Katharina Schulze ist nicht nur Politikerin, sondern auch Mutter. Ihren neun Monate alten Sohn nimmt die Grünen-Fraktionsvorsitzende mit in den Landtag. Für die 36-Jährige stand von Anfang an fest, dass sie nach der Geburt ihres Kinder weiterarbeiten wird. Für diese Entscheidung wird sie auch kritisiert. Als diese Redaktion darüber berichtete, gab es auch in den Kommentarspalten unter dem Artikel viele Diskussionen.
Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, ist für viele Menschen in verschiedenen Berufen nicht einfach. Für Politikerinnen und Politiker kommt noch hinzu, dass sie ihr Mandat nicht einfach ruhen lassen können, wenn sie Eltern werden. Sie sind vom Volk gewählt und können nicht ohne Weiteres von einer anderen Person vertreten werden. Im Abgeordnetengesetz beispielsweise ist auch keine Elternzeit vorgesehen.
Wie familienfreundlich ist die deutsche Politik? Diese Frage haben wir vier Politikerinnen aus Unterfranken gestellt. Ist es möglich, Kinder und Karriere miteinander zu vereinbaren? Welche Unterstützung würden sie sich wünschen oder hätten sie sich gewünscht? Und was muss sich künftig ändern, damit die politische Karriere für Frauen machbar ist? Das sind ihre Antworten:
1. Anja Weisgerber: "Familienzeiten muss man fest in den Kalender einplanen"
"Als Mutter ein politisches Amt innezuhaben, ist eine Herausforderung. Mit viel Organisation und familiärer Unterstützung ist es aber möglich - das gilt für alle Berufsgruppen, nicht ausschließlich für die Politik. Ich möchte mich da gar nicht in eine Sonderstellung rücken. Als meine Tochter 2011 geboren wurde, war ich Abgeordnete im Europaparlament und oft zwischen Kitzingen, meinem Heimatort Schwebheim (Lkr. Schweinfurt), Straßburg und Brüssel unterwegs. Mein Mann und meine Familie haben mich von Beginn an unterstützt, auch als 2013 unser Sohn geboren wurde. Mein Mann hat sich bei beiden Kindern insgesamt ein halbes Jahr Elternzeit genommen und mich auf Termine begleitet, soweit es sein Berufsalltag erlaubte. Genauso haben es meine Eltern und die Schwiegereltern gemacht. Dadurch konnte ich, als meine Tochter und mein Sohn noch im Säuglingsalter waren, während der Sitzungen feste Pausen einplanen und habe dann den Plenarsaal verlassen, um sie zu stillen. Ohne Hilfe wäre das nicht möglich gewesen. Dieser privilegierten Situation durch die Unterstützung meiner Familie bin ich mir durchaus bewusst und ich bin auch sehr dankbar dafür.
Als vollberufstätige Mutter kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass man die Familienzeiten fest in den Kalender einplanen muss. Mir sind beispielsweise die Frühstückszeiten und das Abendessen sehr wichtig. Diese möchte ich gemeinsam mit meiner Familie verbringen. Während der Zeiten, in denen ich von Montag bis Freitag in Berlin bin, versuche ich immer über Videoanruf mit am Tisch zu sein. In meiner Anfangszeit vor 17 Jahren wäre das so gar nicht möglich gewesen. Die Rahmenbedingungen in politischen Ämtern für Mütter sind heute deutlich besser als vor zehn oder 15 Jahren. Familie und Politik ist heute - immer noch mit Aufwand und viel Unterstützung - vereinbar."
2. Barbara Stamm: "Ich hatte damals häufig mit Vorurteilen zu kämpfen"
"Bei uns hat sich damals mein Mann viel Zeit für die Kinder genommen. Das war die Voraussetzung dafür, dass ich in der Politik in diesem Umfang aktiv sein konnte. Mir wurde häufig die Frage gestellt, was mein Mann dazu sagt, dass er die Kinderbetreuung übernehmen muss und ich Karriere mache. Das hat mich immer ganz wahnsinnig gemacht. Es wäre ja nie jemand auf die Idee gekommen, meine männlichen Kollegen zu fragen, was ihre Frauen dazu sagen, dass sie zu Hause bleiben müssen. Da wurde das immer als selbstverständlich vorausgesetzt.
