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Würzburg
Kulturspeicher: Wie die Leiterin die letzte Zeit im Dienst erlebte
Die Konkrete Kunst war ihr Steckenpferd. Nun geht die Direktorin des Museums im Kulturspeicher in Rente. Ein Gespräch über die Entwicklung des Museums und seiner Direktorin.
Marlene Lauter war fast 30 Jahre bei der Stadt Würzburg angestellt. Sie war Gründungsdirektorin und Leiterin des Museums im Kulturspeicher. Nun geht sie in den Ruhestand.
Foto: Thomas Obermeier | Marlene Lauter war fast 30 Jahre bei der Stadt Würzburg angestellt. Sie war Gründungsdirektorin und Leiterin des Museums im Kulturspeicher. Nun geht sie in den Ruhestand.
Sophia Scheder
Sophia Scheder
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:26 Uhr

Nach fast 30 Jahren endet Ende September die aktive Dienstzeit von Marlene Lauter bei der Stadt Würzburg. 1991 kam sie als stellvertretende Leiterin der Städtischen Galerie nach Würzburg, vier Jahre später übernahm sie deren Leitung und begleitete als Gründungsdirektorin die Einrichtung und Eröffnung des Museum im Kulturspeicher. Im Gespräch erzählt die studierte Kunsthistorikerin, was sie im Museum am meisten vermissen wird, und was sie ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg gibt. 

Frage: Frau Lauter, Stichwort Corona. Die letzten Monate Ihrer Amtszeit haben Sie sich sicherlich anders vorgestellt...

Marlene Lauter: Natürlich hatte kein Mensch aus der Kultur- oder Museumswelt so etwas auf dem Schirm. Es war das erste Mal in meinen 29 Jahren, die ich in Würzburg bin, dass wir das Museum für mehrere Wochen schließen mussten. Normalerweise arbeiten wir sichtbar, sind immer in Kontakt mit Besuchern, Künstlern oder anderen Museen und Galerien. Diese Zeit habe ich jedoch genutzt, um mehr Back Office zu machen. So habe ich unter anderem für den Gesamtbestandskatalog der Sammlung Peter C. Ruppert gearbeitet. Ich konnte mich auch mal in fachliche Dinge vertiefen, die ich so eher am Abend oder mal am Wochenende gemacht habe. Worüber ich sehr traurig bin, ist, dass ich meine letzte Ausstellung wegen der Pandemie leider nicht mehr realisieren konnte. Das Thema sollte 'Kunstflüge. Darstellungen des Fliegens in der Kunst vom 16. bis 21. Jahrhundert' sein. Meine Nachfolgerin jedoch hat sich das Material schon angeschaut und möchte diese Schau dann im nächsten Jahr machen, sodass die Projektarbeit nicht verloren geht. 

Das Museum im Kulturspeicher hat 2002 mit der Devise geöffnet, etwa 60 000 Besucher pro Jahr zu empfangen. Dies hat es jedoch nie geschafft. Warum nicht?

Lauter: Der Stadt Würzburg bin ich bis heute dankbar, dass sie sich auf dieses großartige Museumsprojekt eingelassen hat. So hat die moderne und zeitgenössische Kunst in Würzburg eine adäquate Plattform. Unsere Überlegungen und Konzepte hinsichtlich der zu erreichenden Besucherzahl gingen von entsprechender personeller und finanzieller Ausstattung aus. Dies war vom städtischen Haushalt her nicht möglich; hier besteht also immer noch Entwicklungsbedarf und -potential. Aber ein Museum ist ja nicht nur daran zu messen, welche Zahl an Besuchern kommt, sondern welche Art an Aktivitäten es gibt, wie sich das Museum vernetzt und welche verschiedenen Besucherschichten es erreicht. Da ist uns wirklich vieles gelungen und für diese Vielfältigkeit haben wir 2005 sogar den Bayerischen Museumspreis erhalten. 

Das Museum im Kulturspeicher in Würzburg.
Foto: Patty Varasano | Das Museum im Kulturspeicher in Würzburg.
Wie sehen Sie die Entwicklung des Museums vom Start im Jahr 2002 bis heute?

Lauter: Sehr gut! Man muss sagen, dass es anfangs viel Skepsis gab. Die Menschen hatten insbesondere gegenüber der Konkreten Kunst viele Vorbehalte. Inzwischen merke ich jedoch, dass wir zum klassischen Besuchsprogramm in Würzburg gehören. Das Museum ist in die Stadt hinein gewachsen, es gehört einfach dazu. Wir haben uns sehr gut vernetzen können, was uns nach und nach in der Museumwelt sehr bekannt gemacht hat - auch über Deutschland hinaus. So kooperierten wir bereits mit einem Museum im österreichischen Linz oder mit der Stiftung für Konkrete Kunst in Zürich. Wir bekommen immer mehr Anfragen aus verschiedenen Ländern. Man kann sagen, dass das Museum Kreise gezogen hat, aber sich immer weiter vernetzen kann, darf und soll. 

Wurde die Sammlung Peter C. Ruppert wirklich zum Zugpferd des Museums, wie anfangs gedacht?

