zurück
Würzburg
Mordversuch: Erhielt Opfer eine Warnung seiner Geliebten?
Im Prozess um die Schüsse auf einen Ingolstadter Wirt schweigt die Freundin – genauso wie die Angeklagten: Zwei Männer aus Würzburg.
Die Schüsse auf einen Gastwirt in Ingolstadt geben dem Landgericht Rätsel auf: Zwei Würzburger sitzen unter Verdacht des Mordversuches auf der Anklagebank.
Foto: Oliver Berg | Die Schüsse auf einen Gastwirt in Ingolstadt geben dem Landgericht Rätsel auf: Zwei Würzburger sitzen unter Verdacht des Mordversuches auf der Anklagebank.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:43 Uhr

Der Mordversuch in einer Ingolstädter Tiefgarage durch zwei Würzburger kam für das Opfer offenbar nicht völlig überraschend. Dies zeigt sich jetzt nach vier Prozesstagen im Verfahren gegen die beiden Angeklagten aus Würzburg. Der Gastwirt, der bei dem Überfall im März 2018 von vier Schüssen getroffen wurde, soll laut dem in Ingolstadt erscheinenden "Donaukurier" zuvor eine Warnung seiner Geliebten erhalten haben: Der 42-Jährige solle aufpassen, was er tue - sonst würde etwas passieren. Das gab in der Tatnacht zögernd die Ehefrau des Verletzten einem Polizisten zu Protokoll.

Steckt Geliebte hinter den Schüssen?

Mit Spannung war der Auftritt der 36-jährigen Geliebten vor Gericht erwartet worden, die seit fünf Jahre eine Beziehung mit ihm hat – und ein Kind. Doch sie sagte im Zeugenstand kein Wort zu dem Fall, um sich nicht selbst zu belasten. Auch ihr Ehemann schwieg.

In seiner Vernehmung hatte der Gastwirt ausgesagt, er habe das Verhältnis längst beendet. Doch inzwischen legen Zeugenaussagen nahe: Tatsächlich dauerte das Verhältnis bis kurz vor dem Prozess.

Die Frau war nach Polizeiangaben im April 2018 zunächst ebenfalls festgenommen worden, als die Ermittler in Würzburg zwei Tatverdächtige fassten. Allerdings kam sie wieder frei. Mit dem jüngeren der beiden Tatverdächtigen soll sie ebenfalls enge Kontakte gehabt haben. An ihn habe sich die Freundin "vertrauensvoll" gewandt haben, heißt es in Justizkreisen.

Maskiert in der Tiefgarage gewartet

Am jüngsten Verhandlungstag wurde auch deutlich, was die Kripo an belastenden Indizien gegen die zwei 46- und 56-jährigen Würzburger hat: Eine Funkzellen-Auswertung am Tatort zeigte, dass die Handys beider Verdächtiger dort eingebucht waren. Und im Vorfeld des Überfalls gab es viele Telefongespräche zwischen der Würzburger Spedition, für die beide Angeklagte arbeiten, und dem Hausanschluss der Geliebten des Opfers und ihres Mannes oder deren Handys – auch am Tag der Tat.

Beide sollen maskiert in der Garage auf den heimkehrenden Gastronom gewartet haben. Der jüngere der beiden Angeklagten soll dem Opfer mit der Faust ins Gesicht geschlagen und den zweiten Mann auf Russisch aufgefordert haben, den Griechen "nun fertig zu machen". Tatsächlich stammen beide aus dem russischen Sprachraum. Der 56-Jährige soll dann vier Mal auf den Gastwirt gefeuert haben – die Projektile trafen ihn in den Kopf, am linken Arm und in den Rücken. Dennoch konnte der sich in die Wohnung zu seiner Ehefrau schleppen.

Zweifel an der Glaubwürdigkeit

Der Vorsitzende Richter Jochen Bösl fragte immer wieder Zeugen, ob sie etwas von Schutzgelderpressung wahrgenommen hätten. "Davon habe ich nie etwas gehört", sagte eine 39 Jahre alte Frau aus seiner Nachbarschaft. Auch der Neffe des Griechen konnte sich das nicht vorstellen.

Ungewöhnlich ist die Tatwaffe: ein uralter französischer Revolver aus dem Jahr 1900 mit dem seltenen Kaliber acht Millimeter. Er ist verschwunden. Ein Waffenexperte des Landeskriminalamtes spricht von einem "exotischen" und "sehr seltenen Kaliber", das bei dem nächtlichen Hinterhalt am 18. März 2018 zum Einsatz kam, mit einer Munition, die wenig Durchschlagskraft hatte.

Der Gastwirt kehrte aus eigener Kraft mit Familienangehörigen und Bekannten an den Tatort zurück, als die Polizei da war. Der blutende Mann habe "sehr, sehr ruhig und äußerst abgeklärt" gewirkt, sagte ein Hauptkommissar im Zeugenstand. "Man hat ihm alles aus der Nase ziehen müssen." Auch die Gattin habe "wenig Interesse an einem Gespräch mit der Polizei gehabt", sagte ein anderer Polizist.

Die Angeklagten äußerten sich nicht zu den Vorwürfen, die auf versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung lauten. Der angebliche Schütze ließ seinen Anwalt erklären, er habe nichts mit der Sache zu tun.

Ein Urteil könnte Anfang Juli fallen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Manfred Schweidler
Angeklagte
Körperverletzung und Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit
Landeskriminalämter
Mord
Polizei
Polizistinnen und Polizisten
Schlägereien
Schutzgelderpressungen
Tatwaffen
Zeugen
Überfälle
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top