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Würzburg
Missbrauchsbetroffener kritisiert den Würzburger Bischof
Gibt es im Bistum Würzburg einen Betroffenenbeirat? Ein Sprecher sagt: "Ja." Ein Betroffener kritisiert in einem offenen Brief jedoch die Verfahrensweise. Die Argumente.
Missbrauchsbetroffener Bernhard Rasche äußert Kritik am Bistum Würzburg. Er ist nicht einverstanden damit, wie der Betroffenenbeirat ins Leben gerufen wurde.
Foto: Hagen Wohlfahrt | Missbrauchsbetroffener Bernhard Rasche äußert Kritik am Bistum Würzburg. Er ist nicht einverstanden damit, wie der Betroffenenbeirat ins Leben gerufen wurde.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:54 Uhr

Im Juni 2019 hat sich Würzburgs Bischof Franz Jung erstmals mit Missbrauchsbetroffenen zum Gespräch getroffen. Seither gab es mehrere Zusammenkünfte, ebenso Einzelgespräche mit dem Bischof, bestätigen Teilnehmer. Bei einem Treffen vor einigen Wochen sei auch über die Bildung eines Betroffenenbeirats diskutiert worden. Zu einer Wahl durch die Betroffenen sei es aber wegen langer Diskussionen aus zeitlichen Gründen bislang nicht gekommen.

Auf Anfrage informiert Bistumssprecher Bernhard Schweßinger, dass in Würzburg seit dem 10. September ein Betroffenenbeirat existiere. "Die 2019 begonnenen Betroffenentreffen mit Bischof und Generalvikar haben jetzt diese Funktion übernommen."

Betroffener kritisiert Umbenennung der Gesprächsgruppe in Betroffenenbeirat

Über einen offenen Brief an Bischof Jung, der über die sozialen Medien veröffentlicht wurde, hat sich der Betroffene Bernhard Rasche kürzlich zur Situation in Würzburg geäußert. Er kritisiert, dass die Gesprächsgruppe kurzerhand vom Bischof zum Betroffenenbeirat umbenannt worden sei. Das lässt die Rahmenordnung jedoch zu. Denn einleitend steht dort: Wenn bereits ein vergleichbares Gremium zur Beteiligung von Betroffenen eingerichtet sei, könne durch dieses Gremium die Betroffenenbeteiligung weiterhin erfolgen. Rasches Kritik entzündet sich daran, dass nicht alle Teilnehmer bei dieser Umbenennung anwesend gewesen seien, um entweder ihr Einverständnis oder ihre Ablehnung äußern zu können.

Rasche fordert von der Diözese Würzburg, alle Missbrauchsbetroffenen anzuschreiben und zu einem allgemeinen Treffen über die Tageszeitung einzuladen. "Dann könnten Betroffene einen eigenen Beirat bilden." Damit bezieht sich Rasche auf Punkt eins der DBK-Rahmenordnung, die einen öffentlichen Aufruf zur Begleitung und Aufarbeitung durch Betroffene vorsieht.

Der Würzburger Bischof Franz Jung trifft sich regelmäßig mit Betroffenen zu Gesprächen. Ein Betroffener hat öffentlich Kritik geäußert über die jüngsten Entscheidungen.
Foto: Daniel Peter | Der Würzburger Bischof Franz Jung trifft sich regelmäßig mit Betroffenen zu Gesprächen. Ein Betroffener hat öffentlich Kritik geäußert über die jüngsten Entscheidungen.

Darüber hinaus hält Rasche dem Bischof vor, dass er sich zwei Betroffene als Mitglieder für die ebenfalls zu gründende Aufarbeitungskommission "erwählt" hätte. Betroffene empfinden das als neue Abhängigkeit durch den Bischof, weil ihre Vertreter in der Kommission nicht von ihnen bestimmt worden seien - wie in der Rahmenordnung empfohlen. "Ein Teil der Gruppe fühlt sich nicht genug einbezogen", sagt Rasche.

