
Gerade auf dem Land könnte die Polizeiarbeit von modernen Entwicklungen wie Künstlicher Intelligenz und dem Einsatz von Drohnen profitieren, sagt Christian Schulz, seit vergangenem Oktober Leiter der Polizeiinspektion Ochsenfurt. Der direkte Kontakt der Beamtinnen und Beamten zu den Bürgerinnen und Bürgern dürfe darunter jedoch nicht leiden.
Christian Schulz: Ich habe mich erstaunlich schnell eingelebt. Das hat mehrere Gründe. Zum einen die hervorragende Mannschaft auf der Dienststelle, die gute Arbeitsatmosphäre. Auch die Rahmenbedingungen passen. Um unser neues Dienstgebäude beneiden uns viele. Im Bereich Sicherheit ist die Inspektion Ochsenfurt bekannt für ihre hohen Standards. Da haben meine Vorgänger die Messlatte sehr hoch gelegt. Am meisten freut mich, dass man das auch so beibehalten kann.
Schulz: Der Anfang war schon sehr turbulent. Der 2. Oktober war mein erster Arbeitstag in die PI, und es ging gleich los mit einem traurigen Ereignis auf der B 13, ein schwerer Verkehrsunfall mit einem Todesopfer. Kurz darauf am 1. Dezember kam es bei Tauberrettersheim zu einem schweren Unfall mit zwei Toten und drei lebensgefährlich Verletzten. Das ist nicht der Einstieg, den man sich wünscht. Und dann der Schusswaffengebrauch am 20. Januar in Ochsenfurt. Das geht nicht spurlos an einem vorüber, wenn man weiß, dass ein Kollege durchaus in Lebensgefahr war. Das ist zum Glück bei uns nicht alltäglich. Aber man muss sagen, dank des guten Teams haben wird das hervorragend aufgearbeitet.
Schulz: Ich bin das Arbeiten in größeren Städten gewohnt – München, Aschaffenburg, Würzburg. Aber jede Dienststelle hat ihre Besonderheiten. Der Dienstbereich der PI Ochsenfurt ist fünfmal so groß wie das gesamte Würzburger Stadtgebiet mit einem Drittel der Einwohner. Als Besonderheit kommt hinzu, dass wir mit dem Verkehrslandeplatz in Giebelstadt auch noch grenzpolizeiliche Aufgaben haben. Aber unter dem Strich kann man sagen, in Ochsenfurt passiert genau das Gleiche wie in München, bloß entsprechend seltener. Was das Kriminalitätsgeschehen angeht, da haben wir Glück, dass es diejenigen, die dem Gesetz nicht so wohlgesonnen sind, eher in die Anonymität der größeren Städte zieht.
Schulz: Wir haben im Moment im Dienstbereich kein Phänomen, das ein Riesenproblem wäre. Die Sicherheitslage ist hervorragend. Im Landkreis Würzburg ist die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, sehr, sehr gering. Von den Fallzahlen her hatten wir im vergangenen Jahr eine leichte Steigerung. Das ist aber ein allgemeiner Trend. Man kommt wieder auf das Vor-Corona-Niveau. Aber wir haben eine hohe Aufklärungsquote. Die Zahl der Unfälle ist um acht Prozent gestiegen. Was gut ist: Die Unfallfluchten sind zurückgegangen, die Unfälle unter Alkohol- und Drogeneinfluss haben sich sogar halbiert. Das spricht dafür, dass wir regelmäßig kontrollieren und auch bewusst nach außen geben, dass bei uns Verkehrssünder jederzeit und an jedem Ort damit rechnen müssen, erwischt zu werden.
Schulz: Mir ist klar, dass es mir nicht möglich sein wird, täglich draußen irgendwo präsent zu sein. Aber ich nehme jede Gelegenheit gerne wahr, raus in die Öffentlichkeit zu kommen. Das sind zum Beispiel Veranstaltungen, bei denen man mit den Leuten ins Gespräch kommt. Das ist total wichtig. Wenn wir vor Veranstaltungen mit dem Veranstalter oder der Gemeinde sprechen, ist man auch vor Ort. Da stehen wir immer im engen Austausch.
