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Würzburg
Nach verheerendem Corona-Ausbruch: So ist die Lage in der Fuchsenmühle
In dem Ochsenfurter Seniorenzentrum sind zwei weitere Bewohner an Covid-19 gestorben. Ein Blick in ein Heim, das den Spagat zwischen Gesundheit und Seelenwohl schaffen will.
Im  Seniorenzentrum Fuchsenmühle in Ochsenfurt gab es einen Corona-Ausbruch. Etwa Zweidrittel der Bewohner sind betroffen.
Foto: Thomas Obermeier | Im Seniorenzentrum Fuchsenmühle in Ochsenfurt gab es einen Corona-Ausbruch. Etwa Zweidrittel der Bewohner sind betroffen.
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:24 Uhr

Eigentlich strahlt das Seniorenzentrum Fuchsenmühle im Thierbachtal vor den Toren Ochsenfurts eine idyllische Ruhe aus. Doch derzeit erreicht das Heim durch einen massiven Corona-Ausbruch und fast täglich steigende Todesfälle traurigen Bekanntheitsgrad. Was war passiert, und wie haben sich die Dinge seither entwickelt?

Am 1. November kam die Nachricht, dass 46 Bewohner und 26 Mitarbeiter des Ochsenfurter Seniorenzentrums positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Bei Nachtestungen kamen weitere Fälle dazu. Aktuell sind nach einer Meldung des Gesundheitsamtes für Würzburg Stadt und Landkreis zwei weitere Todesfälle in Zusammenhang mit Covid-19 bestätigt, damit steigt die Zahl der Verstorbenen in der Fuchsenmühle auf neun Bewohner - und das binnen weniger Tage.

Zweidrittel der Heimbewohner haben ein positives Ergebnis

Nach derzeitigem Stand wurden von insgesamt 87 Bewohnern 60 positiv auf das Coronavirus getestet, teilt die Sprecherin des Curata-Seniorenzentrums Fuchsenmühle, Anke Sostmann, mit. Zwei Bewohner befänden sich derzeit im Krankenhaus. "Die betroffenen Wohnbereiche sind isoliert, so ist es auch mit dem Gesundheitsamt abgesprochen", erklärt Sostmann. Angesichts der räumlichen Situation in der Einrichtung sei eine Trennung gut machbar. 

Um die Senioren mit ihren Ängsten und Sorgen nicht allein zu lassen, haben sich ökumenische Ortsseelsorger bereit erklärt, die Einrichtung zu besuchen, erzählt die Sprecherin. Das Bayerische Rote Kreuz gebe ihnen hierfür eine Einweisung zur persönlichen Schutzausrüstung.

Leihpersonal konnte Engpass ausgleichen

Da auch der Heimleiter und ein Teil des Pflegepersonals von Corona und einer verhängten Quarantäne betroffen ist, kam es sofort zu einem Engpass im Pflegebetrieb. "Fehlendes Personal konnten wir durch Leihpersonal ersetzen", so Sostmann, und der erkrankte Heimleiter "befindet sich glücklicherweise auf dem Weg der Besserung".

Eigentlich herrscht in der Fuchsenmühle derzeit Besuchsverbot. Doch wenn Bewohner im Sterben liegen oder es ihnen sehr schlecht geht, dürfen Angehörige unter Einhaltung strenger Hygienevorschriften das Seniorenzentrum betreten, erklärt Sostmann. Die weitere Kommunikation mit den Angehörigen werde mit Videotelefonie ermöglicht.

Test im Krankenhaus brachte positives Ergebnis zutage 

Doch wie war das Virus im Seniorenheim entdeckt worden? Vor dem Ausbruch habe es wohl keine präventiven Reihentestungen gegeben, sagt Sostmann. Auf eine Infektion aufmerksam geworden war man in der Main-Klinik, wo ein Bewohner der Fuchsenmühle stationär behandelt und positiv auf das Coronavirus getestet worden war. Laut Sostmann wurden die Hygiene- und Schutzmaßnahmen daraufhin direkt umfangreich verschärft. "Wir haben ausreichend Schutzausrüstung vorliegen und arbeiten vor Ort mit FFP2-Masken, Handschuhen, Schutzbrillen und speziellen Kitteln."

Könnte ein Herbstfest der Auslöser für den massiven Ausbruch sein?

Für Diskussionen sorgte auch das Herbstfest am 16. Oktober, bei dem - nach Informationen auf der Homepage des Seniorenzentrums - auch getanzt und Federweißer getrunken worden sein soll. Doch die Sprecherin der Fuchsenmühle weist einen Zusammenhang zwischen der Feier und dem Corona-Ausbruch von sich: "Es ist nicht möglich, den Auslöser des Ausbruchs zu identifizieren – das wäre reine Spekulation", sagt Anke Sostmann. "Sämtliche Personen- und Berufsgruppen kommen dafür in Frage. Wir gehen nicht davon aus, dass das Herbstfest für den Ausbruch verantwortlich ist." Bei dem Fest seien keine unterschiedlichen Wohngruppen zusammen gekommen. Das Personal habe Maske getragen und man habe nach den geltenden Hygienevorgaben gefeiert.