Von dieser Aufarbeitungskommission beziehungsweise von einem wissenschaftlichen Projekt, bei dem in Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg und Betroffenen in den kommenden fünf Jahren der Umgang der kirchlichen Verantwortlichen mit Missbrauchsfällen aufgearbeitet werden soll, sprach Bischof Jung erstmals bei der Herbstvollversammlung des Diözesanrats im Oktober. Aktuell heißt es aus dem Bistum: "Die Vorbereitungen zur Errichtung der Aufarbeitungskommission im Bistum Würzburg sind abgeschlossen", so Bernhard Schweßinger. "Die Mitglieder wurden nach den Vorgaben der gemeinsamen Erklärung des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs und der Deutschen Bischofskonferenz benannt."

"Die Aufarbeitungskommission wird in Kürze offiziell ihre Arbeit aufnehmen."
Bernhard Schweßinger, Sprecher des Bistums Würzburg

Weiter informiert Schweßinger, dass der Würzburger Aufarbeitungskommission sieben Mitglieder angehören, "wie in den Vorgaben empfohlen": zwei Betroffene, vier Experten aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz und öffentlicher Verwaltung sowie ein Vertreter der Diözese Würzburg. Die Namen werden laut Schweßinger später bekannt gegeben. Und: "Die Aufarbeitungskommission wird in Kürze offiziell ihre Arbeit aufnehmen."

Derweil soll innerhalb der Gesprächsgruppe die Forderung laut geworden sein, dass die vom Bischof für die Aufarbeitungskommission "selbst erwählten" Personen zurücktreten sollten, so Rasche. "Damit wir einen guten und vertrauensvollen Neustart haben, schließlich geht es um uns."

Probleme im Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln

Auch in Betroffenengruppen anderer Diözesen gibt es Probleme unterschiedlichster Art. Beispiel Köln: Nachdem Erzbischof Woelki im März die Veröffentlichung des Gutachtens verschoben und Ende Oktober wegen "methodischer Mängel" abgesagt hat, traten kurz darauf die Sprecher des dortigen Betroffenenbeirats zurück. Sie werfen Woelki in einem Zeitungsbeitrag "erneuten Missbrauch von Missbrauchsopfern" vor. Der Betroffenenbeirat hätte zwar zunächst zugestimmt, das Gutachten nicht zu veröffentlichen. Diese Entscheidung sei jedoch unter Druck gefallen und der Betroffenenbeirat "völlig überrannt" worden.

 
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  • MP-Log
    @klafie: Die tiefere Sinn Ihres Beitrags erschließt sich mir nicht. Stimmen Sie ein Hohes Lied an auf die Niedertracht und Feigheit des Wegschauens, des Nichts-Sagens, des 'Was geht mich das an'???
    Na dann, gute Nacht Essig!
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  • klafie
    ach ja, wieder mal ein franke! hauptsache wieder lospoltern. sicher wurde in der vergangenheit zu viel vertuscht, jeder fall ist einer zu viel. aber mal ehrlich: treten SIE
    auch aus einen verein, z. b. sportverein - schützen - gesangverein .... dergleichen gibt
    es in DL zu tausenden, wenn sie wüßten, dass hier (auch in würzburg bei dlrg passiert)
    jemand wäre, der mißbrauch betrieben hat, oder zahlen Sie dort den beitrag freiwillig
    weiter.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    die Grundproblematik der Sache ist doch folgende: auf der einen Seite befinden sich Missbrauchsopfer von Straftätern die bei der Kirche angestellt sind bzw. waren und auf der anderen Seite befinden sich unschuldige Kirchenvertreter die nun helfen sollen oder wollen.