Schulz: Die Polizei muss ansprechbar sein, das ist ganz wichtig. Man darf sich nicht in den Streifenwagen zurückziehen oder in die Dienststelle. Das muss man proaktiv angehen. Wenn ich doch mal zu Fuß in der Ochsenfurter Altstadt unterwegs bin, dann merke ich, dass die Bürger das positiv wahrnehmen und man leicht ins Gespräch kommt. Da geht es zum einen um das subjektive Sicherheitsgefühl. Aber man erfährt auch unwahrscheinlich viel. Man bekommt mit, was Bürgerinnen und Bürger umtreibt und kann dann ein noch größeres Augenmerk darauf legen. Man merkt, dass es den Leuten guttut, wenn sie auch mal kleinere Sorgen und Nöte in einem zwanglosen Gespräch mitteilen können.
Schulz: Die Veränderungen sind immens. Früher beispielsweise war die Ausrüstung in einem Streifenwagen recht überschaubar. Heute macht es der Digitalfunk möglich, dass wir uns an jeder Ecke des Dienstbereichs verständigen können. Mit dem Analogfunk war das nicht immer so. Ich habe Kartenmaterial und andere Infos auf dem Smartphone. Die Einsatzzentrale hat immer im Blick, welcher Streifenwagen sich gerade wo befindet. So können Einsätze viel besser koordiniert werden. Auf der anderen Seite ist es die Cyberkriminalität, die enorm zunimmt. Aber auch Computerbetrug, Warenbetrug, Warenkreditbetrug, das sind Phänomene, die momentan bei uns durchschlagen. Und da muss die Polizei immer mithalten können.
Schulz: KI ist ein interessantes Thema. Es gab ja schon vor Jahren Versuche mit PRECOBS, einem Programm, in dem es darum ging, grob vorherzusehen, wo man am ehesten mit dem nächsten Einbruch rechnen könnte. Inzwischen sind wir viele Schritte weiter mit KI-gestützter Analyse, und das ist natürlich gerade für uns im ländlichen Bereich interessant, weil ich mit den Ressourcen, den Polizeikräften, sehr koordiniert umgehen muss. Ich bin sicher, dass die KI uns da helfen kann. Es besteht natürlich auch die Gefahr neuer Kriminalitätsphänomene durch die KI. Deshalb – und da komme ich wieder zurück - bleibt der Dialog zwischen Polizei und Bürger so wichtig. Wir investieren viel in die Prävention. Die Medien berichten viel über Enkeltrickbetrüger oder Schockanrufer und trotzdem schaffen sie es immer wieder, Leute zu betrügen. Deshalb müssen wir weiter am Ball bleiben.
Schulz: Wir stellen eine gewisse Stadtflucht fest. Man geht aus der teuren Stadt wieder mehr in den Landkreis. Das heißt, unsere Bevölkerung wird ansteigen und damit auch das Arbeitsaufkommen für uns. Wo mehr Menschen sind, passieren auch mehr Straftaten. Das ist das eine. Was ich dann noch so im Kopf habe, ist der Einsatz von Drohnen für polizeiliche Zwecke. Wir haben in Würzburg bereits eine Drohne, die wir unter anderem bei der Vermisstensuche, aber auch bei größeren Schadenslagen einsetzen können. Wenn ich in die Zukunft schaue und mir vorstelle, wir haben irgendwo im Dienstbereich einen Einbruch und ich kann einsatzbegleitend eine Drohne losschicken, die innerhalb kürzester Zeit vor Ort aufklärt und dadurch noch schneller Tatverdächtige ins Visier nimmt. Das ist sicher eine spannende Geschichte. Es darf aber nicht sein, dass die Digitalisierung und Technisierung das Personal schmälert. Weil – hier schließt sich der Kreis wieder – der persönliche Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern nicht auf der Strecke bleiben darf. Lieber schicke ich dann noch zwei Mann mehr auf Fußstreife.