Laut Aussage des Gesundheitsamtes ist nicht bekannt, ob es zum Zeitpunkt der Veranstaltung bereits infizierte Mitarbeiter oder Bewohner gab. Ein Zusammenhang sei zunächst nicht ersichtlich. Aufgrund des Datums, 16. Oktober, und einer Inkubationszeit von 14 Tagen, könne eine Verbindung allerdings nicht komplett ausgeschlossen werden, so die Stellungnahme des Gesundheitsamtes.  Grundsätzlich sei zum damaligen Zeitpunkt ein entsprechendes Beisammensein möglich gewesen.  Dennoch sei nach Erfahrungen im Zusammenhang mit vorangegangenen größeren Infektionsgeschehen in Pflegeeinrichtungen davon auszugehen, dass sich die Staatsanwaltschaft einschalte, so Dagmar Hofmann, stellvertretende Leiterin der Pressestelle am Landratsamt.

Laut Curata-Sprecherin Sostmann habe das Gesundheitsamt die geltende Besuchsregelung im Seniorenzentrum als gut beurteilt.
Foto: Thomas Obermeier | Laut Curata-Sprecherin Sostmann habe das Gesundheitsamt die geltende Besuchsregelung im Seniorenzentrum als gut beurteilt.

Besucher-Hygienekonzept für gut befunden 

Welche Rolle spielen die Besucher? Laut Curata-Sprecherin Sostmann habe das Gesundheitsamt die geltende Besuchsregelung im Seniorenzentrum als gut beurteilt und "geht deshalb nicht davon aus, dass die Infektion von Angehörigen ausging". Dass es ein strenges Hygienekonzept für Besuche gab, bestätigen auch Angehörige und berichten, dass neben dem Tragen einer Maske beim Betreten auch Fieber gemessen wurde.

Aktuell sei die Lage im Seniorenheim angespannt. "Es ist ein Spagat", erklärt Sostmann, "auf der einen Seite stehen das seelische Wohl unserer Bewohner, der Kontakt und das Miteinander. Auf der anderen Seite die völlige Isolation, Besuchsverbot, der Verzicht auf Angehörige." Curata wolle Verbote nur aussprechen, wo sie unvermeidbar sind. "Davon ganz abgesehen kann eine dauerhafte und komplette Isolierung unserer Bewohner nicht die Regel sein - deutsche Gerichte haben das bereits bestätigt."

Wie sehen weitere Senioreneinrichtungen des Landkreises die Problematik?   

Eva von Vietinghoff-Scheel, Vorstand des Kommunalunternehmens des Landkreises, unter dessen Dach sich sieben Pflegeheime und sieben Service-Wohnanlagen für Senioren befinden, schaut besorgt in Richtung Ochsenfurter Seniorenzentrum. "Ich kann diesen schwierigen Spagat nur bestätigen. Es ist ein ständiges Abwiegen." Wichtig sei ihr, auch zu sagen, "dass die Bewohner hier zuhause sind". Das werde bei allen Ver- und Geboten manchmal vergessen. 

Aber natürlich gelten in den Häusern des Kommunalunternehmens strikte Hygieneregeln, "wir haben uns auch immer wieder beim RKI informiert und unsere Maßnahmen angepasst". Abstandsregeln, Mundschutz, das Verbleiben in den einzelnen Wohngruppen. Neuerdings ist der Besuch nur noch mit FFP2 Masken möglich, "damit wir den bestmöglichen Schutz für unsere Bewohner haben". Zudem gebe es etwa im Rhythmus von drei bis vier Wochen Reihentestungen fürs Personal, "situationsbedingt auch mal zwischendurch". Hier allerdings bemängelt von Vietinghoff-Scheel die Zeitspanne zwischen Test und der Zustellung des Ergebnisses. "Es kann unter Umständen dramatische Auswirkungen haben, wenn ein positives Testergebnis erst Tage später vorliegt."

Um weitere große Ausbrüche in Seniorenheimen wie hier in der Fuchsenmühle zu verhindern, setzt die Heimaufsicht des Landratamtes auf den Einsatz von Schnelltest.
Foto: Thomas Obermeier | Um weitere große Ausbrüche in Seniorenheimen wie hier in der Fuchsenmühle zu verhindern, setzt die Heimaufsicht des Landratamtes auf den Einsatz von Schnelltest.

Was sagt die Heimaufausicht?

Auch die Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen, Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) des Landratsamtes beschäftigt sich mit der Fuchsenmühle. Klar sei: "Selbst wenn sich alle an die Hygienemaßnahmen halten, kann ein Schutz nicht zu 100 Prozent gewährleistet werden", so die Heimaufsicht in einer schriftlichen Stellungnahme.

Präsenzkontrollen fänden anlassbezogen statt. "Darüber hinaus werden verschiedene Abfragen bei den Einrichtungen durchgeführt, um ein Bild von der jeweiligen Situation vor Ort zu erhalten und wenn nötig, regulierend einzugreifen". Die Einrichtungen erhalten neben Infos zu den rechtlichen Vorgaben zahlreiche Hinweise und Handlungsempfehlungen.  

Um weitere große Ausbrüche in Seniorenheimen zu verhindern, setzt die Heimaufsicht auf den Einsatz von Schnelltests: "Wir hoffen, dass mögliche Infektionen frühzeitig erkannt werden und eine Verbreitung in den Einrichtungen möglichst unterbunden werden kann." Die Heimaufsicht empfiehlt den Einrichtungen, regelmäßige Testungen durchzuführen. "Weiterhin ist auch ein verantwortungsvolles Verhalten der Angehörigen und der Mitarbeiter auch außerhalb der Einrichtungen äußerst wichtig."

 
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