Zwei Euro Pflichtaufschlag auf den 50-Euro-Semesterbeitrag, abgewickelt über das Studentenwerk: Können Studierende der drei Würzburger Hochschulen dafür bald gratis die Vorstellungen des Mainfranken Theaters besuchen?
Widerstand von freien Bühnen und Geschäftsführer des Studentenwerks
Eigentlich ist die Theaterflatrate seit Dezember beschlossene Sache: Der achtköpfige Verwaltungsrat des Studentenwerks hatte nach Initiative aus der Studierendenvertretung die Einführung befürwortet – gegen den Widerstand von Geschäftsführer Michael Ullrich und gegen den sich formierenden Protest privater Theater in Würzburg. Sie befürchten ihrerseits teils existenzgefährdende Einbußen bei studentischen Besuchern.
So wurde in den letzten Monaten hinter den Kulissen gefeilscht, taktiert, verhandelt. Und nun? Am kommenden Dienstag trifft der Verwaltungsrat wohl eine endgültige Entscheidung, nachdem offene Fragen geklärt sein sollen.
Vorschlag: Mit Mainfranken Theater starten und ausweiten
Doch weiter schwelt der Grundkonflikt: Soll ein Semesterticket allein mit dem Mainfranken Theater starten und erst später auf Privattheater und andere Einrichtungen ausgedehnt werden? So schlägt es der langjährige Studierendenvertreter Stephan Hemmerich als Initiator und Motor des Projekts vor. Auch wäre ein erster Vertrag mit dem Mainfranken Theater auf zwei Jahre befristet – eine Art Testlauf also.
Auf der anderen Seite stehen Kritiker, die vor einer exklusiven Vereinbarung mit dem kommunalen, hoch subventionierten Dreispartenhaus warnen, voran Studentenwerks-Geschäftsführer Ullrich. Er macht keinen Hehl daraus, dass er von einem solchen Kulturticket und Eintritten „zum Nulltarif“ nichts und andere Aufgaben wie Mensabetrieb und Wohnheime für vordringlicher hält. Ullrich plädiert stattdessen für – bereits praktizierte – Vergünstigungen oder Gutscheinsysteme.
Schwieriges Verhältnis zwischen Studentenwerk und Theater
Auf Anfrage der Redaktion kündigte er für Dienstag einen „Kompromissvorschlag“ an, der auch die privaten Bühnen berücksichtigen soll. Dem Mainfranken Theater ist davon nichts bekannt – wie überhaupt Funkstille zwischen Ullrich und der Theaterleitung herrscht.
Dabei sollte der Geschäftsführer für das Studentenwerk eigentlich längst konkrete Vertragsverhandlungen mit dem Mainfranken Theater geführt und juristische Fragen im Ministerium geklärt haben. Dies ist bis dato nicht geschehen.
Ministerium: Regelung wäre rechtlich in Ordnung
Erlaubt das Hochschulgesetz den Studentenwerken überhaupt, einen Theaterpflichtbeitrag zu kassieren? Während Ullrich nach eigenen Worten noch auf eine Antwort aus dem Wissenschaftsministerium wartet, liegt sie Initiator Hemmerich schon länger vor: Juristisch wäre ein Vertrag und ein Start mit dem Mainfranken Theater kein Problem – auch wenn die Ausweitung auf andere Einrichtungen zu prüfen sei.
Diese Antwort aus dem Ministerium erhielt der Würzburger CSU-Landtagsabgeordnete und Hochschulpolitiker Oliver Jörg auf entsprechende Anfrage. Hemmerich geht davon aus, dass dem Verwaltungsrat des Studentenwerks nun „ein Vertragsentwurf vorgelegt wird, der alle Bedürfnisse berücksichtigt.“ Darin geklärt sein müsste etwa die Frage der Restkarten.
Intendant sichert auch Restkarten für Studierende zu
Nach bisherigem Stand werden für zwei Euro Semesterbeitrag den Studierenden fünf Prozent aller Tickets pro Vorstellung reserviert – das wären im Großen Haus 38 Plätze. Unverkaufte Restkarten kämen hinzu. Doch wie viele sind das? Genau hier entscheidet sich, wie lukrativ das Modell ist.
Bei einer Auslastung von 75 Prozent käme ein erhebliches Kartenkontingent hinzu, wenn es tatsächlich den Studierenden gratis zur Verfügung gestellt wird – was Intendant Markus Trabusch jüngst in einer Konventsitzung zusicherte.
Privattheater befürchten starke Einbußen bei Studierenden
Rechenspiele, die sich private Theater nicht leisten können oder wollen. Sie haben sich in Würzburg zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen und wollen das Semesterticket als „Flatrate-Dumping“ mit allen Mitteln verhindern. Im studentischen Konvent sprachen zwei Theatervertreter von einer „Bedrohung“ und verwiesen auf Bochum, wo freie Theater nach Einführung des Semestertickets „am Sterben“ seien.
Eine Darstellung, die Stephan Hemmerich nicht ruhen ließ. Der Germanistik- und Geschichtsstudent fragte selbst in allen Bochumer Theatern nach. Die Antworten zusammengefasst: Nirgends sei die Auslastung nach Einführung des Semestertickets zurückgegangen, bei einem Theater sogar gestiegen..
