Sonja Liebig hat keinen Freudentanz aufgeführt. Sie hat auch nicht gejubelt. Als sie Mitte April die Nachricht über das negative Corona-Testergebnis bekommen hat, ist sie in ihr Badezimmer gegangen, hat die Tür zugemacht und erst einmal fünf Minuten ganz für sich alleine gebraucht. Fünf Minuten Zeit, um zu verstehen, dass fünf Wochen Corona und häusliche Isolation endlich vorbei sind. Mitte März war die 50-Jährige an dem Coronavirus erkrankt und hat öffentlich über den Verlauf der Krankheit erzählt.
Corona bringt Verständnis
Obwohl es der Frau aus Randersacker (Lkr. Würzburg) mittlerweile gesundheitlich wieder gut geht, war der Weg zurück in den Alltag kein leichter. "Es hat ungefähr eine Woche gedauert, bis ich mich draußen wieder zurecht gefunden habe", erzählt Liebig. Denn die Maßnahmen, die in den letzen Wochen eingeführt wurden, hatte Liebig bis dato noch nicht am eigenen Leib erlebt. "Ich war ja seit Anfang der Ausgangsbeschränkungen weg." Was sich verändert hat, habe sie durch die Berichterstattung in den Medien zwar mitbekommen. "Aber wie es da draußen jetzt wirklich ist, das wusste ich nicht."
Die Krankheit hat Sonja Liebig verändert. Nicht nur ihre Gesundheit wisse sie mehr zu schätzen, sondern das ganze Leben an sich. "Ich kann alleine entscheiden, wann ich ausgehe. Ich kann nachts wieder schlafen. Und ich kann wieder klar denken, meine Gedanken drehen sich nicht nur noch um mich", erzählt sie. Sie sei demütiger geworden – aber auch dünnhäutiger. "Ich glaube, wer Corona hatte, hat auch mehr Verständnis und Geduld für Menschen, die länger krank sind."
Kontakt zu Mitmenschen fällt schwer
Den Kontakt zu ihren Mitmenschen muss Liebig noch "gut dosieren", es sei ungewohnt für die zweifache Mutter gewesen, plötzlich wieder viele Menschen zu sehen, beispielsweise beim Einkaufen. Sieht Liebig Personen, die dicht zusammenstehen, erschrickt sie. "Ich verstehe die Sehnsucht der Menschen, dass alles wieder normal werden soll." Genau deswegen macht sie sich allerdings Sorgen: Wenn man keinen Infizierten kenne "und es nicht selbst erlebt hat, verdrängt man die Gefahr und hält das Risiko für minimal. Trotzdem ist im Umgang miteinander immer noch Vorsicht geboten".
Und wie fühlt es sich an, zumindest vorerst wohl immun gegen Corona zu sein? "Ich vertraue darauf, dass ich es so schnell nicht mehr kriegen kann. Ich habe eine innere Sicherheit", sagt die 50-Jährige. Trotzdem sei sie immer noch vorsichtig. Auch andere Menschen in ihrer Umgebung sollen sich sicher fühlen können. Ihre Devise: "Abstand halten, und sich dennoch ein Gefühl der Nähe geben." Trotz Genesung hat die Frau aus Randersacker noch mit einigen Nachwirkungen der Krankheit zu kämpfen. Ein leichter Husten sei geblieben und auch die Lunge würde sich noch nicht wieder ganz normal anfühlen. Ein abschließender Arztbesuch soll demnächst klären, welche Folgen die Krankheit auf ihre Lunge hatte.
Osterfest wird in Erinnerung bleiben
Außer an den langen Krankheitsverlauf wird Liebig sich in Zukunft noch an etwas anderes erinnern: das erste Osterfest nach ihrer Covid-19-Infektion. Denn der Ostersonntag war einer der ersten Tage, an dem sie wieder richtig riechen und schmecken konnte. "Da dachte ich dann, das Essen muss jetzt doch etwas Besonderes sein." Gefeiert hat Liebig daraufhin mit Ente, Klößen und Rotkohl von der lokalen Weinstube des Ortes.