Ich hatte damals häufig mit Vorurteilen zu kämpfen, weil ich Mutter und Politikerin war. Einmal habe ich einen Kollegen angesprochen, was er für ein Problem mit mir hat und der hat geantwortet: 'Ich habe kein Problem, aber Frauen im gebärfähigen Alter gehören nicht in die Politik.' Solche Sprüche habe ich oft gehört. Das war damals teilweise sehr heftig, aber das ist ja auch heute teilweise noch so. Ich würde anderen Müttern raten, einfach mutig zu sein. Wenn der Job das Richtige ist und Spaß macht, dann sollte man das auch machen. Man sollte sich aber auch Netzwerke aufbauen und Hilfsangebote nutzen."
3. Tamara Bischof: "Väter sind sehr wohl in der Lage, die Kinderziehung zu übernehmen"
"Als ich im Jahr 2000 Politikerin wurde, war meine Tochter zehn Jahre alt. Sie konnte damals noch nicht so viel mit Politik anfangen, aber hat trotzdem meine Wahlzettel mit auf dem Marktplatz verteilt. Das ist sehr positiv angekommen. Ich habe mir damals gar nicht die Frage gestellt, ob Politik und Muttersein vereinbar ist. Für mich war es selbstverständlich, dass ich mich auch als Mutter für ein politisches Amt bewerben kann. Als Landrätin oder Bürgermeisterin wird man dann, sobald man im Landkreis unterwegs ist, als Politikerin gesehen und auch angesprochen. Das gehört dazu. Zu sagen: 'Jetzt bin ich privat und nicht Landrätin' das mache ich nicht und das ist auch nicht meine Mentalität. Wenn die Kinder noch jung sind, braucht man natürlich einen Partner, denn man ist am Wochenende oder in den Abendstunden oft unterwegs. Da braucht man definitiv Unterstützung durch Familie oder den Partner. Die habe ich glücklicherweise.
Die Politik ist insofern elternfreundlich, dass ich meine Tochter oft auf Feste und Veranstaltungen mitnehmen konnte. Das war kein Problem und da gab es auch keine Vorwürfe oder negative Reaktionen. Ich bin aber auch nicht auf den Mund gefallen, da war es vielleicht auch nicht so wahrscheinlich, dass jemand einen dummen Spruch macht. Frauen und Müttern sollten nicht davor zurückschrecken, wenn jemand sagt, dass Karriere und Kind gemeinsam nicht funktionieren. Das ist sehr wohl möglich, auch weil die Väter sehr wohl in der Lage sind, die Kinderziehung zu übernehmen. Deshalb sollten auch Mütter ihren Weg gehen, wenn sie sich in einem bestimmten Beruf oder Amt sehen. Es gibt heutzutage gute Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Die Frau braucht nur ein gewisses Organisationstalent und muss bereit sein, anderen ein Stück Verantwortung abzugeben."
4. Eva-Maria Weimann: "Ich hatte anfangs mein Kind immer dabei"
"Ich bin natürlich nur Stadt- und Kreisrätin. Da ist es deutlich einfacher, Mandat und Mutterschaft unter einen Hut zu bringen als bei einer Abgeordneten. Dennoch hatte ich mir kurz Gedanken darüber gemacht, ob ich meine politische Karriere unterbrechen muss, zumindest in der Anfangszeit. In die Karten gespielt hat mir dann die Homeoffice-Möglichkeit durch die Corona-Pandemie. Unsere Politik ist aber alles andere als elternfreundlich. Je höher das Mandat, desto schwieriger ist die Elternrolle damit vereinbar. Deshalb ergibt es sicherlich Sinn, Betreuungsangebote dort auszubauen, wo Politik ein Beruf ist – im Landtag oder Bundestag.
