Vom Bus- und Straßenbahnfahrer zum Weichensteller an der frischen Luft: Weil es derzeit noch Probleme mit einigen elektronischen Bauteilen gibt, muss die Straßenbahn-Weiche am Würzburger Sanderring mit körperlichem Einsatz betätigt werden. An den Werktagen erledigt das seit Anfang des Jahres Henry Stürmer. Der 54-Jährige ist von Montag bis Freitag acht Stunden lang an der Haltestelle Sanderring im Einsatz.
Zwischen Nagelstudio, Döner-Laden und mehreren Gaststätten steht auf der barrierefrei ausgebauten und vergrößerten Straßenbahn-Haltestelle am Ende der Sanderstraße seit September ein kleines orangefarbenes Häuschen für Würzburgs einzigen Straßenbahn-Weichensteller: "Da ist eine Heizung drin, damit kann ich mich gut aufwärmen. Im Sommer würde der Job aber sicher mehr Spaß machen", sagt Stürmer, der seit mehr als 23 Jahren bei der Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB) als Fahrer arbeitet.
Die Füße bleiben zu dieser Jahreszeit trotz Heizung und dicker Socken relativ kalt. Und viel Gelegenheit zum Aufwärmen gibt es ohnehin nicht an einer Haltestelle, die von vier der fünf Würzburger Straßenbahnlinien angefahren wird. Stürmers Schicht beginnt um halb sieben Uhr am Morgen und endet um kurz nach 15 Uhr.
Jede Linie kommt in dieser Zeit stadtauswärts fünfmal pro Stunde vorbei, mindestens 160 Mal wird die Haltestelle also während seiner Arbeitszeit angefahren. Wie oft er dabei die Weiche umstellen muss, "kommt auf die Reihenfolge an, mit der sie hier ankommen".
Henry Stürmer hat eine gut einen Meter lange Metallstange mit einem Griff am oberen Ende in der Hand, damit stellt er die Weiche mit einem kräftigen Ruck um. Dann ein freundlicher Gruß oder ein Kopfnicken zu der Kollegin oder dem Kollegen in der Straßenbahn, die jetzt in die richtige Richtung weiterfahren können – entweder geradeaus in die Sanderau oder nach rechts Richtung Löwenbrücke und dann weiter nach Heidingsfeld, auf den Heuchelhof und nach Rottenbauer.
Außerhalb von Stürmers Arbeitszeiten, also frühmorgens, am Abend sowie an den Wochenenden und Feiertagen, müssen die Straßenbahnfahrerinnen und -fahrer aussteigen und mit dem so genannten Stelleisen selbst tätig werden. Der Grund für seinen in der heutigen Zeit ungewöhnlichen Job: "Ich mache das, weil die Kollegen dadurch sehr viel Zeit sparen, und Zeit ist bei uns natürlich das A und O." Die Straßenbahnen sollen nicht nur so pünktlich wie möglich sein, sondern auch die Anschlussverbindungen zu verschiedenen Buslinien einhalten.
Beim Gespräch mit der Redaktion kommt ein Zeitungsausträger vorbei und drückt ihm die aktuelle Main-Post-Ausgabe in die Hand. Zeit zum Lesen hat Stürmer aber erst nach Feierabend: "Man muss natürlich die ganze Zeit aufmerksam sein und gut aufpassen, welche Linie kommt."
Freundliche Gespräche sind trotzdem möglich, der eine oder andere Passant hat ihm auch schon heißen Kaffee vorbeigebracht. Und als kleine Informationszentrale dient der Weichensteller auch – er beantwortet immer wieder Fragen zum Fahrplan oder erklärt den Weg zur nächsten Corona-Schnellteststelle.
In einigen Wochen sollen die Straba-Fahrer die Weiche dann wieder wie gewohnt von ihrem Cockpit aus per Knopfdruck umschalten können. Nach Auskunft von WSB-Betriebsleiter Bernd Karl gibt es seit dem Einbau in den vergangenen Sommerferien Probleme mit einigen elektronischen Komponenten, die für eine funktionsfähige Steuerung erforderlich sind. "Wir sind aber zuversichtlich, dass wir mit dem Thema bis Ende März durch sind", sagt Karl.
Doch elektromechanische Stellelemente sind davon nicht betroffen. Und die scheinen da ja schon vorhanden zu sein.
Die WVV sollte sich da einen gewieften Elektriker suchen, der es ermöglicht, diese Stellelemente, an der zentralen Steuerung vorbei, per Knopfdruck aus dem beheizten Häuschen zu bedienen...
Das erinnert mich schon irgendwie an Schilda...
Kritsch wird das erst wenn die Dinger mal ohne Fahrer autark fahren sollten.
und anderswo gibt's seit Jahren automatische U-Bahn