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Ochsenfurt
Nach sieben Jahren Diskussion: Ochsenfurter Stadtrat macht den Weg frei für einen Wohnmobilstellplatz
Die Stadtrats-Grünen haben weiterhin grundsätzliche Bedenken. Braucht Ochsenfurt die Wohnmobilisten überhaupt? Und was sagen Tourismus-Fachleute?
Auf diesem Gelände unterhalb der Reitanlage östlich der Neuen Mainbrücke soll der Ochsenfurter Wohnmobilstellplatz entstehen. Der Stadtrat macht den Weg frei für den Bauantrag. Die Grünen-Fraktion und Teile der UWG sind dagegen.
Foto: Gerhard Meißner | Auf diesem Gelände unterhalb der Reitanlage östlich der Neuen Mainbrücke soll der Ochsenfurter Wohnmobilstellplatz entstehen. Der Stadtrat macht den Weg frei für den Bauantrag.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 17.12.2022 02:57 Uhr

Während viele umliegende Kommunen Wohnmobilfahrern längst einen komfortabel ausgestatteten Stellplatz anbieten können, diskutiert man im Ochsenfurter Stadtrat inzwischen seit mehr als sieben Jahren über ein geeignetes Angebot für die nach wie vor boomende Tourismus-Sparte. Nach einer Grundsatzentscheidung für den Standort am Mainufer östlich der Neuen Mainbrücke unterhalb der Reitanlage machte der Stadtrat nun den Weg frei für die Genehmigungsplanung. Trotzdem ist der Wohnmobilstellplatzes nach wie vor umstritten. Die drei Mitglieder der Grünen-Fraktion und drei UWG-Stadträte stimmten gegen den Beschlussvorschlag. Trotzdem wurde er am Ende mit 15 zu sechs Stimmen angenommen.

Als das Thema vor fast genau sieben Jahren im Bauausschuss des Stadtrats aufgerufen wurde, plädierte eine Mehrheit noch für einen Wohnmobilstellplatz am nördlichen Mainufer westlich der Alten Mainbrücke. Nachdem eine Bürgerinitiative Unterschriften gesammelt und ein Bürgerbegehren in die Wege geleitet hatte, wurde dieser Standort verworfen.

Kein Platz für Wohnmobile auf dem alten Festplatz am Flockenwerk

Faktisch wurde der ehemalige Festplatz unterhalb des Flockenwerks schon damals - wenn auch inoffiziell - von Wohnmobilisten genutzt. Zwar verfügt das Gelände nicht über die übliche Ausstattung wie Elektroanschluss und Entsorgungsstation, dafür ist der Aufenthalt dort kostenlos. Den Standort zum offiziellen Stellplatz zu erheben und angemessen auszurüsten, scheiterte allerdings am Platzproblem, weil das Gelände zum Großteil von den Parkplätzen beansprucht wird, die für das geplante Hotel mit Veranstaltungshalle am Flockenwerk benötigt werden.

Trotz verschiedener Schwächen wie der Verkehrsanbindung oder der Entfernung zur Altstadt blieb das Gelände unterhalb des Reitstalls die letzte Alternative. Eine Arbeitsgruppe aus Stadträten, Planern und Vertretern der Verwaltung hatte sich in den vergangenen Monaten mit der Ausarbeitung der Details befasst. Das Ergebnis sind Stellplätze für insgesamt 25 Wohnmobile, aufgelockert durch Bäume und Grünstreifen, sowie zusätzliche öffentliche Pkw-Parkplätze.

"Es ist eine gelungene Planung, die wir auf die Reise schicken sollten."
Tilo Hemmert, Stadtrat (SPD)

Als grobe Kostenschätzung nennt Bauamtsleiter Jens Pauluhn einen Betrag von 535.000 Euro. Genauer ließen sich die Kosten jedoch erst beziffern, wenn feststeht, wie und mit welchen Materialien der Stellplatz genau gestaltet werden soll. In einem ersten Schritt gehe es um eine grundsätzliche Planung, die den Fachbehörden zur Genehmigung vorgelegt werden kann, betont Bürgermeister Peter Juks. 

Der ehemalige Festplatz unterhalb des Flockenwerks wird längst als inoffizieller Wohnmobilstellplatz genutzt. Für eine dauerhafte Lösung fehlt dort allerdings der Platz.
Foto: Patty Varasano (Archivbild) | Der ehemalige Festplatz unterhalb des Flockenwerks wird längst als inoffizieller Wohnmobilstellplatz genutzt. Für eine dauerhafte Lösung fehlt dort allerdings der Platz.

Auch wer den Stellplatz tatsächlich bezahlen und später betreiben soll, ließ der Stadtrat offen. Vorstellbar wäre, dass ein privater Betreiber auch als Investor auftritt, so der Bürgermeister. Ziel sei aber zunächst, im Jahr 2023 eine Genehmigung zu erwirken. Gleichzeitig soll ein geeignetes Betreibermodell erarbeitet werden.

