Eigentlich sind sie Konkurrenten im Werben um das Publikum, doch kürzlich saßen Vertreter von acht privat betriebenen Theatern auf der Bühne des Theaters Chambinzky und waren sich absolut einig: Das von den Studierendenvertretungen und dem Mainfranken Theater geplante Semesterticket gefährdet die Theatervielfalt in Würzburg und ist für die Privattheater existenzgefährdend. Wie berichtet soll Studierenden der kostenlose Besuch von Vorstellungen im kommunalen Theater ermöglicht werden. Dafür soll der Semesterbeitrag für alle Studierenden der Universität, der Musikhochschule und der Hochschule für angewandte Wissenschaften (Fachhochschule) um zwei Euro erhöht werden. Die finanzielle Abwicklung soll das Studentenwerk übernehmen.
Freie Theater schließen sich zusammen
Für die in der IG Freie Theater Würzburg zusammengeschlossenen Bühnen ist dies ein Ding der Unmöglichkeit. Und sie wollen die Theater-Flatrate mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern. Ihr Hauptkritikpunkt: Eine einseitige Förderung der städtischen Bühne in dieser Form werde Publikum aus den privat betriebenen Bühnen, die ohnehin nicht selten am Existenzminimum arbeiten, abziehen.
In der neuen IG sind das Theater Chambinzky, die TheaterWerkstatt, das Plastische Theater Hobbit, das Theater Ensemble, die Kabarettbühne Bockshorn, der tanzSpeicher, das Theater am Neunerplatz und das Theater Spielberg vertreten.
Neben dem ökonomischen Aspekt hat der Protest der Theaterbetreiber auch einen künstlerischen. Rainer Binz (Chambinzky) betonte, dass es neben Würzburg keine andere bayerische Großstadt gebe, in der es im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr private Theater gebe. Diese künstlerische Vielfalt sei ein wichtiges Gut und dürfe nicht gefährdet werden, betonte er. Und Binz' potenzieller Nachfolger Csaba Beke fügte hinzu: „Das Mainfranken Theater kann doch nicht der Vielfaltskiller sein wollen!“
Theaterbetreiber fühlen sich übergangen
Die Verärgerung der Theaterleute hat noch einen weiteren Grund. Sie sind sauer, dass sie von der Thematik der Theater-Flatrate völlig überrascht wurden und erst aus den Medien davon erfahren haben. „Wir wurden zu diesem Thema nie gefragt oder angehört“, ärgern sich Binz und seine Kollegen.
Alle sind sich einig, dass die 32 000 Studierenden in Würzburg für die Privattheater ein wichtiges Potenzial seien. 25 Prozent seiner Besucher kommen aus den Hochschulen, sagt Thomas Kopp vom tanzSpeicher. Auch Thomas Lazarus von der TheaterWerkstatt spricht von den Studenten als einer „ganz wichtigen Zielgruppe“. „Aber wer bezahlt schon freiwillig in einem Privattheater, wenn er Im Mainfranken Theater kostenlos Vorstellungen besuchen kann“, fragt Lazarus.
Stadt soll einen Fonds einrichten
Die Betreiber der Privattheater stellen sich nicht grundsätzlich gegen vergünstigte Theaterbesuche, sie wollen aber in ein solches Modell einbezogen sein und mit am Verhandlungstisch sitzen. Das vorgeschlagene Modell könne und wolle man aber auf keinen Fall akzeptieren. Es werde schließlich auch von Studierenden kritisch gesehen, die Nachteile zu Lasten der privaten Theater befürchten. Bockshorn-Leiter Mathias Repiscus hatte einen konkreten Vorschlag parat: „Die Stadt soll einen Fonds einrichten, aus dem auch nach einem bestimmten Schlüssel die Privattheater was abkriegen“.
Ute Friedrich vom Theater am Neunerplatz berichtete über die Situation in Bochum, wo es bereits eine Theater-Flatrate für Studierende gibt. Der Betreiber einer dortigen Privatbühne spricht von einem „doppelten Schlag ins Gesicht“ der Off-Bühnen: Sie profitieren nicht von der Flatrate und büßen sogar noch Einnahmen ein, weil Studierende lieber das kostenlose Angebot nutzen.
Protest vor dem Mainfranken Theater
Wie soll es nun weitergehen? „Wir stellen uns notfalls vor jeder Vorstellung vor das Mainfranken Theater, um gegen das Ticketdumping zu protestieren“, sagt Andreas Büttner vom Theater Ensemble und hofft, dass sich weitere Bühnenbetreiber anschließen. Rainer Binz möchte künftig in den Vorstellungen seiner Bühne zunächst die Theaterbesucher informieren. Denn schließlich könne der Wert von Kultur günstig gestaltet, aber dürfe nicht durch kostenlose Angebote verramscht werden. Letztendlich sollte es den Studierenden freigestellt sein, welches Theater sie besuchen wollen.
Dachverband nimmt Stellung
Auch der Dachverband freier Würzburger Kulturträger (DFWK) hat sich in einer Pressemitteilung zum Theatersemesterticket zu Wort gemeldet. Es sei ein guter Anstoß, habe ab gravierende Schwächen. Solange es nur für das Mainfranken Theater gelte, sei eine massive Benachteiligung der privaten Theater zu befürchten, da diese in einem viel stärkeren Maß auf studentische Besucher angewiesen seien. Auch die Erfahrungen aus anderen Städten ließen diesbezüglich nichts Gutes ahnen, heißt es weiter. Der DFWK unterstützt ausdrücklich die IG Freie Theater und fordert, nach einer fairen Lösung zu suchen. Wenn es gelänge, ein Semesterticket für alle Bühnen zu ermöglichen, könnte dies der Anfang eines Kultursemestertickets für alle kulturellen Sparten sein.
Laut dem Geschäftsführer des Studentenwerks dürfte es etwa 10.000 Tickets pro Jahr geben bei über 30.000 Studierenden.
Beim Semesterticket für den ÖPNV gibt es hingegen keine Kontingente.
Zudem ist es nicht Aufgabe zusätzlicher Semesterbeiträge ein von der öffentl. Hand finanziertes städt. Theater zusätzlich zu Lasten der anderen zu subventionieren
Das Studentenwerk stellt seine Räumlichkeiten für student. Theater, Jazzinitiativen, Konzerte etc zur Verfügung.
Und ein Semesterbeitrag Kultur sollte auch andere Kulturangebote in Würzburg z.B. Museum im Kulturspeicher, Mainfränkisches Museum etc. umfassen.
Zudem bleibt die Benachteiligung von z.B Azubis, Hartz IV Empfängern, Rentnern, Beziehern kleiner Einkommen
Durch die Kommentare und Artikel der Redaktion und Verlinkungen zur Online Petition wurde für das Vorhaben übrigens in der Mainpost hier sehr großzügig geworben! Aber oft hat man hier das Gefühl, sobald jemand ein vermeintlich gutes Vorhaben (kulturell, sozial, ökologisch) anbringt, springt die MP Redaktion gleich auf den Zug auf und macht sich zum Werbeträger. Ist das ihr Auftrag? Oder doch eher mal die jew. Aspekte, Auswirlungen und Nebenwirkungen zu beleuchten?