Lauter: Sie ist immer ein Zugpferd, wenn wir Programm machen. Das heißt, wenn Schulklassen geführt werden, wenn wir für Erwachsene Programm machen oder wenn wir Künstlergespräche anbieten - dann sehe ich immer an den Reaktionen, wie stark die Sammlung ist, und dass sie die Besucher berührt. Wenn wir kein besonderes Programm machen, wird die Sammlung von Liebhabern dieser Kunstrichtung besucht. Sie ist obendrein Ressource für Wechselausstellungen. Also im Normalfall geht der Besucher zunächst in die Sonderausstellung und geht dann erst weiter in die Dauerausstellungen, also Städtische Sammlung und Sammlung Ruppert.

Wie geht es mit der Sammlung nun weiter?

Lauter: Die bleibt hier, da gibt es gar keine anderen Überlegungen. Herr Ruppert wollte immer, dass die Sammlung in Würzburg bleibt und seine Witwe sieht dies genau so. Sie ist schließlich auch ein Teil der Identität dieses Hauses. 

In der Zeit als Museumsleiterin haben Sie viele Wechselausstellungen miterlebt. Was waren Ihre Highlights?

Lauter: Im Schnitt gibt es etwa fünf Wechselausstellungen im Jahr, also gab es viele Höhepunkte für mich, beispielsweise eine Ausstellung, die sich rund um das Thema 'Weiß' gedreht hat. Hier waren auch 15 Werke aus der Sammlung Ruppert dabei. Weiß erscheint in den unterschiedlichsten Facetten, deshalb hat es mir auch so Spaß gemacht, verschiedene Werke auszusuchen und zu recherchieren. Die Rupperts waren damals auch sehr glücklich, da die Ausstellung um die eigene Sammlung herumgebaut wurde. 

...und was hätten Sie gerne noch realisiert?

Lauter: Ach, da gibt es so viele Sachen (lacht). Ich bin ja ein großer Farben-Fan, deshalb hätte ich gerne noch eine Ausstellung über die Farbe Blau im Portrait realisiert. Ich bin ja nicht nur in der Konkreten Kunst zu Hause, sondern habe mich auch früher in der alten Städtischen Galerie mit der gegenständlichen Kunst beschäftigt. Blau ist unter anderem die Farbe der Melancholie und da hätte ich gerne angesetzt. 

Mit der BBK Galerie, dem Tanzspeicher und dem Bockshorn ist das Areal um das Museum ursprünglich als Kulturquartier entstanden. Trotzdem gab es nie größere Kooperationen. Warum nicht?

Lauter: Doch, diese Kooperation gab es schon - mit der langen Kulturspeichernacht, die ich angestoßen habe. Der Tanzspeicher hat hierbei bei uns getanzt, das Bockshorn hat parallel zu den gegebenen Themen etwas gemacht und auch die BBK Galerie hatte geöffnet. Dann gab es jedoch von meiner Seite aus immer mehr andere Aufgaben, sodass ich nicht mehr Initiatorin der Kulturspeichernacht sein konnte. Ich wünsche mir sehr, dass das wieder aufgegriffen und weiter gehen wird. Diese Veranstaltung muss man wieder aktivieren. 

Marlene Lauter in einem Ausstellungsraum des Museums im Kulturspeicher.
Foto: Thomas Obermeier | Marlene Lauter in einem Ausstellungsraum des Museums im Kulturspeicher.
Was geben Sie Ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg?

Lauter: Hmmm... Ich gebe ihr mit, die Vielfalt im Auge zu behalten. Die Vielfalt in der Kunst sowie die Vielfalt der Besucherinteressen. Aber ich glaube, das brauche ich ihr nicht zu sagen, denn sie ist so kommunikativ und wird direkt auf die Menschen zugehen. Dass man mit und über die Kunst, mit Museen, Künstlern und dem Publikum kommuniziert, halte ich auch für sehr wichtig. 

Frau Lauter, zu guter letzt: Wie werden Sie Ihren Ruhestand nutzen?

Lauter: Es ist doch immer so, wenn Sie loslassen, dann haben Sie die Hände frei, dann können Sie etwas Neues machen. Deshalb werde ich schreiben und auch - ohne den Künstlern Konkurrenz zu machen - selber wieder den Pinsel halten. Ich habe früher bereits gemalt, den Pinsel aber lange Zeit beiseite gelegt, da mir einfach die Zeit gefehlt hat. Deshalb ist das Erste, was ich machen werde, wenn ich hier den Schlüssel abgegeben habe, Farbe kaufen.

Über die neue Direktorin

Luisa Heese.
Foto: Karolina Sobel | Luisa Heese.
Die Kunstwissenschaftlerin Luisa Heese wird neue Direktorin des Museums im Kulturspeicher. Der Stadtrat hat Heese im April dieses Jahres einstimmig zur Nachfolgerin von Marlene Lauter gewählt. Der Wahl ist ein mehrstufiges Auswahlverfahren vorausgegangen, bei dem eine externe Personalberatung eingebunden war. Heese hat sich gegen 23 Mitbewerberinnen und -bewerber durchgesetzt. Heese war zuletzt kommissarische Direktorin der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden. Geboren 1984 in Göttingen, studierte sie von 2005 bis 2013 Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis mit Hauptfach Kunstwissenschaft und Bildende Kunst in Hildesheim und Caldas da Raínha, Portugal. Stationen ihrer Tätigkeit sind Kunstverein Hannover, Museum für Photographie Braunschweig, Goethe-Institut London, Musée des beaux-arts de Nancy.
Quelle:  Stadt Würzburg/ssc
 
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