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Würzburg
Mediation statt Gerichtsverfahren: Wo Familien Hilfe finden
Trennungen tun weh und stürzen Partner oft in Krisen – besonders wenn Kinder mit betroffen sind. Eine Streitschlichterin erklärt, wie eine Mediation Familien helfen kann.
Nicht alle Familien haben die Corona-Pandemie ohne Konflikte überstanden. Manchmal kann der Gang zu einer Mediatorin helfen, eine Trennung zu verhindern. 
Foto: Karina Färber | Nicht alle Familien haben die Corona-Pandemie ohne Konflikte überstanden. Manchmal kann der Gang zu einer Mediatorin helfen, eine Trennung zu verhindern. 
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:14 Uhr

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben sich die Anfragen von Familien nach professioneller Streitschlichtung durch eine Mediation stark erhöht. Die Geschäftsführerin des Vereins der Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation (BAFM), Swetlana von Bismarck, schätzt, dass sich die Zahlen verdoppelt haben. "Viele Familienrichter berichten uns, dass die Anzahl der Familienverfahren explodiert", sagt von Bismarck. Durch den Corona-bedingten Lockdown hätten viele Konflikte ruhen müssen. Im Interview erklärt die Juristin aus Berlin, die selbst als Mediatorin arbeitet, was Mediation ist und wie Familien dadurch Konflikte lösen können.

Warum werden Mediationen gerade besonders stark nachgefragt?

Swetlana von Bismarck: Corona brachte zahlreiche Konflikte ans Licht: Die Erwachsenen waren im Homeoffice, die Kinder hatten keine Schule und waren auch zu Hause, die Arbeitsteilung funktionierte nicht mehr, die Familien saßen oft auf engstem Raum zusammen. Kein Wunder, dass es durch diese Situation zu Meinungsverschiedenheiten kam und Konflikte vorprogrammiert waren. Da viele Beratungsstellen geschlossen waren, hat der Lockdown Trennungen beschleunigt. Nun steigt auch die Nachfrage nach Mediationen.

Die Nachfrage nach Mediation steigt, sagt Swetlana von Bismarck, Geschäftsführerin des Vereins der Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation.
Foto: BAFM | Die Nachfrage nach Mediation steigt, sagt Swetlana von Bismarck, Geschäftsführerin des Vereins der Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation.

Was ist Mediation?

Von Bismarck: Mediatorinnen und Mediatoren begleiten Familien nicht nur durch Trennungen mit Gesprächen. Wir schaffen einen geschützten Raum, in dem die Paare eigenverantwortlich individuelle und nachhaltige Regelungen finden können und wieder ins Gespräch kommen. Manche Paare finden mit Hilfe des Verfahrens gelegentlich auch wieder zueinander. Bevor also ein Streit vor Gericht austragen wird, sollte man auch über eine Mediation nachdenken.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um sich an eine Mediatorin zu wenden?

Von Bismarck: Die Mediation als Streitschlichtungsmethode einzusetzen, lohnt sich immer. Das beste wäre, sobald scheinbar unlösbare Konflikte auftreten, sich an eine Meditatorin zu wenden. Denn diese moderierten Gespräche können helfen, Konflikte zu lösen und gemeinsam wieder in den Alltag zu starten. Meist kommen die Familien aber erst zu uns, wenn sie sich wirklich trennen wollen. Sollte sich das Verfahren nicht als zielführend erweisen, kann es aber jederzeit abgebrochen werden.  

Was sind die Vorteile einer Mediation?

Von Bismarck: Die Mediation ist eine wertvolle Chance zur Konfliktlösung. Mit Hilfe einer unabhängigen Vermittlungsperson können die Parteien ihren Konflikt individuell lösen. Das Verfahren ist gut geeignet, wo zerstrittene Parteien auch in Zukunft miteinander zu tun haben – sei es in der Arbeitswelt, in der Wirtschaft oder bei Ehescheidungen, in welche Kinder involviert sind. 

Was ist der Unterschied zwischen einer Familientherapie und einer Mediation?

Von Bismarck: Ein Therapeut bearbeitet auch die Vergangenheit und die Beratung geht tiefer. Das macht die Mediation nicht. Wir suchen keinen Schuldigen, wir geben keine Antworten auf Fragen der Vergangenheit. Wir helfen, ganz praktische Lösungen für den Alltag zu finden: Wer betreut die Kinder? Wer bekommt wie viel Geld? Wie könnte ein Wechselmodell aussehen?

Wie läuft die Mediation ab?

Von Bismarck: Beim ersten Termin lernen wir uns gegenseitig kennen. Denn für die Mediation muss die Chemie stimmen, man muss sich sympathisch sein. Schon im ersten Gespräch beschreiben die Paare ihre Konfliktsituation. Wir schließen eine Arbeitsvereinbarung ab, sammeln die Themen, klären die dahinterliegenden Interessen und Bedürfnisse der Parteien, sodass ein Perspektivenwechsel möglich ist, suchen gemeinsam Optionen und vereinbaren am Ende die Regelungen rechtsverbindlich.

