeit, sich dort bestatten zu lassen. In Schweinfurt dagegen besteht diese Möglichkeit nur für Bürger der Stadt – allen anderen bleibt sie verwehrt.
Landleben attraktiv machen
Doch auch auf dem Land sollte es nach Schnabels Meinung für Muslime möglich sein, sich nach ihren Vorstellungen bestatten zu lassen. Bei der Stadt Kitzingen hat er deshalb mit seinem Verein Selam Mainfranken einen entsprechenden Antrag eingereicht, der derzeit geprüft wird. Für ihn seien die Grabfelder nötig, um auch ländliches Leben für gläubige Muslime attraktiv zu machen. „Das ist eine Art gegenseitiges Entgegenkommen“, erklärt Schnabel. Schließlich sei die islamische Gemeinde durchaus bereit, auf gewisse in Deutschland nicht umsetzbare Riten zu verzichten. Hier geht es zum Beispiel um die Bestattung innerhalb von 24 Stunden oder die Beerdigung ohne Sarg, die in Bayern untersagt ist.
„Schöner wäre es zwar, wenn auch das geht, aber damit können wir Leben“, sagt Ahmet Bastürk, Sprecher der islamischen Gemeinschaften in Würzburg. Unabdingbar sei dagegen die rituelle Waschung und dass der Tote mit Blickrichtung nach Mekka bestattet wird. Um letzteres zu ermöglichen, sind meist besondere Grabfelder für Muslime nötig. Denn auf vielen Friedhöfen ist eine entsprechende Grabausrichtung nicht ohne weiteres umsetzbar. So auch auf großen Teilen des Würzburger Waldfriedhofes: „Wir haben feste Grabfundamente, die falsch ausgerichtet sind“, erklärt Isolde Krones. Deshalb habe man sich für das neue Feld, einen noch nicht erschlossenen Bereich am Rand des Friedhofs entschieden.
Ohne christliche Symbole
Diese Abgeschiedenheit kommt den Muslimen zusätzlich entgegen, weil ihre Grabstätten dann nicht von Kreuzen umgeben sind. „Es wäre schön, wenn es dort keine allzu großen christlichen Symbole gäbe“, sagt Schnabel. Doch es gibt noch mehr Unterschiede zu christlichen Friedhöfen: So gibt es auf den islamischen Grabfeldern kaum Grabsteine sondern meist nur kleine, hölzerne Tafeln. Auch auf allzu auffälligen Grabschmuck wird meist verzichtet. Für Isolde Krones ist das nicht weiter verwunderlich: „Die Muslime wollen, dass im Tod alle gleich sind.“
Anders als sie hält Ralf Michal, Vorsitzender der Bestatterverbandes Bayern, eine Erweiterung der Grabfelder nicht für nötig. „Das wird von Türken kaum wahrgenommen, die werden meist in ihre Heimatländer zurückgeführt“, sagt er. „Wenn es jemand in Anspruch nimmt, dann Flüchtlinge.“ Auch die regelmäßig aufkommende Debatte über die Abschaffung der Sargpflicht in Bayern hält er für unnötig. „Von Muslimen wurde der Wunsch noch nie an mich herangetragen“, berichtet er aus seinen Erfahrungen. „Die Bestrebungen gehen nicht von religiösen, sondern von politischen Gruppen aus.“
Islamische Bestattungen
Im Allgemeinen unterscheiden sich die islamischen Bestattungsriten nicht allzu sehr von christlichen. So sind in beiden Religionen Erdbestattungen üblich, im Islam soll diese im Optimalfall innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod erfolgen. Das ist in Bayern jedoch nicht möglich – hier muss eine Frist von mindestens 48 Stunden eingehalten werden.
Zum rituellen Ablauf im Islam gehört die Waschung des Toten. Im Anschluss an diese wird der Leichnam in ein weißes Leinentuch gehüllt, in dem er auch begraben wird. In Bayern ist außerdem ein Sarg vorgeschrieben – wo diese Pflicht nicht besteht wird auf ihn verzichtet. Im Grab wird der Tote, beziehungsweise der Sarg, so positioniert, dass der Verstorbene in Richtung Mekka blickt.
Ich selbst sehe eine Einäscherung als die beste Form an. Aber jeder soll sich seine Bestattungsform selbst aussuchen können. Auch im rückständigen Bayern. Warum ein Sarg da vorgeschrieben ist, kann ich nicht nachvollziehen. Alleine schon aus Umweltschutzgründen.