Vermutlich wird es am Donnerstag in der Würzburger Stadtratssitzung heiß hergehen, wenn das Thema Luftfilter an Schulen und in Kitas auf die Tagesordnung tritt. Denn ginge es nach dem neuesten Vorstoß von Ministerpräsident Markus Söder, sollten bis zu Beginn des neuen Schuljahres alle Schulen mit Luftfiltern ausgestattet sein, um für eine weitere Coronawelle im Herbst gerüstet zu sein. Ziel ist es, das gesamte kommende Schuljahr im Präsenzunterricht abzuhalten. Dafür will der Freistaat 200 Millionen Euro zur Verfügung stellen und bis zu 50 Prozent der Anschaffungskosten von Luftfilteranlagen übernehmen.
Allerdings stellen viele der für die Schulausstattung verantwortlichen Städte und Kommunen die bayerische Strategie in Frage, so auch beim vergangenen bayerischen Städtetag, wie Würzburgs Schulbürgermeisterin Judith Jörg berichtet. Durch den Vorstoß des Ministerpräsidenten seien Kommunen ohne Kostendeckung und vorherige sachliche Diskussion zum Handeln aufgefordert.
Es beginne schon damit, dass das Thema erst im Juli aufkomme, also etwa zwei Monate, bevor das neue Schuljahr beginnt, kritisiert sie. "Für eine Stadt wie Würzburg mit ihren vielen Schulen ist es unmöglich, das in dieser kurzen Zeit umzusetzen." Grund dafür sei die europaweite Ausschreibung, die vorgegeben ist. "Dadurch sind wir an Fristen gebunden und bewegen uns Minimum im Rahmen von drei Monaten, bis ausgeschrieben ist. Frühestens ab September/Oktober könnten wir Aufträge vergeben. Dann dauert es, bis die Lieferung erfolgt, zudem kommt die Zeit des Aufstellens", erklärt Jörg.
Judith Jörg: Wissenschaftler sehen Luftfilter skeptisch
Weiter stellt sie die Frage nach dem Nutzen. Denn wie Jörg erläutert, zeigten sich Wissenschaftler gegenüber mobilen Luftreinigern zurückhaltend. "Diese wälzen die Raumluft lediglich um, aber ersetzen nicht den Effekt des Lüftens." Im Umkehrschluss hieße dies, dass trotz der mobilen Geräte weiter gelüftet werden sollte und bei steigenden Inzidenzen die Schüler doch wieder eine Maske tragen müssten, um ein höchstmögliches Maß an Sicherheit vor Infektionen zu haben.
Die CSU-Stadtratsfraktion hat nun für die kommende Stadtratssitzung einen Prüfantrag für eine mögliche Anschaffung von Luftfilteranlagen in städtischen Schulen gestellt. Für eine Umsetzung des Antrags seien allerdings noch wichtige Fragen zu klären. Zum einen, ob grundsätzlich sichergestellt ist, dass durch einen Einsatz von Luftfiltern die Maskenpflicht während des Unterrichts entfällt. Zum anderen, so heißt es in dem Antrag, müssten vor einer Beschaffung die Höhe der Anschaffungskosten für die Stadt und deren Reduzierung durch staatliche Fördermittel geklärt sein.
Ebenso die Folgekosten für Instandhaltung und Energieverbrauch. Als Beispiel nennt Bürgermeisterin Jörg die Reinigung der Filter, "die wesentlich ist und fachgerecht durchgeführt werden muss". Außerdem muss die Anzahl von Geräten für die jeweilige Raumgröße, die Umsetzungsdauer – auch unter Berücksichtigung von möglichen Lieferengpässen – und die Ausschreibungskriterien geklärt sein, heißt es weiter von der CSU-Fraktion.
Laut Studien sind Kitas und Schulen keine großen Infektionsherde
Nach bisherigen Berechnungen geht Jörg davon aus, dass für die Ausstattung der Würzburger Klassenzimmer mindestens 1500 Geräte gebraucht würden, "da wären wir bei Kosten von etwa 5 Millionen Euro, die wir erstmal vorschießen müssen". Sinnvoller und wirkungsvoller als mobile Lüfter seien in jedem Fall fest installierte Anlagen, die die verbrauchte Luft nach außen bringen und frische Luft nach innen zuführen. Dafür gebe es auch vom Bund Fördermittel, doch bisher laufe das Programm nur bis Ende 2021, so Jörg.
Die flächendeckende Versorgung mit den festen Filtergeräten sei eine Aufgabe für die nächsten Jahre, nicht für die nächsten Monate, erklärt sie weiter. "In einigen Schulen, in denen in vergangenen Jahren Sanierungsarbeiten stattfanden, zum Beispiel an der Dürrbach-Grundschule, sind diese Anlagen schon installiert, bei Neuplanungen wie am Hubland längst mit eingeplant." Die Schulen müssten dahingehend Zug um Zug aufgerüstet werden. Allerdings brauche es dafür Experten, da es sich beim Installieren der festen Anlagen um Baumaßnahmen handle, so Jörg. Das bedeutet auch, dass gerade bei den denkmalgeschützten Gemäuern einiger Schulen, wie Siebold- oder Riemenschneider-Gymnasium, genau geprüft werden müsse.