Namens der CSU-Fraktion hält Wolfgang Karl die Planung für gelungen, auch angesichts der langen Diskussionszeit. "Für uns hat es sich rentiert, nochmal genauer nachzudenken", so Karl. "Der Standort ist nicht unumstritten, aber wohl der einzig mögliche", signalisierte Tilo Hemmert (SPD) die Zustimmung seiner Fraktion. "Es ist eine gelungene Planung, die wir auf die Reise schicken sollten." Die SPD favorisiere die Stadt als Bauherrn, um das Gelände anschließend einem privaten Betreiber zu verpachten.

UWG-Fraktion ist geteilter Meinung zum Wohnmobilstellplatz

Geteilter Meinung ist man in der UWG-Fraktion. "Unter den gegebenen Umständen ist es für mich eine optimale Lösung", meinte Fraktionssprecher Christof Braterschofsky. Nach wie ungeeignet findet den Standort sein Fraktionskollege Barsom Aktas. Nach so langer Zeit wolle er aber keine erneute Grundsatzdebatte in Gang setzen.

"Wohnmobil-Fahrer werden als Selbstversorger wenig Geld in Ochsenfurt ausgeben."
Iris Eisenmann-Tappe, Stadträtin (Grüne)

Grundsätzlich gegen den geplanten Wohnmobilstellplatz sprachen sich die Grünen-Stadträtinnen Britta Huber und Iris Eisenmann-Tappe aus. "Ein schönes Naherholungsgebiet wird ziemlich stark versiegelt", meint Huber. Für die örtliche Bevölkerung sei der Stellplatz kein Vorteil. Außerdem scheine ihr der Standort in Konkurrenz zum geplanten Wohnmobilstellplatz in Frickenhausen mit 40 Plätzen als nicht wettbewerbsfähig.

Generelle Zweifel am Sinn eines Wohnmobilstellplatzes äußerte Iris Eisenmann-Tappe. Wohnmobil-Tourismus sei nicht mehr zeitgemäß, meinte sei. "Wohnmobil-Fahrer werden als Selbstversorger wenig Geld in Ochsenfurt ausgeben", so Eisenmann-Tappe weiter. Besser wäre es gewesen, die Hälfte der Fläche als Parkplatz auszuweisen. "Ich glaube, Ochsenfurt braucht keinen Wohnmobilstellplatz", lautet ihr Urteil deshalb.

Tourismusverband sieht Wohnmobil-Tourismus als als wichtigen Wirtschaftsfaktor

Die Erhebungen, die der Tourismusverband Franken regelmäßig beim Wirtschaftswissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehrswirtschaft DWIF in Auftrag gibt, stehen allerdings im vollständigen Gegensatz zur Einschätzung der Grünen-Stadträtin. Laut der jüngsten Studie aus dem Vorcoronajahr 2019 geben Reisemobilisten täglich 40,50 Euro pro Person an ihrem Urlaubsstandort aus, sagt Weinland-Geschäftsführerin Susanne Müller auf Anfrage der Redaktion.

Wohnmobilisten gingen nur ungern auf Campingplätze und seien im Gegensatz zu Campern nur selten Selbstversorger, weiß die Tourismus-Fachfrau aus langer Erfahrung. Am stärksten profitierten die örtliche Gastronomie und der Einzelhandel von der Kaufkraft der in der Regel gut betuchten Klientel. "Für das fränkische Weinland ist der Wohnmobil-Tourismus ein ganz wichtiger Wirtschaftsfaktor", sagt Susanne Müller deshalb.

 
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  • E. S.
    Ich kann diese Aussagen unserer Stadträte nicht nachvollziehen. In Kitzingen wurde letztes Jahr bestätigt, dass seit der Ausweisung von mehr Wohnmobilplätzen die Gewerbesteuer vom Einzelhandel und der Gastronomie gestiegen ist. Nachdem wir selber auch mit dem Wohnmobil unterwegs sind und auch Kontakte mit anderen haben sind die Aussagen unserer Stadträte falsch, denn von Selbstversorger sind die wenigsten wohnmobilisten. Wir gehen auch meistens essen und einkaufen. Aber weiter so - ochsenfurt kann ja weiter schlafen.
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  • M. S.
    Da die Grünen ja überdurchschnittlich viel Fernreisen unternehmen, und so nicht das CO2-sparende Campen im eigenen Lande praktizieren ist es natürlich klar, dass die Grünen den Sinn eines solchen Stellplatzes nicht verstehen können.

    Und warum ein Campingplatz? Es bringt Umsatz für den lokalen Einzelhandel und Gastronomie, fertig. Ganz einfach.
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  • E. B.
    Ich kann der Tourismus-Fachfrau nur zustimmen, denn die Wohnmobilisten neuerer Generation sind selten Selbstversorger.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Ich finde für einen Wohnmobilstellplatz sollte nicht zusätzlich Fläche versiegelt werden. Warum öffnet die Zuckerfabrik nicht ausserhalb der Kampagne nicht ihren Rübenhof? Da hats doch Platz genug. Ochsenfurt, vor allem aber die umliegenden Gemeinden werden durch die Umweltschädlichen Auswirkungen deutlich stärker belastet, als die paar € die die Zuckerfabrikbosse an Gewerbesteuer zahlen. Da können sich die Zuckerbarone doch mal erkenntlich zeigen und ungenutzten Raum zur Verfügung stellen.
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