Die Bayerische Landesgartenschau (LGS) ist vorbei und Aufsichtsrat und Stadtrat werden sich bald damit beschäftigen, wie die Veranstaltung für Würzburg gelaufen ist. Im Interview verteidigt Oberbürgermeister Schuchardt die Medien gegen den Vorwurf, sie hätten durch negative Berichterstattung Besucher ferngehalten.
Frage: War die Veranstaltung Landesgartenschau ein Erfolg?
Christian Schuchardt: Auf jeden Fall ist sie für die Stadt ein großer Erfolg, weil sie die Herstellung einer öffentlichen Parkanlage beinhaltet. Das Hubland ist seit dem Heuchelhof die größte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Würzburgs. Und wenn man die Stimmung gerade an den letzten Tagen beobachtet hat, dann lässt sich sagen, dass die Gartenschau die Herzen zumindest vieler Würzburger erreicht hat.
Was hat die Landesgartenschau für Würzburgs Image bewirkt?
Schuchardt: Für den Landkreis Würzburg und darüber hinaus war es eine positive Darstellung - auch durch das Mitmachen von vielen Vereine aus der Stadt und den Landkreiskommunen.Es gab natürlich auch negative Stimmungen, was man insbesondere zu Beginn in den sozialen Medien feststellen konnte.
Welche Stimmung hat die Landesgartenschau in die Stadt getragen?
Schuchardt: Im gesamten Stadtgebiet ist ja für die Gartenschau geworben worden, es gab den Willkommenspavillon am Bahnhof, und wir haben im ganzen Stadtgebiet sehr viel mehr Blumenpyramiden aufgestellt. Ich denke, die Bevölkerung hat schon positiv wahrgenommen, dass die Landesgartenschau einerseits in Würzburg stattfindet, sich zugleich aber auch durch die Begrünung in der Stadt zeigt.
Die LGS kommt in Würzburg jetzt erstmals in der Geschichte aller Landesgartenschauen in Bayern seit 1980 nicht mit ihrem Budget aus. 3,25 Millionen Euro, inklusive 1,7 Millionen Personalkosten, sollte die Veranstaltung die Stadt kosten, jetzt werden es rund zwei Millionen Euro mehr. Was sagt der Stadtrat dazu?
Schuchardt: Wir werden uns im Stadtrat darüber austauschen. Wenn Besucherzahlen nicht erreicht werden und damit der Zuschussbedarf steigt, muss darüber gesprochen werden, das ist überhaupt keine Frage.
Wann wird die exakte Höhe des Defizites fest stehen?
Schuchardt: Zunächst mal muss die Geschäftsführung die Zahlen aufbereiten. Ein Kassensturz ist ja über alles zu machen. Das betrifft die Mindereinnahmen, die aus der geringeren Besucherzahl resultieren, aber auch mögliche Mehrausgaben wie für Wasser, zusätzliche Bepflanzung oder die beiden Bahnen. Ich denke, die Zahl wird in den nächsten Wochen da sein, auf jeden Fall noch in diesem Jahr.
Im Gesamthaushalt der Stadt für 2019 mit seinen 540 Millionen ist das Defizit - im Gespräch sind zurzeit in der Summe 5,25 Millionen - ja durchaus zu verkraften. Verstehen Sie dennoch den Steuerzahler, der sich womöglich darüber aufregt?
Schuchardt: Ja, das verstehe ich. Der Steuerzahler regt sich aber auch über hohe Eintrittsgelder auf. Das ist die alternative Finanzierung. Im Prinzip handelt es sich bei der Landesgartenschau um ein Open-Air-Festival. Die Einnahmen hängen von der Besuchernachfrage ab und diese vom Wetter. Eigentlich müsste man in einem Wirtschaftsplan eine Spannbreite je nach den Bedingungen festlegen - von total verregnet und bitter kalt bis hin zu übermäßiger Hitze.
War die angepeilte Besucherzahl von einer knappen Million zu optimistisch geschätzt?
Schuchardt: Man orientierte sich an den Ergebnissen von Bamberg und Bayreuth, wo die LGS 2012 und 2016 statt fand. Aber dort gab es alten Baumbestand. Die Örtlichkeit bestimmt natürlich die Sensibilität in Bezug auf Hitze. Ein plastisches Beispiel: Man stelle sich vor, im Dallenbergbad gäbe es keinen einzigen Baum. Wie hätte sich das wohl in diesem Sommer auf die Besucherzahlen ausgewirkt? Das ist genau der Punkt, mit dem wir es bei den sehr frischen Konversionsflächen am Hubland zu tun hatten. Aber es stimmt: Ich bin mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Es kamen weniger Besucher als gedacht. Das mag auch daran liegen, dass man vielleicht mit zu vielen Besuchern gerechnet hat, die Attraktivität dieser Landesgartenschau von der Planzahl her zu hoch eingeordnet hat.