Den generellen Einsatz der mobilen Anlagen sieht Jörg eher skeptisch. Zumal Studien belegten, dass die Schulen keine großen Infektionsherde seien. Dies, so die Bürgermeisterin, zeige sich momentan sogar im Hinblick auf die Delta-Variante. Deshalb plädiert sie für einen zielgerichteten Einsatz der mobilen Geräte, zum Beispiel in Klassenräumen, in denen sich – zum Beispiel durch Dachfenster – das Lüften schwierig gestalte. Aus anderen Städten wie Nürnberg, Fürth oder Erlangen weiß sie, dass es Überlegungen gibt, die Lüfter nur für die ersten bis sechsten Klassen anzuschaffen, "weil das Risiko bei jüngeren Kindern durch das eventuelle Nicht-Einhalten der Aha-Regeln etwas höher eingeschätzt wird als bei älteren".
Auch in Würzburger Kitas kein Zuspruch für mobile Lüftungsgeräte
Schulleiter der Würzburger Gymnasien hätten sich einstimmig gegen die mobilen Geräte ausgesprochen, so Jörg. Auch Schulleiter anderer Schulen, mit denen Jörg im Gespräch war, hätten den Nutzen infrage gestellt. Zudem würden die Lüftungsgeräte auch einen Zusatzlärm in den Klassenraum bringen.
Ähnliche Rückmeldungen gibt es aus den Würzburger Kindertagesstätten, wie Sozialreferentin Hülya Düber auf Nachfrage der Redaktion mitteilt. "Unsere Kita-Covid-Studie der Universitätsklinik hat belegt, dass von den Kindertagesstätten keine große Gefahr ausgeht, sie sich also nicht als Infektionsherde darstellen." Schon in 2020, berichtet Düber, hätte es eine Förderung für Kindertageseinrichtungen bezüglich mobiler Lüfter gegeben, "genau eine Einrichtung hat sich dafür beworben". Deshalb sehe sie keinen akuten Handlungsbedarf.
Sinnvoll fände Bürgermeisterin Jörg, wenn es von Seiten der Staatsregierung Vorschläge gäbe, "welche Lüftungsgeräte überhaupt geeignet sind, sozusagen ein Portfolio an geprüften Geräten". Gespannt ist sie, wie am Donnerstag die verschiedenen Fraktionen die Lage bewerten.
Finanzierung - hätte seit über 12 Monaten geklärt werden können, zB Details über Sachaufwandsträger usw. also höchstens schlecht gemacht
Zeitpunkt - ohne Worte
Vergabe - könnte bei entsprechender Dringlichkeit u Begründung durch Freistaat auch freihändig erfolgen
Effizienz - ja, Luftfilter filtern Aerosole und bauen kein CO2 ab, Ziel ist allerdings Aerosole zu verringern, also Nebelkerze, klar ist Frischluft AUCH erforderlich
Folgekosten Instandhaltung - Personal muss geschult und bezahlt werden, dies ist somit eine Frage des politischen Willens nicht des Könnens
Energieverbrauch - Wieviel sind uns potentiell erkrankte Schüler wert?
Jammerei fest installierte Lüftungen - Hätte von der CSU seit Jahrzehnten umgesetzt werden können
Studie Würzburg Kitas u Schulen keine Infektionsherde - Kinder sind in GLEICHEM Maße am Infektionsgeschehen beteiligt
Es ist unglaublich, dass man sich da unter dem Mantel der Gutachten usw versteckt. Lieber den Geräten eine klare Absage erteilen (was Frau Jörg schon lange gemacht hat) und das Geld und v.a. dadurch finanzierte Manpower an die Schulen bringen. Das Personal an den Schulen schafft nicht nocheinmal so ein Jahr.
Für alle war es eine Herausforderung, doch leichter wird es im Herbst vermutlich erst Mal nicht, v.a. wenn es keine Eltern mehr im Home-Office gibt, die Kinder aber reihenweise in der Quarantäne- Schleife hängen.
Und noch etwas was mich maßlos aufregt! Können Politiker mal Entscheidungen treffen ohne 8 Gutachten zu beauftragen und nur die Meinungen von Experten anzuführen, die in ihre Meinungsrichtung gehen!?
Komisch, dass die Inzidenzzahlen mit Schulöffnungen und Schließungen fallen oder steigen....aber daran sind natürlich NUR die Lehrer schuld....
Die Deutschen haben es da echt gut. In anderen Ländern sind doch tatsächlich oft Schulen massiv betroffen.
Und auch Delta wird sich bei uns zeigen, es bleibt nur eine Frage der Zeit bis in Schulen mit den kleinen Klassenzimmern, ohne AHA Regeln....ach lassen wir es, denn Schulen sind schließlich sicher und keine Treiber....