
Deutliche Wende im Fall des NS-Verbrechers Eduard Wirths: Der Name des leitenden Standortarztes im Konzentrationslager-Komplex Auschwitz soll nun doch bald vom Kriegerdenkmal in Geroldshausen (Lkr. Würzburg) entfernt werden. Das hat der Gemeinderat am Dienstagabend einstimmig und ohne Diskussion entschieden.
Eduard Wirths war zwischen September 1942 und Januar 1945 in zentraler Funktion im Vernichtungslager Auschwitz an der Ermordung hunderttausender europäischer Juden beteiligt. Wirths nahm selbst Selektionen an der Rampe vor, teilte aber auch die KZ-Ärzte, darunter der berüchtigte Josef Mengele, dafür ein.
Seit 1951 ist der Name von Eduard Wirths in das Kriegerdenkmal in Geroldshausen eingemeißelt. Er steht dort in einer Reihe von 25 Männern aus Geroldshausen, die im Zweiten Weltkrieg gefallenen sind. Wie Wirths auf das Kriegerdenkmal gekommen ist, lässt sich bis heute nicht klären. In den Protokollbüchern des Gemeinderats findet sich nur der Vermerk, dass die Steinwerke Wirths, also der Vater von Eduard Wirths, den Auftrag für das Denkmal aus heimischen Muschelkalk bekamen. Eduard Wirths starb im September 1945 in britischer Gefangenschaft an den Folgen eines Selbstmordversuches.
Neonazis versammelten sich bereits vor dem Denkmal
Nach der Berichterstattung dieser Redaktion über das Problem mit dem Kriegerdenkmal Anfang März, geriet das beschauliche Geroldshausen mit seinen knapp 1300 Einwohnern bundesweit in die Schlagzeilen. Neonazis versammelten sich vor dem Denkmal mitten im Ort und verneigten sich, berichtete Bürgermeister Gunther Ehrhardt am Dienstagabend im Gemeinderat. Im Rathaus seien Postkarten mit Hitlergruß und volksverhetzendem Inhalt eingegangen. Der Bürgermeister hat Anzeige erstattet, die Polizei würde jetzt auch öfter im Ort Streife fahren, sagte er.
"Soweit hätte es nicht kommen müssen", ist Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland am Mittwoch überzeugt. "Wenn sie gleich beschlossen hätten, den Namen vom Denkmal zu entfernen, wäre es für Geroldshausen positiver ausgegangen." Vor vier Wochen diskutierten die Gemeinderäte schon einmal. Sie konnten sich aber nicht dazu entschließen, den Namen vom Denkmal zu entfernen.
Das Problem mit dem Kriegerdenkmal war in Geroldshausen bekannt
"Die Thematik ist für Geroldshausen auch nicht neu", weiß Schuster. Der Würzburger, der seit 2014 Präsident des Zentralrates ist, erinnert sich an Diskussionen im Ort, die vor 20 Jahren schon geführt wurden. Damals sorgte der aus Geroldshausen stammende Journalist Ulrich Völklein mit seinem Tatsachenroman "Der Judenacker" für Aufsehen im Dorf. Nicht nur die Geschichte der Geroldshäuser Juden wurde vom Autor aufgearbeitet, sondern auch Wirths Rolle in Auschwitz. Schuster erinnert sich: "Die Witwe von Eduard Wirths wollte zeit ihres Lebens den Namen der Familie in Ehren halten. Und jetzt, da kaum noch Täter und Angehörige vorhanden sind, ist man auch viel offener für das Thema." Ähnliche Erfahrungen gebe es in anderen Ortschaften.