Wie lange dauert eine Sitzung?

Von Bismarck: In der Regel etwa 90 Minuten. Wie viele Sitzungen nötig sind, hängt von Art, Umfang und Komplexität des Konflikts sowie von den Beteiligten ab. Bei den meisten Paaren sind fünf bis zehn Sitzungen nötig. Ganz wichtig: Das Verfahren ist freiwillig.

Das klingt nach viel Zeit, die man investieren muss?

Von Bismarck: Trennungen und Scheidungen gehen nicht einfach an einem vorbei. Das eigene Leben wird neu geregelt und dafür sollte man sich Zeit nehmen. Und: Mit der Mediation kann man so einen Konflikt relativ schnell regeln, auf einen Gerichtstermin warten Sie viel länger. 

Wer bezahlt dieses Verfahren?

Von Bismarck: Abgerechnet wird meist nach Stundensatz. Im Normalfall liegen die Kosten etwa zwischen 100 und 200 Euro die Stunde. Das erscheint vielleicht viel, kann aber durchaus insgesamt günstiger sein als ein Gerichtsverfahren. Oft bieten auch Beratungsstellen kostenfrei oder kostengünstig Mediation an, vielfach leider aber ohne die finanziellen Fragen regeln zu können.

Tag der Mediation am 18.Juni und regionale Ansprechpartner

Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation (BAFM) veranstaltet eine Online-Aktion zum Tag der Mediation am diesem Freitag, 18. Juni, mit Informationen, Diskussionen, Workshops und Sprechstunden zur Familienmediation: www.bafm-mediation.de/blog/tag-der-mediation
Kontakt: In Unterfranken ist zum Beispiel die Rechtsanwältin Iris Harff in der BAFM organisiert, Telefon (0931) 5 66 82, E-Mail: info@fachanwaeltin-harff.de oder Katharina Schmelter von der Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Würzburg, Telefon (0931) 3866 90 00.
Weitere Ansprechpartner in der Region findet man bei der Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation BAFM e.V., Telefon (030) 23 62 82 66, E-Mail: bafm@bafm-mediation.de, www.bafm-mediation.de 
Quelle: clk
 
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    Wer heutzutage noch Kinder in die Welt setzt dem ist nicht mehr zu helfen. Lasst das am besten sein, dann gibts auch kein Streit um irgendwelche Kinder.
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  • MedDeeg@web.de
    ...."Bevor also ein Streit vor Gericht austragen wird, sollte man auch über eine Mediation nachdenken."....

    Das Problem ist, dass es ein lukratives Geschäftsmodell für Juristinnen und Juristen ist, "hochstrittige" Konflikte zu inszenieren und diese einseitig anzuheizen. Dies vorwiegend, indem sie den Frauen und Müttern empfehlen, sich jeglicher Kommunikation zu entziehen, eskalativ den Kontakt zwischen Kindern und Vater zu verweigern und bei jeder sich bietenden Gelegenheiten über Polizei und Staatsanwaltschaft eine Aktenlage gegen den anderen Elternteil zu schaffen.

    Die Muster und Methoden sind längst bekannt - die gesellschaftlichen Verwerfungen, Kindeswohlschädigungen und Existenzzerstörungen bis hin zu Suiziden und Gefängnis gegen Unschuldige kann man nicht mehr wegreden.

    Wer für Mediation appelliert, muss erst einmal diese Lebenswirklichkeit und strukturelle Gewalt unterbinden.
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  • MedDeeg@web.de
    Ich habe im Dezember 2003 beim Familiengericht Würzburg den ersten Antrag auf Mediation und Schlichtung gestellt. Die Richterin damals wusste offenkundig gar nicht was ich will, ein erster Termin fand nach acht Monaten statt. Während dieser Zeit wurde der Kontakt und der Bindungsabbruch im ersten Lebensjahr zu meinem Kind manifestiert - und die Weichen für alle weiteren heute vorhandenen Schädigungen und Gerichtsverfahren gestellt.

    2012 hat die gleiche Richterin dann "von Amts wegen" eine Mediatorin beauftragt, genau das durchzuführen, was ich als Vater 8 1/2 Jahre zuvor und infolge immer wieder erfolglos beantragt habe.

    Auch diese Mediation scheiterte, da die Mutter des Kindes sich weigerte, mit der Mediatorin auch nur zu sprechen (ihr wurden zunächst getrennte Gespräche zugebilligt).

    Wohlfeile Artikel hier vernebeln diese Realität - die Justiz hat keinerlei Kompetenz und Durchsetzungswillen.

    Seit 2007 bin ich selbst Familienmediator, da ich wissen wollte, was schiefläuft.
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  • MedDeeg@web.de
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  • Mainkommentar
    Man könnte sich das Mediation Gedöns komplett sparen wenn jeder Single bleibt. Heirat, Kinder und Scheidung kosten nur unnützes Geld. Bleibt alle am besten alleine dann gibts keinen Streit und es entstehen auch keine Extra Kosten.
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