
Als "Herzensangelegenheit" beschreibt Monika Kraft das Thema Gleichstellung. Seit Oktober ist sie die neue Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Würzburg. In dieser Funktion setzt sie sich für Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit ein – eine Aufgabe, die für sie nicht nur beruflich, sondern auch persönlich von großer Bedeutung ist, sagt sie.
Im Interview spricht sie über ihre Pläne für die Stadt, die Herausforderungen in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Bedeutung von Netzwerken für Frauen in Führungspositionen. Dabei betont sie, dass Gleichstellung längst kein reines Frauenthema mehr ist – und warum sie glaubt, dass ihr Amt so schnell nicht überflüssig werden wird.
Monika Kraft: Als Frau für die Gleichstellung von Frauen einzutreten, ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich bin in einem 300-Einwohner-Dorf aufgewachsen, in dem noch sehr klassische Rollenbilder vorherrschten und traditionelle Geschlechterrollen gelebt wurden. Mit meinem Umzug nach Würzburg zum Studium habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, sich aktiv für Gleichstellung und Vielfalt einzusetzen – auch aus meiner eigenen Perspektive als lesbische Frau. Deshalb ist es mir ein besonderes Anliegen, mich in meiner Rolle als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Würzburg für diese Themen starkzumachen.
Kraft: Meine bisherige Erfahrung hilft mir in meiner neuen Aufgabe in vielerlei Hinsicht. Im Bereich des Kinderschutzes habe ich mich intensiv mit dem Thema häusliche Gewalt befasst – ein Aspekt, der auch in meiner jetzigen Arbeit eine große Rolle spielt. Zudem entstehen Rollenbilder bereits in jungen Jahren. Deshalb ist es mir wichtig, früh anzusetzen und beispielsweise in Kitas ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Ein einfaches Beispiel: Wenn wir von Polizisten sprechen, denken viele automatisch an Männer – solche Denkmuster prägen sich bereits in der frühen Kindheit ein. Auch meine bisherigen Erfahrungen in Schulen und beim Würzburger Schülerinnen- und Schülertag haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, Themen wie Vielfalt und Diversität früh und in einem niedrigschwelligen Kontext zu vermitteln. Nicht zuletzt helfen mir meine zwölf Jahre bei der Stadt Würzburg enorm. Ich kenne die internen Strukturen sehr gut und habe viele persönliche Kontakte zu relevanten Akteurinnen und Akteuren. Das erleichtert den Zugang zu den einzelnen Fachbereichen und macht die Zusammenarbeit viel leichter.
Kraft: Die Herausforderung ist vor allem das starke Netzwerk, was wir erreicht haben, das, was Petra Müller-März in den letzten neun Jahren aufgebaut hat, zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Kraft: Es gibt bereits starke Netzwerke für Frauen, aber ich denke, wir müssen noch präsenter werden. Ein Ansatz könnte ein regelmäßiger Frauen-Stammtisch sein, um den Austausch und die gegenseitige Unterstützung weiter zu stärken. Männer sind in dieser Hinsicht oft cleverer, wenn es darum geht, sich zu vernetzen und sich gegenseitig zu fördern. In Würzburg haben wir mit den Frauennetzwerken, Serviceclubs und der AWF (Anmerkung der Redaktion: Arbeitsgemeinschaft Würzburger Frauen) bereits engagierte Akteurinnen. Die Frage ist: Wie können wir diese Strukturen noch gezielter nutzen, um uns gegenseitig zu unterstützen? Gleichzeitig haben wir im Würzburger Stadtrat eine sehr hohe Frauenquote. Das trägt dazu bei, Frauen sichtbarer zu machen.
Kraft: Da kann ich natürlich auch aus meiner alten Arbeit berichten. Ich war am Aufbau der betrieblichen Kinderbetreuung der Stadt Würzburg beteiligt und habe unter anderem die erste Tagesmutter angestellt. Später entstanden dann die 'Stadtknirpse', eine weitere betriebliche Betreuungseinrichtung. Da sind wir als Stadtverwaltung wirklich gut aufgestellt mit der partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Doch ich sag mal so, Kinderbetreuung ist längst kein soziales, sondern ein volkswirtschaftliches Thema. Jede Person – leider nach wie vor meist Frauen –, die zu Hause Kinder betreut oder Angehörige pflegt, fehlt dem Arbeitsmarkt. Ich wehre mich auch gegen den Begriff 'Teilzeitarbeit', denn Frauen arbeiten nicht weniger – sie werden nur für einen Teil ihrer Arbeit nicht bezahlt. Das wurde gerade während der Corona-Pandemie besonders deutlich.