Auch Christoph Heubner, der geschäftsführende Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees, kennt viele Orte, wo NS-Verbrechen und Täter noch verherrlicht würden. Er macht aber auch deutlich, dass die Geroldshäuser nun an einem Punkt angekommen seien, wo sie den historischen Fakten nicht mehr ausweichen können. "Jenseits des Munkelns war die Grauzone des Schweigens", sagt er. Dazu habe auch die Berichterstattung dieser Redaktion beigetragen. Sie sei ein "interessantes Lehrbeispiel", weil sie den Menschen in Geroldshausen klar gemacht habe: "Die Augen sind jetzt auf euch gerichtet."
Bürgermeister Ehrhardt will eine gute Erinnerungskultur
Schuster und Heubner loben die Einsicht des Gemeinderates, den Namen Wirths nun vom Denkmal zu entfernen. Heubner möchte die Gemeinde sogar dabei unterstützen, einen angemessenen Hinweistext zu entwerfen, der die Leerstelle auf dem Kriegerdenkmal erklären soll. Er möchte auch an einer eventuell für den Herbst geplanten Runde teilnehmen, in der noch einmal der Umgang mit der Geschichte in Geroldshausen diskutiert werden soll.
Die Gemeinde hat einen Steinmetz aus Ochsenfurt damit beauftragt, den Namen zu entfernen. Bürgermeister Ehrhardt geht davon aus, dass in den nächsten ein bis zwei Wochen der Name ausgemeißelt wird. "Es spricht auch nichts dagegen, wenn bewusst eine Lücke gelassen wird", sagt er und betont, dass damit kein Schlussstrich unter der Geschichte gezogen werde, sondern ihm eine gute Erinnerungskultur wichtig sei.
wenn dem so ist hätte er erst garnicht auf den Stein gemeiselt gehört,
jetzt gibs wichtigeres als ein Name den man sowieso nicht zuordnen kann
schämen sie sich nicht für ihren Kommentar? Alleine darüber zu urteilen welche Dinge andern Personen wichtig sein dürfen ist schon anmaßend genug. Ihre Meinung zum vorliegenden Fall ist sogar pervers (lt. Definition Duden).
Jeder der in den letzten Wochen darüber gelesen hat kann den Namen dieses Verbrechers duraus zuordnen.
Das hätte man mit Anstand und Flex in weniger als zwei Tagen erledigen können. Ohne wochenlange "Bedenkzeit".
Da gibt es GAR NICHTS zu bedenken!!!
Sein Vorgesetzter war Rudolf Höß, er selbst war Vorgesetzter von Dr. Mengele.
Übrigens: Auch der Familie von Herrn Wirths wäre es ja frei gestanden, auf diese Inschrift zu verzichten ...
wurde einem Verbrecher als Kriegsopfer Ehrerbietung dargebracht, und keiner hat daran Anstoß genommen?
Einfach unglaublich!
Ich finde den offenen Umgang der Gemeinde mit dem Thema gut - negativ betrachtet beinhaltet das nun eben die Aufmerksamkeit von Ewiggestrigen! Aber es ist besser als das Thema klammheimlich zu behandeln und den Namen ohne weiteren Hinweis hinauszumeiseln (das wäre verlogen).
Zum Gespött macht sich niemand, kein Dorf kann sich seine (früheren) Bewohner aussuchen.
Und natürlich braucht es Fachpersonal und Organsationen die Hilfestellung leisten - wie gesagt wäre es einigen Kritikern am liebsten der Name wäre ohne weiteren Hinweis herausgemeiselt worden - das wäre verlogen und würde Nazis am Ende in die Karten spielen.
ihre zwei Ausrufezeichen machen ihre Sprachlosigkeit sicher nicht größer! Ihren Generaldverdacht könnten sie sicher auch nicht beweisen! Jeder der vorschnell urteillt sollte sich selbst fragen ob er schon einmal die heimischen Kriegerdenkmale näher betrachtet hat und sich gleichzeitig mit den darauf verewigten Namen beschäftigt hat! Das kann wohl niemand in Gänze beantworten! Und auch ein Herr Wirths hat sicher nicht innerhalb der Familie oder Dorfgemeinschaft damit geprahlt in welch schreckliche Verbrechen er verwickelt war. Viele Täternamen sind nach Kriegsende ganz schnell in Vergessenheit geraten oder waren nie wirklich bekannt, sofern sie nicht den Nachnamen Himmler, Göring, Goebbels o.ä. trugen. Sicher gibt es auch noch andere Denkmäler auf denen mittlerweile kaum mehr bekannte oder schon immer unbekannte Kriegsverbrecher geehrt werden.
