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Würzburg
Mobile Luftfilter für Würzburgs Schulen? Die Meinungen sind gespalten
Sollten an Würzburgs Schulen mobile Luftfilter eingesetzt werden? Warum die Stimmung aufgeheizt ist, eine Petition gestartet wurde und was die Stadt zur Debatte sagt.   
Die fest installierte Luftfilteranlage in den Klassenzimmern der Grundschule Würzburg-Dürrbachgrund.
Foto: Silvia Gralla | Die fest installierte Luftfilteranlage in den Klassenzimmern der Grundschule Würzburg-Dürrbachgrund.
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:09 Uhr

Das Thema Luftfilter in Würzburgs Klassenzimmern bewegt die Gemüter vieler Eltern und auch Lehrerinnen und Lehrer. Sie wollen sich nicht zufrieden geben mit dem Beschluss des Stadtrats, der im Juli trotz der Aufforderung aus München mit deutlicher Mehrheit gegen mobile Geräte gestimmt hatte.

"Wir können und wollen die Entscheidung des Stadtrates und der Schulbürgermeisterin in Bezug auf Luftfilteranlagen in Würzburgs Schulen nicht akzeptieren. Die Kinder haben in der Pandemie ganz besonders gelitten und gerade jetzt, wo für all die, die geimpft sind, wieder einige Freiheiten auch bei hohen Inzidenzen winken, ist zu erwarten. dass ohne weitere Maßnahmen wie Luftfilteranlagen unsere Kinder im Herbst wieder zu Hause lernen müssen", heißt es von der Elterninitiative "Mobile Luftfilter Würzburg", die eine Online-Petition gestartet hat.

Es sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um den Präsenzunterricht möglichst lange sicherzustellen. Hierzu zählen laut Jasmin Borst, die die Elterninitiative mit initiiert hat, neben Hygienekonzepten und Lüften auch Luftfilteranlagen. "Hier tatenlos wieder in eine Pandemiewelle zu laufen und aus Kostengründen auf Luftfilteranlagen zu verzichten, ist nicht nachvollziehbar", erklärt sie. Mittlerweile sind über 1400 Unterschriften zusammengekommen.  

Schulbürgermeisterin Jörg: Stadt setzt auf fest installierte Lüftungsanlagen

Etwas anders ist die Sicht der Stadt Würzburg. "Wir setzen auf den Einbau von fest installierten Lüftungsanlagen", erklärt Schulbürgermeisterin Judith Jörg. Diese seien auf Dauer gesehen sinnvoller und wirkungsvoller als mobile Lüfter, "da sie die verbrauchte Luft nach außen bringen und frische Luft nach innen zuführen" – im Gegensatz zu den mobilen Anlagen, die die Raumluft lediglich umwälzten. Zug um Zug – so bei Neubauten, Sanierungen und Renovierungen – sollen Würzburgs Schulen in den nächsten Jahren mit den festen Lüftungsanlagen ausgestattet werden.

"Das ist nachhaltig und eine Investition für die Zukunft", so Jörg. In der Grundschule Würzburg-Dürrbachgrund zum Beispiel wurde eine solche Anlage bei der energetischen Sanierung 2017 schon mit installiert, auch Rottenbauer verfügt über fest installierte Belüfter. Fördermittel über den Bund hat Jörg bereits für die Leonhard-Frank-Schule am Heuchelhof für eine feste Anlage beantragt: "Da soll es schnell vorangehen, weil die Klassenräume sehr klein und dadurch schwierig belüftbar sind". Die Zusage hat sie Ende vergangener Woche bekommen.    

Bei einem Besuch schaute sich Schulbürgermeisterin Judith Jörg die fest installierte Luftfilteranlage in der Grundschule Würzburg-Dürrbachgrund an.
Foto: Silvia Gralla | Bei einem Besuch schaute sich Schulbürgermeisterin Judith Jörg die fest installierte Luftfilteranlage in der Grundschule Würzburg-Dürrbachgrund an.

Zudem habe man in den vergangenen Wochen punktuell Klassenzimmer mit mobilen Luftreinigern ausgestattet. "Wir haben insgesamt 20 mobile Geräte für Klassenzimmer angeschafft, die aus verschiedenen Gründen nicht gut belüftbar sind." Diese seien auch schon geliefert und stünden zur Verfügung, so beispielsweise in den Dachgeschossräumen des Röntgen-Gymnasiums oder in der Max-Dauthendey-Grundschule in der Sanderau. 

"Wir sind dabei in engem Austausch mit den Schulleitungen und schauen uns die jeweiligen Gegebenheiten an", so Jörg. Es sollten individuelle Wege gefunden werden, um die Situation für die Schüler optimal zu gestalten. An manchen  Schulen wurden beispielsweise in den Sommerferien auch die Fenster ausgetauscht, um besser lüften zu können. "Unser Test- und Hygienekonzept hat sich bewährt und es hat sich gezeigt, dass wir die Pandemie gut handhaben können und die Schulen keine Ausbruchsherde sind."            

Einen generellen Nutzen für alle Klassenzimmer durch den Einsatz mobiler Anlagen stellt sie in Frage und bezieht sich auf Studien und Gespräche mit Sachkundigen. Zudem seien die Anlagen sehr laut, was wieder andere Nachteile mit sich bringe. "Dort, wo gut gelüftet werden kann, lässt sich kein großer Mehrwert durch die mobilen Anlagen erkennen, dort, wo nur schlecht gelüftet werden kann, schreiten wir ein."

