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Würzburg
Leseranwältin: Wieso sich ein Unternehmen auch in einer bezahlten Anzeige inhaltlich äußern kann
Diese Redaktion berichtet kontinuierlich über das bei Würzburg geplante Gips-Bergwerk. Jetzt erscheint dazu eine Anzeige des Unternehmens. Die Leseranwältin erläutert dies.
Das Druckzentrum der Main-Post in Würzburg. Hier laufen die Maschinen und Bänder für die gedruckte Zeitung.
Foto: Daniel Peter | Das Druckzentrum der Main-Post in Würzburg. Hier laufen die Maschinen und Bänder für die gedruckte Zeitung.
Claudia Schuhmann
 |  aktualisiert: 20.04.2025 15:01 Uhr

Vielleicht ist es Ihnen schon aufgefallen: In unserer Zeitungsausgabe von diesem Samstag, 19. April, erscheint eine große Anzeige des Gips-Weltmarktführers Knauf. Das Unternehmen aus Iphofen geht darin in Form eines offenen Briefes auf seine Pläne für ein Gips-Bergwerk in der Altertheimer Mulde im Landkreis Würzburg ein.

Leserinnen und Leser mögen sich fragen, wie eine solche Anzeige zu der umfangreichen Berichterstattung passt, in der unsere Redaktion das geplante Gips-Bergwerk thematisiert. Ist es angebracht, dass in der Zeitung eine bezahlte Anzeige erscheint, in der sich Beteiligte zu diesem Thema äußern?

Anzeigenabteilung und Redaktion arbeiten getrennt voneinander

Dazu muss man Folgendes wissen: Anzeigenabteilung und Redaktion arbeiten in seriösen Medienunternehmen getrennt voneinander. Diese Trennung soll sicherstellen, dass Leserinnen und Leser sich darauf verlassen können, dass Medien unabhängig bei verschiedenen Quellen recherchieren, dass sie sachlich, umfassend und kritisch informieren.

Die Anzeigenabteilung informiert die Chefredaktion vor der Veröffentlichung über ungewöhnliche Anzeigen, um presserechtliche Unsicherheiten auszuräumen. Auf den Inhalt der Anzeige hat die Redaktion keinen Einfluss.

"Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden", heißt es im Pressekodex des Deutschen Presserates, dem auch unsere Redaktion verpflichtet ist. Diese Trennung verlangt auch das Bayerische Pressegesetz: "Bei Zeitungen und Zeitschriften müssen Teile, insbesondere Anzeigen- und Reklametexte, deren Abdruck gegen Entgelt erfolgt, kenntlich gemacht werden."

Inhalt wird als Anzeige klar gekennzeichnet

Also: Ja, es ist möglich und zulässig, dass ein Unternehmen seine Sicht auf ein redaktionelles Thema in einer Anzeige der Öffentlichkeit darlegt. Die Anzeigenabteilung prüft in solchen Fällen in der Regel lediglich, ob der Inhalt sittenwidrig ist oder in sonstiger Weise gegen Gesetze verstößt. Ist das nicht der Fall, kann die Anzeige erscheinen. Und da sie klar als solche gekennzeichnet ist, können alle Leserinnen und Leser den Inhalt einordnen.

Im Fall des Gips-Bergwerks hat die Redaktion für die Berichterstattung stets auch die Firma Knauf um Stellungnahmen gebeten und diese wiedergegeben und wird dies auch künftig tun. Dem Unternehmen muss aber unbenommen bleiben, sein Anliegen auf andere Weise öffentlich zu machen. So wie ihrerseits die Redaktion frei entscheidet, wie sie das Thema behandelt.

Sichtweisen deutlich machen gehört in der Demokratie dazu

Ich meine, dass eine Redaktion der Erörterung von Themen außerhalb ihrer eigenen Berichterstattung offen begegnen kann. Dass Beteiligte ihre Sichtweisen deutlich machen, gehört dazu. Dass dies geschehen kann - ob in Form von Leserbriefen oder Kommentaren, auf Social-Media-Plattformen oder in Gesprächen oder in transparent als solchen gekennzeichneten Anzeigen - ist ein Wesensmerkmal einer demokratischen Gesellschaft.

 
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  • Martin Deeg
    ....."Dass Beteiligte ihre Sichtweisen deutlich machen, gehört dazu. Dass dies geschehen kann - ob in Form von Leserbriefen oder Kommentaren, auf Social-Media-Plattformen oder in Gesprächen oder in transparent als solchen gekennzeichneten Anzeigen - ist ein Wesensmerkmal einer demokratischen Gesellschaft."

    Ja. Allerdings sollte man in einer fortschrittlichen "demokratischen Gesellschaft" nicht anhaltend unter den Tisch fallen lassen, dass es ganz offenkundig massive Machtungleichheiten gibt, die immer noch letztlich den Ausschlag geben, wie "Entscheidungen" fallen. (Social-Media-Entwicklungen sind auch eine Folge hiervon!).

    Ein "Wesensmerkmal" kapitalistischer Gesellschaften, auch wenn diese demokratisch ist, ist immer noch: Geld.

    Diese Machtungleichheit spiegelt sich nicht nur in großflächigen "bezahlten Anzeigen" sondern vor allem darin, dass viele Menschen schlichtweg von Macht und Geld angezogen werden. Das gilt erkennbar auch und gerade für politische Entscheidungsträger.
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  • Hiltrud Erhard
    Die Reaktion von Knauf ist richtig und gut!
    Die MP tut alles um die Meinung dahin zu bekommen wo sie sie haben will und positioniert sich und die Leser dagegen!
    Anstatt neutral zu berichten!
    Wenn man falsch und fehlerhaft berichtet, muss Mann halt selbst gegensteuern!
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  • Martin Deeg
    Hören Sie doch einfach mal auf, andere Menschen als tendenziell einfältige manipulierbare Pfosten hinzustellen, die außerstande seien, sich selbst eine Meinung zu bilden, "Opfer" einer Art Gehirnwäsche durch die Mainpost.

    Eine kritische Haltung ist kein Zeichen fehlender "Neutralität", Frau Erhard - im Gegenteil: fehlende Neutralität zeichnet sich vielmehr durch pauschale unsubstantiierte Unterstellungen ("falsch und fehlerhaft") aus, zur Schau getragen mit dem Duktus absoluter Gewissheit.

    Woher nehmen Sie Ihre Gewissheiten?

    Eine neutrale Meinung kann man sich auch bilden indem man beobachtet, wie andere sich zu etwas verhalten, wie glaubwürdig diese agieren.
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  • Alfred Neumann
    Sehr geehrter Herr Neumann,
    hier der Link zu den Kommentarrichtlinien.
    https://www.mainpost.de/datenschutz/nutzungsbedingungen-fuer-ihre-beitraege-art-11185599
    Viele Grüße
    OnlineRedaktion
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  • Norbert Meyer
    Leseranwältin ? (haha) Bei dieser Berichterstattung der MP hätte ich in dieser Zeitung keine
    Anzeige mehr geschaltet, sondern würde eine eigene Zeitung herausgeben.
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  • Peter von der Tann
    Sind doch auch aufs Geld von Knauf dankbar??
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  • Dietmar Eberth
    Was haben Sie von Ihrer Zeitung, die keiner liest. Sie sind nachtragend (?) und Knauf ist pragmatisch und möchte aufklären und eine große Leserschaft erreichen. Und das erreicht man nun mal in einer Regionalzeitung
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