Der Prozess um den Mordversuch in einer Ingolstädter Tiefgarage ist so ungewöhnlich wie die Tat selbst. Seit drei Monaten versucht das Gericht herauszubekommen, ob und warum zwei Würzburger 200 Kilometer weit gefahren sein sollen, um nachts einen Gastwirt zu töten, der gerade nach Hause kam. Fast folgerichtig tagte das Gericht jetzt sogar direkt in der Tiefgarage, um sich am Tatort ein Bild über den Ablauf des nächtlichen Überfalls vom März 2018 zu machen.
170 Meter hinter dem Auto des Opfers her gerannt?
Die Verteidiger der beiden angeklagten Würzburger bestreiten nach wie vor, dass ihre Mandanten die Täter sind. Sie nährten auch Zweifel daran, dass die Tat so ablief, wie sie in der Anklage geschildert war: Dabei hätte einer der Täter am Eingang der Garage auf das Opfer warten und dann 170 Meter hinter dem ankommenden Wagen her rennen müssen, um es beim Aussteigen zu attackieren.
Er sei vom dem 47 Jahre alten Angeklagten geschlagen worden, so die Schilderung des Wirts. Der 56-jährige mutmaßliche Komplize soll viermal mit einem alten Armeerevolver auf den Gastronom geschossen haben. Drei Projektile trafen Arm und Körper des Opfers, eines drang in seinen Hinterkopf ein. Trotz der schweren Verletzungen hatte der Gastwirt flüchten können. Um Geld ging es den Tätern bei dem Angriff offenbar nicht: Die Tageseinnahmen des Wirts lagen unangerührt im Auto, als die Polizei am Tatort eintraf.
Von SEK in Würzburg festgenommen
Eine entscheidende Frage bleibt offen: Sitzen mit den Angeklagten die Richtigen vor Gericht? Die beiden Männer, die bei einer Spedition in Unterfranken tätig sind, waren im April 2018 von einem Sondereinsatzkommando in Würzburg festgenommen worden. Einer der beiden hatte ein Verhältnis mit einer 35-Jährigen aus Ingolstadt, mit der auch der Gastwirt ein außereheliches Verhältnis pflegte. Die 35-Jährige habe ihm vor den Schüssen unverhohlen gedroht, berichtete die Ehefrau des Opfers. Die Frau selbst verweigerte vor Gericht die Aussage.
Die Polizei ermittelte, dass es vor den Schüssen in der Tiefgarage etliche Telefonate zwischen der Frau in Ingolstadt und der Spedition in Würzburg gegeben hatte. Überdies stellten Ermittler fest: Die Handys der beiden Männer aus Würzburg waren zur Tatzeit an einem Funkmast in Ingolstadt in der Nähe des Tatortes eingeloggt.
Anderer Verdächtiger mit falschem Alibi?
Dennoch keimten zuletzt wieder Zweifel. Denn in der ersten Vernehmung nach dem Überfall wollte der Gastwirt einen 51-Jährigen erkannt haben, der ihm als Gast zuvor Ärger bereitet hatte. Der Mann hatte ein Alibi präsentiert, das jetzt aber wackelt. Nach Angaben des Ingolstädter „Donaukurier“ läuft „ein Verfahren wegen Verdachts der Falschaussage gegen ihn, weil er vor Gericht die Unwahrheit gesagt haben soll“. Im Zeugenstand verweigerte er auf Anraten seiner Anwältin die Aussage.
Das Urteil war ursprünglich für Anfang August geplant. Die Strafkammer in Ingolstadt setzte jetzt weitere sechs Prozesstage an, um Zeugen zu hören. Das Urteil soll nun erst am 18. Oktober fallen. Die beiden Angeklagten sitzen dann schon eineinhalb Jahre in Untersuchungshaft.