Im September haben Sie gegenüber dieser Redaktion aber auch erklärt, dass es hausgemachte Gründe für fehlende Besuchernachfrage gibt.
Schuchardt: Sicher, da ging es auch um die Frage, wie schnell man auf veränderte Bedingungen, wie schlechterer Besucherzahlen, reagiert hat.
Sie haben sich damals konkret über die Bayerische Landesgartenschau Gesellschaft verärgert gezeigt. Anregungen des Aufsichtsrats seien verzögert oder gar nicht umgesetzt worden. Welche denn?
Schuchardt: Das werden wir im Aufsichtsrat entsprechend bewerten und erörtern müssen. Die Grundfrage ist, wie geht man in einer laufenden Veranstaltung mit Veränderungen um. Das hatte ich ja bereits gesagt, dazu stehe ich, aber ich möchte das jetzt nicht verschärfen. Bei der Landesgartenschau zeigte sich, dass es wenig Schatten und lange Wege gab - da haben wir versucht, mit dem Bähnchen entgegen zu wirken. Das zweite Thema war das Erwartungsmanagement, besonders für diejenigen, die von weiter her kamen. Denen war ja nicht von Anfang an klar, dass sie mit der Landesgartenschau ein ehemaliges Militärgelände betreten, das bis vor einem Jahr noch zubetoniert war. Da wurde dann - übrigens eine Anregung aus dem Aufsichtsrat - versucht, mit erklärenden Transparenten gegenzusteuern.
Sie sind Aufsichtsratsvorsitzender der LGS. Ist in diesem Gremium vor allem diskutiert worden oder wurden dort auch Entscheidungen getroffen, als die Probleme auftraten?
Schuchardt: Beide Funktionen hat der Aufsichtsrat wahrgenommen. Seine Funktion ist ja die laufenden Geschäfte zu begleiten, zu kontrollieren und Anregungen zu geben. Aber er führt sie nicht.
Finden Sie im Nachhinein, dass man etwas hätte besser machen können?
Schuchardt: Wir haben nachgesteuert, Anregungen und Hinweise gegeben. Unter anderem kam so das Bähnchen und der Etat für Marketing wurde erhöht. Auch andere Gartenschauen haben in diesem Jahrhundertsommer ihre Besucherzahlen nicht erreicht.
Der Vizevorsitzende des Aufsichtsrats und Präsident der Bayerischen Gartenschau Gesellschaft, Roland Albert, hat bei der Abschlussveranstaltung auf der WVV-Bühne die kritische Berichterstattung der „örtlichen Presse“ dafür verantwortlich gemacht, dass Besucher ausgeblieben seien. Was sagen Sie dazu?
Schuchardt: Dem schließe ich mich nicht an. Die Medien haben die LGS fair und ausgewogen begleitet. Dass sie dabei auch negative Stimmen zu Wort kommen lassen, gehört zu ihrer Aufgabe. Und wie eine Veranstaltung wahrgenommen wird, ist ja sehr vielfältig und nicht zuletzt eine Frage der Altersgruppe.
Haben Sie einen Tipp für Ihren OB-Kollegen in Ingolstadt? Dort findet 2020 ja die nächste Landesgartenschau statt.
Schuchardt: In Ingolstadt gab es ja 1992 auch schon einmal - wie in Würzburg 1990 - eine Landesgartenschau. Es ist sicher sehr wichtig für ihn klar zu machen, dass die Landesgartenschau 2020 nicht das Remake der Gartenschau von 1992 wird.
Hätte man das auch den Würzburgern besser klar machen müssen?
Schuchardt: Vielleicht wäre das Echo in Würzburg positiver gewesen, wenn wir noch nie eine Landesgartenschau gehabt hätten. Dazu kommt: Die ganze Qualität dieses Parks entfaltet sich ja auch erst Anfang nächsten Jahres bei der Übergabe des Parks an die Bevölkerung. Dann kommt auch die Vernetzung des Gebietes mit den anderen Stadtteilen erst richtig zur Geltung.
Das tröstet enttäuschte Besucher aber nicht.
Schuchardt: Ich will da nicht widersprechen. Aber ich finde schon: Sie bauen ein Haus, und bei der Eröffnungsparty regnet es und es kommen weniger Gäste. Hat sich deswegen der Hausbau nicht gelohnt? Eine Landesgartenschau kann man nicht ohne den Zweck betrachten, für den sie veranstaltet wurde. Ohne das Hubland hätten wir uns nie für eine Landesgartenschau beworben.