Über 5000 Unterzeichner einer Online-Petition
Eine Vorhersage für Würzburg wagt zwar niemand. Hemmerich geht aber davon aus, dass ein Start mit dem Mainfranken Theater positive Impulse auf die ganze Theaterlandschaft in Würzburg hat. Über 5000 Unterzeichner hat er mit einer Online-Petition erreicht– für ihn ein deutliches Signal, dass sich Studierende das Semesterticket wünschen.
Mit der Flatrate sollen sie generell für die Theaterkultur in Würzburg begeistert werden. Ein Ball, den das Mainfranken Theater gerne aufgenommen hat: Es will sich weiter in die Gesellschaft hinein öffnen, sucht neue Formen und Verjüngung. Studierende sind hier eine wichtige Zielgruppe.
Studierendenvertretung für Gespräche mit den Privattheatern
Man habe in puncto Semesterticket bereits viel Initiative und Risikobereitschaft gezeigt, meinte Theaterintendant Markus Trabusch im Konvent. Er sieht jetzt das Studentenwerk und dessen Geschäftsführer gefordert.
Dass von dort keine Gesprächsimpulse kommen, kritisiert auch die aktuelle Studierendenvertretung. Gleichzeitig zeigt man Verständnis für die Ängste der Privattheater und will mit ihnen ins Gespräch kommen. Ziel sei es, das Theater-Semesterticket langfristig zu einem richtigen Semesterticket Kultur auszubauen.
Stadtrat muss für Mainfranken Theater noch beschließen
Senator und Sprecherratsmitglied Daniel Janke: „Gerne würden wir die Studierenden an die gesamte kulturelle Vielfalt Würzburgs heranführen." Sollte das Studentenwerk am Dienstag einen konkreten Vertrag mit dem Mainfranken Theater beschließen, müsste dieser noch vom Würzburger Stadtrat bestätigt werden.
Wer verantwortet das Defizit? Die wirklichen Bezahler bleiben dann aussen vor, es wird weniger Plätze geben. Definitiv! Und Stammbesucher bleiben dann einfach weg. Ganz einfach" So arm wie viele tun sind die Studenten-Theaterfreaks nicht. Sonst gingen sie nicht wie bisher ins Theater.
"„Mit uns mehr erleben“: Wir möchten allen Menschen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen und vermitteln kostenfreie Eintrittskarten für kulturelle Veranstaltungen an Bedürftige in und um Würzburg." (https://kulturtafel4.wordpress.com/)
Wenn man sich erkundigt, die verfügbaren Tickets werden gar nicht alle abgerufen.
Die Studierenden profitieren nur, wenn durch das Angebot mehr Studierende ins Theater gehen. Gut, davon ist stark auszugehen und damit wäre das ein guter Deal für die Studis. Treibt Sie die Missgunst...
...oder wünschen Sie sich einfach, dass alles so bleibt wie es ist? Lieber 30% leere Plätze im Schnitt als einem Studierenden für Kultur begeistert. Der könnte ja nach seinem Studium als Vollzahler wieder kommen. Schrecklich.
Das Semesterticket Theater ist zukunftsweisende Kulturpolitik.
Aber: Ich würde gerne wie die Studenten auch für 120€ im halben Jahr im ganzen Landkreis Bus und Bahn fahren können oder dafür für 3€ eine Hauptspeise in der Mensa essen.
Wir haben inzwischen 50.000 Studenten, die aber für alles kaum etwas bezahlen. Vor allem die Buspreise sind völlig fehlgeleitet. Zu mir nach Hause zahle ich mit dem Bus 2,60€ und mit dem Taxi 7€. Ich würde ja gerne ein Dauerticket holen, aber sorry, 40€ für ein paar Fahrten ist dann auch übertrieben. Und so ist es halt, dass ich viel Auto fahre.
Ich als männlicher Single zahle die höchsten Steuern, bekomme gar nichts vom Staat und muss überall den höchsten Preis bezahlen.
https://www.studentenwerk-wuerzburg.de/wuerzburg/essen-trinken/speiseplan/mensa-am-studentenhaus.html
Man kann nix zu trinken mitnehmen, das ist ja auch kein Weinfest, manche Leute haben Vorstellungen, da bleibt einem die Spucke weg.
Kulturprovinz Würzburg!
Übrigens: Die stolze Universitätsstadt steht ja durchaus in Konkurrenz zu anderen Studienstandorten, da müssen Sie den Studenten schon was bieten, sonst macht die Uni bald dicht und wo gehen dann die ganzen Angestellten arbeiten? Hä?
Will man "das Volk" mitnehmen, dann muss sich etwas verändern. Günstiger für alle, Getränke, Möglichkeit auf Klo zu gehen.
Ok, letzter Versuch: Wählen Sie ein Abo, dann kommt Sie der Theaterbesuch günstiger. Oder Sie zahlen den Vollpreis und können sich dann für was Besseres halten (mach ich immer! ). Getränke wie Sprudel, Prosecco, Saft oder Spezi (würggg) gibt's in den Pausen im Foyer. In den Pausen haben Sie dann auch Gelegenheit, die Hände zu waschen, Missjöh, oder was Sie gerade so drängt, was ich aber nicht nochmal niederschreiben möchte.
So wird der Theaterabend auch für den durchschnittlich zivilisierten Zeitgenossen zum erhebenden Erlebnis.