Ich hatte anfangs mein Kind immer dabei - das ging gar nicht anders. Ich habe gestillt und konnte meine Tochter nicht irgendwo abgeben. Negative Reaktionen habe ich aber nie bekommen. Stressig war das eher für mich selbst. Ich erinnere mich, als meine Tochter zu krabbeln anfing, habe ich sie im Kreistag unter den Tisch krabbeln lassen und dann hat sie sich den Kopf angestoßen und immer wieder geweint. Ich musste dann kurz den Saal verlassen, um sie zu beruhigen. Das war schon anstrengend. Aktuell, sie ist jetzt ein Jahr alt, ist das kein Problem mehr. Da können die Großeltern und auch mein Mann viel übernehmen, aber allein wäre das schwierig."
Wie Politiker aus Unterfranken Kinder und Karriere miteinander vereinbaren, lesen Sie hier: "Väter mit Mandat".
Für mich hört sich das so an, dass Kinder Karierekiller sind.
Und die Kinderpsychologen sind voll ausgelastet.
Ich freue mich wenn über solche Beispiele berichtet wird. Egal in welchen Berufen. Es sollten viel mehr Frauen in die Politik. Vielleicht gäbe es dann weniger kriege.
Kinder und Beruf ist immer ein Spagat der immer noch überwiegend von Frauen geleistet wird.
Ich bin dankbar das es mittlerweile viele Frauen gibt die für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf kämpfen und auch ihre Männer mit in die Pflicht nehmen.
Wenn die Frauen später in der Versorgungsfalle stecken weil sie eben nicht gearbeitet haben heißt es auch „selbst schuld“
Gleich Wie man es als Frau macht ist, es passt immer nicht. Darum Daumen hoch an alle Modelle die hier genannt wurden.
Eine Frau in der Politik, Bundestagsabgeordnete - wie Frau Weisgerber oder Frau Bär - die waren beide noch kinderlos, als sie in die Politik eingestiegen sind (bei den anderen kann ich das nicht beurteilen, da weiß ich zu wenig über sie).
Sollen die dann - quasi als Elternzeit - aus der Politik aussteigen für diese Zeitspanne? Dann sind sie weg vom Fenster, dann fangen sie politisch gesehen wieder ganz unten an, dann ist das Mandat von einem anderen besetzt - usw.!
Und ganz ähnlich geht es vielen anderen Frauen in vielen anderen Berufen. Die wenn länger aussteigen, sind sie weg vom Fenster, ist der gute Job von jemand anderem besetzt.
Und manchmal bleibt Familien heute gar nichts Anderes übrig als einen Doppelverdienst zu haben. Versuchen Sie heute mal mit einem Einzelverdienst die Kosten für den Bau eines Eigenheims zu stemmen - das ist so gut wie unmöglich!
Also bitte keine pauschalen Urteile - die sind nämlich gerne mal falsch!
Sichtbar einmal im Jahr in Veitshöchheim. Also keine Sorgen machen, den Kindern geht es gut.
Gibt es nicht!
Zumindest nicht für die Karriere als Politikerin mit Mandat. Stadträtin und Kreisrätin mal ausgenommen.
Ständig unterwegs, ständig auf irgendwelchen Veranstaltungen, meist abends - also auch ohne Kind - und teils europaweit. Da kann doch wirklich niemand behautpten, dass eine solche Kindererziehung auch kinderfreundlich ist! Davon abgesehen, kann eine solche Karriere auch nur funktionieren, da genügend Einkommen vorhanden ist.
Die großen Gehälter seien ihnen ja auch gegönnt, womit soll denn sonst die Kindererziehung und Haushaltsführung durch Angestellte möglich sein. Es sei denn, der Partner verzichtet dann auf "seine Karriere". Wer pro Woche dann locker 60-80 Stunden länger unterwegs ist, der hat nun mal soviel Stunden weniger fürs Kind. Und - Karriere als Politikerin ist nun mal um ein Vielfaches einfacher als in der freien Wirtschaft.
Die Frau oder der Mann ist - selbst für ein Geschäftsessen - unterwegs, nicht zuhause, steht seiner Familie, seinen Kindern in dieser Zeit eben NICHT zur Verfügung!