    Da ist es vorprogrammiert, dass es beiderseitig sehr schwer ist sich auf die jeweilige andere Seite einzulassen. Ein andere Möglichkeit wird es aber nicht geben, da dies ja letztlich alles freiwillig geschieht und nicht erzwungen werden kann, weder vom Staat, noch von den Betroffenen noch von der Kirche als Institution.
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  • MP-Log
    @einFranke: Wenn die Institution Kirche einen Rest an Glaubwürdigkeit behalten will, dann führt kein Weg an einer externen Aufklärung in der Art einer sog. 'Wahrheitskommission' vorbei. Dass Gutachten unter fadenscheinigen Gründen, wie aktuell durch Kardinal Woelki in Köln', unter Verschluss gehalten werden, geht gar nicht.
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  • bernhard.mott@arcor.de
    Für mich ist eins klar: solange die Staatsanwaltschaft die Fälle nicht aufklärt, hat das immer einen Geschmack. Und das meine ich links wie rechts herum. Die Kirche soll ALLE Fälle und ALLES Material dazu an die Staatsanwaltschaft abgeben. Die Missbrauchsopfer sollen Anzeige erstatten.
    Dann und nur dann wird wirklich unabhängig aufgeklärt. Sonst stehen gegenseitige Behauptungen im Raum, die meist mit nichts belegt sind.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    @bmott:
    wo das was sie fordern möglich ist, ist es doch größtenteils allein schon durch die Missbrauchsopfer geschehen! Es wurden Anzeigen erstattet, die Staatsanwaltschaft ermittelte usw.
    Leider scheint es so, dass bereits viele Fälle strafrechtlich verjährt sind, Täger gestorben sind oder ähnliches. In diesen Fällen klärt der Staat gar nichts mehr auf!
    Was momentan geschieht leisten Kirchen freiwillig, sicher auch wegen dem öffentlichen Druck der zureckt auf ihnen lastet aber auch aus der Erkenntnis heraus das Unrecht entstanden ist.
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  • 2186583
    Hören sie auf von "Tätern" zu sprechen, wo es nicht angebracht und nicht zulässig ist. Ein Beschuldigter, der verstorben ist und sich nicht mehr verteidigen kann, ist kein "Täter", sondern eben "Beschuldigter".
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  • MP-Log
    @FJ1830: Und wie nennen Sie einen Kirchenfürsten, der einen 'Beschuldigten' lebenslang (oder bis über die Verjährungsgrenze) unter seine Fittiche genommen hat, um ein Ermittlungs- und Strafverfahren zu verhindern?
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  • Alfisti
    Guter Kommentar, aber das werden auch die Allerjüngsten von uns nicht mehr erleben, weil die katholische Kirche viel mehr Macht hat als der Staat (Deutschland).
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  • walters
    Und wenn der Staatsanwalt Katholisch ist gibts eine mildere Strafe.
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  • die-frangn
    Wer der katholischen Kirche noch glaubt , glaubt auch noch an das Christkind.
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  • Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    die wenigsten suchen ihren Beitritt bewusst aus! - den suchen die (oftmals selbst eher ungläubigen) Eltern mit der Taufe aus! Letztlich bleibt also nur der Austritt.

    Würde es gesetzlich so geregelt werden, dass die jungen Leute sich erst mit 18 Jahren entscheiden müssten ob sie Kirchenmitglied werden wollen, wäre dass das finanzielle Ende der katholischen und der evangelischen Kirche in Deutschland.

    So zahlen weiterhin sehr viele Menschen freiwillig allmonatlich ihre Kirchensteuer obwohl sie mit der Kirche nichts am Hut haben und eigentlich austreten könnten.
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  • MP-Log
    Ja so was! Wer glaubt denn ernsthaft, die Kirchenoberen wären an der Aufklärung der pädokriminellen Straftaten der Brüder im Geiste und deren Vertuschung durch die Kirchenführer interessiert. Zeigt nicht aktuell der Fall Woelki erneut, wo die römisch-katholische Kirche tatsächlich steht?
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