Die australischen Mordermittler behalten im Fall Simone Strobel nicht nur ihren Ex-Freund Tobias M. aus Arnstein (Lkr. Main-Spessart) in Haft. Auch die zwei weiteren Teilnehmer der Reisegruppe von 2005 – die längst wieder in Unterfranken leben – sollen verhaftet werden. Man stehe dazu mit den Behörden in Würzburg in Kontakt, sagte der regionale Polizeichef Superintendent Scott Tanner am Donnerstagmorgen in einer Pressekonferenz an der Universität im australischen Lismore.
Vorwurf: Beihilfe zum Mord und Behinderung der Justiz
Doch blieb bei der Pressekonferenz im Dunkeln, welche neuen Erkenntnisse zur Verhaftung von Tobias M. geführt haben. Die Polizei sagte laut Reporterin Cathy Adams von der Zeitung "Lismore City News" nur kryptisch: Man habe den Haftbefehl auf der Grundlage einer "Überfülle an Informationen" ausgestellt, darunter DNA-Beweise.
Die Polizei hat bei ihren Ermittlungen nun auch wieder die Schwester des bereits inhaftierten Tobias sowie Jens M. im Visier. Beide hatten sich 2005 der Rundreise von Simone und Tobias durch Australien angeschlossen.
Der Vorwurf gegen sie laute auf Beihilfe zum Mord und Behinderung der Justiz, sagte Reporterin Cathy Adams, die den Fall seit Jahren verfolgt und an der Pressekonferenz in Lismore teilnahm. Dem Reporter Andrew Rickert des Sender "9News" zufolge bleibt auch Tobias M. mindestens sechs weitere Tage in Haft, ehe er versuchen kann, auf Kaution freizukommen.
Am 11. Februar 2005 soll es auf einem Campingplatz in Lismore im Osten Australiens zu einem Streit gekommen sein, sagten damals die Reisenden aus Unterfranken. Simone sei nachts alleine davongelaufen und nicht wiedergekommen. Eine Suche blieb ergebnislos, sie meldeten Simone bei der Polizei als vermisst.
Sechs Tage später wurde die Leiche der Erzieherin aus Rieden (Lkr. Würzburg) in der Nähe des Campingplatzes entdeckt. Simones Körper war unter Palmenblättern versteckt worden. Eine Untersuchung der Leiche ergab wenig später, dass die 25-Jährige Opfer eines Gewaltverbrechens geworden war.
Polizeichef Tanner: "In Gesprächen mit deutschen Behörden über zwei Haftbefehle"
Die Pressekonferenz in Lismore – an der auch der stellvertretende Premierminister und Polizeiminister von New South Wales, Paul Toole, teilnahm – wurde live im australischen Fernsehen übertragen. Polizeichef Tanner sagte, die Polizei von New South Wales sei "in Gesprächen mit den deutschen Behörden über zwei Haftbefehle", die sich auf zwei Personen beziehen, die sich derzeit in Deutschland aufhalten.
Diese beiden Personen hätten von Anfang an unter Verdacht gestanden, über den Fall mehr zu wissen. Er forderte sie auf, sich zu melden und der Polizei Informationen zur Verfügung zu stellen. "Es wäre in ihrem besten Interesse, sich an deutsche Behörden zu wenden."
Australische Haftbefehle gegen Katrin S. und Jens M.
Festgenommen sind die beiden nach Informationen dieser Redaktion bislang noch nicht. "Ich kann bestätigen, dass wohl in Australien Haftbefehle gegen Katrin S. und Jens M. bestehen", sagte Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach am Donnerstagmorgen in Würzburg. "Jedoch liegen hier keine offiziellen Ersuche der australischen Behörden vor."
Ob deutsche Staatsbürger überhaupt an Australien ausgeliefert werden dürfen, ist ungewiss - erst recht, unter welchen Vorbedingungen. Ein Auslieferungsantrag geht zunächst über diplomatische Wege von einem Land zum anderen. Dann muss die Staatsanwaltschaft prüfen, ob nach deutschem Recht ein Haftbefehl ausgestellt werden kann.
Würzburger Staatsanwaltschaft fehlen noch wichtige Informationen
Ein Vorwurf der Behinderung der Justiz dürfte in Deutschland verjährt sein - und die Beteiligung an einem Mord müsste durch Ermittlungsergebnisse plausibel belegt werden. Welche "Überfülle an Informationen" den Australiern vorliegen, weiß Seebach bisher nicht.
Auch beim Polizeipräsidium Unterfranken liegen keine "schriftliche Dokumente vor, auf Basis derer Maßnahmen in Deutschland möglich wären oder zunächst geprüft werden könnten", sagte Pressesprecher Michael Zimmer auf Anfrage dieser Redaktion.