Es wurde in der deutschen Nachkriegsgeschichte zu oft gesagt: Das haben wir nicht gewusst. Damit muss spätestens jetzt Schluss sein!
jetzt ist ja auch Schluss damit (es wird Zeit). Natürlich gehört die Nachkriegszeit und der Umgang aufgearbeitet. Damit steht Geroldshausen aber bei weitem nicht alleine da. Nach Kriegsende wurden ehemalige Richter und hohe Staatsbeamte weiterbeschäftigt auch wenn sie in Kriegsverbrechen verwickelt waren.
Ein ehemaliger Marinerichter der Todesurteile beantragte und fällte brachte es sogar bis zum stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden und zum MP von Baden-Württemberg.
Selbst bei so prominenten Menschen kamen ihre Verbrechen erst sehr spät ans Tageslicht oder es wollte niemand wissen.
Ich will nicht relativieren aber nach dem Tod von Eduard Wirths ist wohl vieles nach dem Motto "aus den Augen, aus dem Sinn" gelaufen. Und in Auschwitz waren sicher die wenigsten Geroldshäuser in der Nachkriegszeit bzw. ist der Name auch dort nicht überall präsent (verglichen z.B. mit Josef Mengele).
Es ist gut, dass jetzt gehandelt wird; es ist schlecht, dass nicht früher schon gehandelt wurde.
ich halte ihre Kritik für ungerechtgerftig. Es war von Anfang an klar, dass die Gemeinde die Sache so nicht stehen lässt! Die redliche Bemühung der Gemeinde kann man daran erkennen, das auch eine Hinweistafel mit Verweis und Erklärung der Leerstelle angebracht werden soll.
Dies wurde von den wenigsten Kritikern gefordert die am liebsten gleich den Meisel ausgepackt hätten nach dem Motto "aus den Augen, aus dem Sinn".
Schon die anfängliche Anbringung der provisorischen Erklärung ist sicher nicht selbstverständlich.
Auch die Einbindung von Stellen, Personen und Organisationen die sich damit auskennen zeigt Demut vor der Sache.
Ihr Kritik trifft auf den Umgang in den letzten 70 Jahren mit dem Namen zu - aber sicher nicht auf dem Umgang der Gemeinde mit dem Denkmal in den letzten Wochen!
Ihr Zitat "Das Ende vom Lied ist, dass der Name jetzt von der Tafel entfernt wird; dass hätte man nach zwei Tagen umsetzen können."
Wie sie und andere sicherlich wissen steht das Kriegerdenkmal unter Denkmalschutz! Innerhalb von wenigen Tagen kann man hier sicher kaum was erreichen. Und eine Gemeinde die wissentlich gegen den Denkmalschutz verstößt ist sicherlich das letzte was man braucht.
Das Entscheidende finde ich, ist nicht die Entfernung des Namens sondern die geplante Anbringung der erklärenden Tafel. Damit ist dafür gesorgt das zukünftige Generationen anhand eines greifbaren, örtlichen Beispiels etwas über die Verbrechen der Nazizeit lernen können! Ein bloßes Herausmeiseln sorgt nur dafür, dass innerhalb weniger Jahre die Sache "vergessen" ist.
Eine Erinnerungskultur ist wichtig - und vielleicht hat daher die bisherige unsägliche Nennung eines Kriegsverbrechers auf den Stein am Ende doch noch einen Sinn gehabt! Ohne Name wären die Verbrechen längst vergessen!