Hatten zwei Männer aus Würzburg mit einem griechischen Gastwirt aus Ingolstadt eine mörderische Rechnung offen? Bezahlt wurde offenbar mit Blei und Fausthieben am 18. März vorigen Jahres. Nur mit viel Glück überlebte das Opfer einen nächtlichen Angriff in der heimischen Tiefgarage. Nun soll ein Prozess klären, ob die zwei in Würzburg lebenden Männer die Tat begangen haben und welchen Hintergrund der Anschlag hatte.
Auf dem Heimweg aufgelauert
„Wir haben Anklage wegen versuchten Mordes erhoben,“ bestätigt auf Anfrage Oberstaatsanwältin Andrea Grape in Ingolstadt. Auf dem Heimweg ihres Opfers lauerten nach dessen Angaben zwei Männer gegen 22 Uhr in der Tiefgarage unter dem Wohnblock, in dem der Grieche wohnt. Der 41-Jährige hatte Feierabend an jenem Sonntag. Er wollte nach Hause, seinen BMW abstellen und dann hinauf in seine Wohnung.
Nach eigenen Angaben sah er eine geduckte Gestalt hinter dem geparkten Auto seiner Frau. Er sprach den Mann an. Der Unbekannte soll dann mit Fäusten auf ihn losgegangen sein. Plötzlich tauchte ein Komplize auf und schoss ohne Vorwarnung viermal mit einer kleinkalibrigen Pistole auf ihn.
Trotz Kopfschuss überlebt
Ebenso viele Treffer erlitt das Opfer – einen in den Kopf, drei am Körper. Wie durch ein Wunder überlebte der 41-Jährige, ein Projektil war durch seinen Mund wieder ausgetreten und nicht ins Gehirn vorgedrungen. Der 41-Jährige konnte sich aus eigener Kraft in Sicherheit bringen und zu seiner Wohnung schleppen, seine Frau alarmierte den Notarzt.
Bereits am Tag darauf war von russisch sprechenden Tätern die Rede. Ob sie dem 41-Jährigen gezielt aufgelauert hatten - oder ob der Heimkehrer die Unbekannten vielleicht überrascht hatte beim Versuch, ein Auto aufzubrechen - war unklar. "Wenn sie auf sein Geld aus gewesen wären, hätten sie nur zugreifen müssen. Denn das hat der Geschädigte im Auto zurückgelassen", sagt Hans-Peter Kammerer vom Polizeipräsidium Oberbayern-Nord in Ingolstadt.
Tiefgarage leicht erreichbar
In die Tiefgarage zu gelangen war für die Täter nicht schwer gewesen. Wie Hausbewohner dem "Donaukurier"erklärten, stand das Einfahrtstor wegen eines Defekts seit Monaten offen. Die Parkebene war zudem über einen weiteren Zugang problemlos zu betreten.
Vier Wochen später führte eine Spur oberbayerische Ermittler nach Unterfranken. 90 Beamte waren im Einsatz. Im Würzburger Stadtteil Rottenbauer rückte ein Sondereinsatzkommando (SEK) an, das auf gefährliche Festnahmen speziell trainiert ist. Auch vor einer Wohnung am benachbarten Heuchelhof standen Beamte von Kripo und Bereitschaftspolizei bereit. Um 4.30 Uhr stürmten sie beide Wohnungen, nahmen zwei dort wohnende russische Spätaussiedler im Alter von 44 und 55 Jahren fest. Sichergestellt wurden mehrere Notebooks, Mobiltelefone, erlaubnisfreie Schreckschusswaffen und fünf Pkw.
Frau festgenommen und wieder freigelassen
Während der Befragung erlitt der 55-jährige Tatverdächtige einen Kreislaufzusammenbruch und wurde in eine Klinik eingeliefert. In Ingolstadt nahm die Polizei eine 35-jährige Frau vorläufig fest, durchsuchte auch deren Wohnung. Später wurde sie wieder freigelassen. Die Ermittlungen gegen sie und zwei weitere Personen wurden inzwischen eingestellt, sagte jetzt die Ingolstädter Oberstaatsanwältin Grape.
Die beiden Festgenommenen schwiegen, sitzen seit zehn Monaten in Untersuchungshaft. Wie die Polizei auf ihre Spur kam, was die zwei be- und vielleicht entlastet, soll erst vor Gericht zur Sprache kommen. Polizei und Staatsanwaltschaft halten sich dazu bedeckt. Bis zu einer Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Viele Fragen bleiben offen
Waren es die beiden Spätaussiedler? Wenn ja, warum fuhren sie die 200 Kilometer weit von Würzburg nach Ingolstadt, um auf den Griechen zu schießen? War es ein gezieltes Verbrechen oder trafen die Täter zufällig auf ihr Opfer? Viele Fragen sind offen. Da hält sich auch die Oberstaatsanwältin bedeckt. Die Motive sollen "im persönlichen Bereich" liegen. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft spricht nur von Heimtücke als Grund für die Attacke: „Das Opfer hatte nicht mit einem Angriff gerechnet.“
Details sollen in der Hauptverhandlung zur Sprache kommen. Sie beginnt am 3. Mai am Landgericht Ingolstadt.