Die unterfränkischen Ermittler stehen "seit Beginn der Ermittlungen im Jahr 2005 in engem Kontakt mit den australischen Kollegen", sagt Zimmer. "Aus diesem persönlichen Infoaustausch und den Medien haben wir entnommen, dass gegen zwei weitere Personen in Deutschland ebenfalls australische Haftbefehle bestehen sollen."
Tobias M., Simones damaliger Freund, lebt mittlerweile in Australien, ist verheiratet und hat den Namen seiner Frau angenommen. Australischen Medienberichten zufolge soll sie mit dem dritten gemeinsamen Kind schwanger sein.
Neben der Schwester von Tobias M. gehörte 2005 auch der Unterfranke Jens M. zur Reisegruppe. Er war 2007 bei der ersten Voruntersuchung zur Klärung von Simone Strobels Tod der Einzige aus der Gruppe, der bereit war, nach Australien zurückzukehren und zur Aufklärung beizutragen. Die anderen beiden blieben der Anhörung fern.
Im Jahr 2018 war Jens M. zweimal zum Verhör bei Würzburger Mordermittlern geladen worden, um Details zu klären. 2020 wurde er von den australischen Behörden überraschend vom Verdächtigen zum Zeugen herabgestuft – in der Hoffnung, er werde bei einer geplanten Voruntersuchung weitere Fakten liefern. Doch: "Er sagt, er wisse nicht mehr, als er bereits ausgesagt hat", sagte damals sein Anwalt Reinhard Stumpf aus Würzburg.
Jens M. hatte zugegeben, die Polizei zunächst belogen zu haben
Jens M. galt als Schlüsselfigur in den Ermittlungen. Das Gericht hat seine Aussagen von 2007 inzwischen öffentlich gemacht, die Simones damaligen Freund Tobias belasteten. Jens M. erklärte damals mithilfe eines Dolmetschers: "Ich weiß nicht, wer Simone getötet hat. Es ist möglich, dass Tobias etwas damit zu tun hat … es ist nicht meine Aufgabe."
Er gab zu, die Polizei von Lismore auf Anweisung von Tobias zunächst belogen zu haben. Er sagte, er habe zugestimmt, zu lügen, weil er in der Nacht zuvor Cannabis geraucht hatte, von dem er wusste, dass es illegal war – und weil Tobias betonte, er wolle nicht in Verdacht geraten. "Möglicherweise hatte er wegen der Auseinandersetzungen in der Nacht zuvor Angst", sagte Jens M. wörtlich.
Das Verhältnis zwischen Tobias und Simone sei in den Tagen vor ihrem Verschwinden immer angespannter geworden – und in der Nacht vor der Tat richtig schlimm. Tobias habe seiner Schwester und ihm genaue Anweisungen gegeben, was sie der Polizei in Vernehmungen sagen sollen und hinterher nachgefragt, ob sie sich an die vorbereite Erzählung gehalten hätten. Seine Sorge sei gewachsen, als ihn Tobias und dessen Schwester nach der Rückkehr nach Deutschland sogar zuhause aufgesucht hätten und fragten, was er bei der Polizei in Würzburg ausgesagt habe.
Der Ermittlungsrichter hatte dann persönlich an die Geschwister geschrieben, sie mit der belastenden Aussage konfrontiert und sie gebeten, dazu in Lismore Stellung zu nehmen. Sie hatten das aber abgelehnt.
Es sollte ein Beispiel, für falsch gedachte Hilfe, für sogenannte Freunde sein.
hatte er "in der Nacht zuvor Cannabis geraucht, von dem er wusste, dass es illegal war".
Irgendwie scheint es mir jeglicher Erfahrung zu widersprechen, dass er der Einzige der Gruppe gewesen sein soll, der Cannabis geraucht hat. Alle diese Umstände sprechen mMn dafür, dass sich da eine Situation ergeben hat, wo etwas passiert ist, was niemand gewollt hat und womit die "Überlebenden" dann klarkommen mussten. Wie sonst bitte soll sich erklären, dass niemand aus der Gruppe jemanden anders belasten wollte und eine Beteiligte sich so dazu geäußert hat, dass sie nicht mal unter der Folter mehr etwas dazu sagen wollte??
Ich glaube nicht, dass die Justiz in Australien den Beschuldigten einen Mord nachweisen kann, wenn sie weiterhin schweigen bzw. beim bisher Ausgesagten bleiben. Mein Beileid an die Eltern, denen das alles dann im Endeffekt nicht weiterhelfen wird!!
In Italien z. B. werden nach nach einem (tödlichen) Unfall bei der Berichterstattung sogar Name und Bild des Verunglückten bzw. Verstorbenen abgedruckt.
Habe ich schon selbst in der italienischen Presse gesehen.
Bei uns undenkbar.
Da wird höchstens dass Alter und die Herkunft des Betroffenen genannt.