Die 2020 in Kraft getretene Reform der Pflegeberufe zeigt Wirkung. Die Zahl der Bewerber um einen Ausbildungsplatz ist seitdem merklich angestiegen, weiß man beim Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU), unter dessen Dach die Ochsenfurter Main-Klinik und sieben Senioreneinrichtung in Stadt und Landkreis Würzburg betrieben werden. Mit einer eigenen Pflegeschule will die Main-Klinik diesen positiven Effekt nun nutzen, um nicht nur den eigenen Nachwuchs, sondern die Personalsituation in der Pflege insgesamt zu verbessern. Bereits zum Beginn des nächsten Ausbildungsjahres wird die Pflegeschule mit 25 Auszubildenden pro Jahrgang an den Start gehen. Im kommenden Jahr soll dann sogar für rund drei Millionen Euro ein eigenes Schulgebäude gebaut werden.
Pflegeberufe sind attraktiver geworden
Durch die Berufsreform wurden die bis dahin getrennten Ausbildungsgänge in der Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege zur sogenannten generalistischen Pflegeausbildung zusammengefasst. Mit dem Berufsabschluss als "Pflegefachfrau" oder "Pflegefachmann" können Absolventen in allen Pflegebereichen arbeiten und müssen sich nicht mehr frühzeitig für ein Arbeitsfeld entscheiden, erläutert die Personalchefin des Kommunalunternehmens, Juliane Selsam. Neben der höheren Flexibilität sei die EU-weite Anerkennung des Berufsabschlusses ein weiterer Vorteil der neuen Pflegeausbildung. "Die Reform hat die Pflegeberufe einfach attraktiver gemacht", sagt Selsam. Das sei an den Bewerberzahlen deutlich ablesbar.
Zuvor standen vor allem kleinere Krankenhäuser wie die Main-Klinik vor hohen Hürden, wenn es darum ging, den eigenen Nachwuchs heranzuziehen. Die Ausbildung war nur Krankenhäusern mit eigener Pflegeschule gestattet, sagt Klinik-Geschäftsführer Christian Schell. Die Main-Klinik war deshalb auf Kooperationen angewiesen, unter anderem mit der Krankenpflegeschule in Scheinfeld. "Wir mussten erst nach Berufsschulplätzen suchen, bevor wir uns um die Auszubildenden kümmern konnten", so Schnell. Die Entfernung zwischen Arbeitsplatz und Schulstandort habe die Ausbildung zusätzlich unattraktiv gemacht, deshalb blieben mögliche Ausbildungsplätze unbesetzt.
Künftig zehn Ausbildungsplätze pro Jahr an der Main-Klinik
Für eine eigene Krankenpflegeschule sei die Zahl der Auszubildenden zu gering gewesen, so Schell weiter. Mit der Berufsreform und der Vereinheitlichung der Ausbildung hat sich das geändert. Zehn Auszubildende will die Main-Klinik künftig pro Jahrgang einstellen, sagt Schell, gut doppelt so viele wie im Durchschnitt der Vorjahre. Weitere zehn ihrer insgesamt 20 Auszubildenden wollen die Senioreneinrichtungen des Landkreises an der Pflegeschule in Ochsenfurt unterrichten lassen. Die restlichen fünf Schulplätze sind frei für Auszubildende anderer Pflegeeinrichtungen.
Bereits vor zwei Jahren sei die Grundsatzentscheidung zur Gründung einer Pflegeschule gefallen, so Landrat Thomas Eberth. "Seitdem herrscht Konsens darüber, dass die Pflegeschule ein sinnvoller Weg ist, um dem Mangel an Pflegekräften entgegenzuwirken", sagt er. "Es geht dabei nicht darum, Pflegekräfte für das Kommunalunternehmen zu rekrutieren, sondern um die Frage, wie wir die Pflegesituation in der Region insgesamt stärken können."
Künftige Schulleitung bereitet den Unterrichtsstart vor
Im vergangenen Jahr waren die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die Gründung der Pflegeschule geschaffen worden, so KU-Vorstand Alexander Schraml. Mitte November sprach die Regierung von Unterfranken ihre Anerkennung aus und schuf damit die Voraussetzung für eine staatliche Förderung. Bereits zum Jahreswechsel nahmen die designierte Schulleiterin Dagmar Hetzel und die künftige Lehrkraft Claudia Hain ihre Tätigkeit auf. Die Diplom-Pflegewirtin und die Lehrerin für Pflegeberufe haben zunächst die Aufgabe, den Lehrbetrieb für den ersten Jahrgang vorzubereiten. Am Ende soll die Pflegeschule auf drei Jahrgangsklassen wachsen, die von vier hauptamtlichen Lehrkräften und einer Reihe Fachdozenten unterrichtet werden.
Das Schulgebäude am Rand des Klinikgeländes soll in Fertigbauweise errichtet werden und geschätzt 3,1 Millionen Euro kosten. Fertig gestellt werden soll es allerdings erst zum Beginn des Ausbildungsjahres 2022. Der erste Jahrgang der Pflegeschule werde deshalb zunächst in den Räumen der Ochsenfurter Berufsschule unterrichtet, so Schraml weiter.