Vorstöße der Stadt reichen den Eltern der Initiative nicht

Die Vorstöße der Stadt reichen vielen Eltern aber nicht aus: So bezieht sich die Elterninitiative beispielsweise auf Studien des Umweltbundesamts, die belegen, dass auch in Räumen mit guter Lüftungsmöglichkeit (Kategorie 1) ein Zusatznutzen hinsichtlich der Reduzierung der Virenlast erzielt werden kann – insbesondere wenn die empfohlene Lüftung und die Befolgung der AHA-Regeln nicht konsequent umgesetzt werde. "Es würde unseren Kindern auf jeden Fall ein Stück mehr Sicherheit bieten", so Jasmin Borst.

Ja oder Nein zu mobilen Luftfilteranlagen?  
Foto: Silvia Gralla | Ja oder Nein zu mobilen Luftfilteranlagen?  

Allerdings, so heißt es auch auf der Seite des Umweltbundesamts weiter, wird der Einsatz der Luftfilter in K1-Klassenräumen – wenn die Bedingungen stimmen – als nicht notwendig erachtet. Auf Nachfrage der Redaktion erklärt ein Experte der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, Dr. Helge Möbus, Professor für Strömungsmechanik und Verfahrenstechnik, den Nutzen der mobilen Anlagen: "Die mobilen Luftfilter entfernen einen Großteil der Viren aus der Luft. Das ist erwiesen." Dennoch könnten die Geräte das Lüften nicht ersetzen. Mehrere Maßnahmen zu kombinieren, sei daher wichtig, um einen guten Schutz für die Schüler und Schülerinnen zu bieten.

"Welche Maßnahmen das sind, ist auch eine politische Entscheidung. Im Fall der Luftfilter muss entschieden werden, ob der Aufwand gerechtfertigt ist für den Nutzen, den sie im Einzelfall bringen", so Möbus. Wenn es um die flächendeckende Ausstattung geht, sei das schwierig zu sagen. Denn eines müsse klar sein: "In dieser Pandemie gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. Es gibt kein Allheilmittel. Es werden verschiedene Wege eingeschlagen, die helfen können."         

Ohne Luftfilter: Kein Nachteil im Quarantänefall

Die Initiative befürchtet, dass die Kinder im Hinblick auf eine eventuelle Quarantäne einen Nachteil haben könnten. Denn: Nach Angaben aus dem Kultusministerium könne für Schülerinnen und Schüler, deren Klassenzimmer mit Luftfiltern ausgestattet ist, die Quarantäne entfallen, wenn ein Mitschüler positiv getestet wird.

Auf Nachfrage im Würzburger Gesundheitsamt heißt es aber, dass hier für alle Schüler – egal ob Luftfilter oder nicht – dieselben Regeln gelten, "denn im Bereich der Nahfeld-Exposition zum Beispiel beim direkten Sitznachbarn nutzen Luftreinigungsgeräte nur sehr eingeschränkt", so die Sichtweise. Sollte ein Schüler positiv getestet sein, müssten also nahe Kontaktpersonen in eine fünftägige Quarantäne, aus der sie sich dann freitesten könnten.   

Beispielsweise für die schwer belüftbaren Dachgeschossräume im Röntgen- Gymnasium hat die Stadt mobile Luftfilteranlagen angeschafft. 
Foto: Silvia Gralla | Beispielsweise für die schwer belüftbaren Dachgeschossräume im Röntgen- Gymnasium hat die Stadt mobile Luftfilteranlagen angeschafft. 

Was die Luftfilter angeht, teilt das Gesundheitsamt die Expertenmeinung: "Besonders dort, wo das Lüften über Fenster nicht ausreicht, kann zusätzlich eine Unterstützung der Virenreduktion über die Installation einfacher Zu-/Abluftanlagen oder den Einsatz mobiler Luftreiniger erfolgen." Mobile Luftreiniger stellen dabei keinen Ersatz des Lüftens über Fenster dar, sondern sind eine sinnvolle Ergänzung, da hier lediglich eine Luftreinigung, aber keinen Luftaustausch erfolgt, heißt es weiter. Daher werde der generelle flächendeckende Einsatz von mobilen Luftfiltern als nicht sinnvoll erachtet.

Experte der FHWS bezieht Stellung 

Über die Diskussionen des Für und Wider muss sich das Matthias- Grünewald-Gymnasium keine Gedanken machen. Während der Sommerferien konnten alle Klassenzimmer und Fachräume mit teilweise sogar zwei mobilen Luftreinigungsgeräten ausgerüstet werden. Schulleiter Martin Weinert erklärt, dass die Schule aufgrund ihrer Verbindung mit einem Internat als Sachaufwandsträger den Freistaat Bayern hat. So wurden die entsprechenden finanziellen Mittel kurzfristig zur Verfügung gestellt, die insgesamt 84 Geräte konnten im Rahmen einer kleinen Ausschreibung zeitnah angeschafft werden. Weinert ist zufrieden mit dieser Maßnahme: "Damit leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Infektionsbekämpfung und damit zur Gesundheit unserer Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler."

 
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