Wir müssen die Care-Berufe attraktiver machen und den Ausbau der Kinderbetreuung weiter vorantreiben. Ein wichtiger nächster Schritt ist der Rechtsanspruch für die Betreuung von Grundschulkindern. Denn nur, wenn Eltern sicher sein können, dass ihre Kinder gut betreut sind, können sie auch mit gutem Gefühl arbeiten gehen.
Kraft: Rein gesetzlich sind wir tatsächlich nur für die Gleichstellung der Geschlechter zuständig, haben jedoch hier in Würzburg noch das Regenbogenbüro für Unterfranken an die Gleichstellungsstelle angegliedert, das Beratung zu queeren Themen anbietet. Ich stimme Ihnen jedoch vollkommen zu, dass diese Perspektive zu kurz greift. Ich stelle mir oft die Frage: Wohin wendet sich eine queere Transfrau im Rollstuhl, die zudem eine dunkle Hautfarbe hat? Sie könnte sich an verschiedene Beauftragte der Stadt wenden. Um diese Themen ganzheitlicher zu betrachten, haben wir bereits begonnen, uns regelmäßig mit der Inklusionsbeauftragten und der Behindertenbeauftragten auszutauschen. Denn Gleichstellung bedeutet mehr als nur Geschlechtergerechtigkeit – es geht um Diversität insgesamt. Diskriminierung kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden und oft auch in Kombination mehrerer Merkmale. Deshalb ist es wenig sinnvoll, diese Themen isoliert zu betrachten, das heißt, wie nehmen einen systemischen Blick auf die Menschen, egal mit welchem Hintergrund.
Gleichzeitig sehe ich ein Inklusionsparadox: Einerseits ist es wichtig, spezialisierte Beauftragte für verschiedene Diskriminierungsmerkmale zu haben, weil jedes Thema tiefgehendes Fachwissen erfordert. Andererseits brauchen wir eine enge Vernetzung, um ganzheitliche Lösungen zu entwickeln. Deshalb ist eine stärkere Zusammenarbeit aus meiner Sicht der richtige Weg.
Kraft: Ich glaube, dass dieser Tag nicht kommen wird. Wenn ich den Blick über unsere kommunale Gleichstellung hinauswerfe, haben wir noch so viele Themen. In Würzburg haben wir beispielsweise 198 Frauen, die von Genitalverstümmelung betroffen sind. Weltweit gibt es nach wie vor 640 Millionen Mädchen, die minderjährig verheiratet oder verkauft wurden. Natürlich wäre es mein Wunsch an dieser Stelle arbeitslos zu werden, aber ich fürchte, dass das nicht eintreten wird.
Praktisch alle Frauen, die ich kenne, können von Beispielen geschlechtlicher Benachteiligung teils erschreckend berichten.
Dazu hört Gleichstellung nicht bei Frau-Mann auf, wie Monika Kraft sehr gut darlegt.
Männer können hiervon auch berichten - es will nur keiner hören! Weder die politisch Verantwortlichen noch die Medien....
Das Ergebnis ist bekannt: viele haben einfach genug von dem ewigen "Opfer"-Narrativ der Frauen und diesem einseitigen Lobbyismus.
Ansonsten scheinen sie eher für Gleichschaltung zu stehen als für Gleichstellung.
Da hier die Zahl 198 solcher gequälter Frauen angeführt wird, frage ich nach, ob das hier in Deutschland geschehen ist?
Das typische Alter, in dem eine Beschneidung an Frauen vorgenommen wird, liegt zwischen null und 15 Jahren. Fälle von Genitalverstümmelung, die in Deutschland vorgenommen würden, seien, so Terre des Femmes, bisher nicht bekannt. Häufig kündigen die Familien ein großes Fest im Heimatland an, auf das sich die Mädchen – die nicht wissen, was sie im Einzelnen erwartet – sogar freuen. In den letzten zehn Jahren sei es auch vermehrt zu innereuropäischen „Beschneidungsreisen“ gekommen. Bekannte Fälle gab es in Frankreich, wo Beschneiderinnen eingeflogen wurden, um gleich mehrere Beschneidungen durchzuführen.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/immer-mehr-frauen-in-deutschland-beschnitten-4108564.html
In Unterfranken, Frau Scheder, scheint es doch eher andersrum zu sein, MdL
Behr/Wü, MdL Becker/KT, MdL Gießübel/SW, MdB Weißgerber/SW und MdB Lindholz/AB und das alles in einer „rückwärtsgewandten CSU!
Dann würde mich interessieren, wo man mit diesem Studienabschluss Fachbereichleiterin sein kann?
Diese Bezeichnung kenne ich nur aus dem Schulbereich?